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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Vegas lag. Sie kannten sich zu diesem Zeitpunkt exakt sechs Stunden.
    Die nächsten acht Jahre ihres Lebens betrachtete Rachel als die Zeit, die sie im Teufelskreis des Mißbrauchs absitzen mußte. Merle Henderson stellte sie in einem Trailer neben der Landebahn ab wie ein Möbelstück, und dort hatte sie gefälligst zu bleiben. Einmal in der Woche durfte sie in die Stadt, um im Waschsalon die dreckige Wäsche zu waschen und Lebensmittel einzukaufen, ansonsten verbrachte sie ihre Zeit damit, auf ihn zu warten, ihn zu bedienen und ihm bei der Arbeit an seinen Flugzeugen zu helfen.
    Jeden Morgen flog er mit seiner Giftschleuder los und nahm die Zündschlüssel zum Pick-up mit. Rachel verbrachte den Tag damit, den Trailer zu putzen, zu essen und vor dem Fernseher herumzusitzen. Sie wurde fetter und fetter, und Merle fing irgendwann an, sie seine fette kleine Mama zu nennen. Das bißchen Selbstwertgefühl, das ihr noch geblieben war, schwand nun auch noch und wurde absorbiert von Merles übermächtigem männlichen Ego.
    Merle war im Vietnamkrieg Pilot eines Kampfhubschraubers gewesen, und er sprach von dieser Zeit, als sei sie die glücklichste seines Lebens gewesen. Wenn er die Verschlußkappen der Tanks mit Insektenvertilgungsmittel über einem Feld mit Salatköpfen öffnete, stellte er sich vor, es seien Luft-Boden-Raketen, die er auf ein vietnamesisches Dorf abfeuerte. Die Army hatte das destruktive Potential in Merle erkannt, und er hatte in Vietnam gewütet wie ein wildgewordener Sensenmann in einem Kornfeld, doch nach seiner Heimkehr gab es nichts mehr, woran er sich hätte die Hörner abstoßen können, und so staute sich sein Gewaltpotential in ihm auf. Bis zu dem Zeitpunkt, als er Rachel heiratete, beschränkten sich seine Gewaltausbrüche auf Kneipenschlägereien und einen halsbrecherischen Flugstil. Nun, da Rachel zu Hause auf ihn wartete, ging er seltener in Bars und ließ seine Aggressionen lieber an ihr aus. Zunächst waren es nur Mäkeleien, dann Beschimpfungen, und schließlich fing er an, sie zu verprügeln.
    Rachel ertrug die Mißhandlungen, als sei dies eine von Gott auferlegte Buße für die Sünde, eine Frau zu sein. Ihre Mutter hatte das gleiche mit ihrem Vater durchmachen müssen und es ebenso über sich ergehen lassen. So lief es nun mal, und daran war nichts zu ändern.
    Eines Tages saß Rachel im Waschsalon und wartete darauf, daß Merles Hemden endlich trocken waren, als eine Frau sie ansprach. Am Abend zuvor hatte Merle sie schlimm verprügelt, und Rachels Gesicht war geschwollen und übersät mit blauen Flecken.
    »Es geht mich ja nichts an«, hatte die Frau gesagt. Sie war groß und kräftig und etwa Mitte Vierzig. Ihr Habitus und ihre Ausstrahlung machten Rachel ein wenig angst, doch ihre Stimme war sanft und dennoch bestimmt. »Aber wenn Sie mal Zeit haben, können Sie sich hier das mal durchlesen.« Sie reichte Rachel ein Heft, und Rachel nahm es. Der Titel lautete Der Teufelskreis des Mißbrauchs.
    »Auf der Rückseite stehen ein paar Telefonnummern, die Sie anrufen können. Es kommt schon alles in Ordnung«, sagte die Frau.
    Rachel fand es ziemlich seltsam, daß jemand zu ihr sagte, alles käme in Ordnung. Doch die Frau hatte sie nachhaltig beeindruckt, und so las sie sich das Heft durch.
    Darin war die Rede von Menschenrechten und Würde und der Möglichkeit, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Es brachte Rachel dazu, ihr Leben mit völlig anderen Augen zu betrachten. Der Teufelskreis des Mißbrauchs war die Geschichte ihres Lebens. Wie konnten die das alles wissen?
    In erster Linie ging es darum, daß man den Mut haben mußte, Dinge zu ändern. Sie hob das Heft auf und versteckte es in einem Karton mit Tampons unter dem Waschbecken im Badezimmer. Bis ihr eines Morgens der Kaffee ausgegangen war.
    Sie hörte, wie das Motorengeräusch von Merles Flugzeug in der Ferne verklang, während sie sich im Spiegel das blutende Loch betrachtete, das sich dort auftat, wo einmal ihre Vorderzähne gewesen waren. Sie kramte das Heft heraus und wählte eine der Nummern auf der Rückseite.
    Eine halbe Stunde später standen zwei Frauen vor der Tür des Trailers. Sie packten Rachels Sachen zusammen und brachten sie zu einem Haus für geschlagene Frauen. Rachel wollte Merle eine Nachricht hinterlassen, doch die beiden Frauen lehnten dies mit der Begründung ab, das sei keine gute Idee.
    Die nächsten drei Wochen verbrachte Rachel im Frauenhaus. Die Frauen dort kümmerten sich um sie. Sie gaben

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