Der kleine Dämonenberater
Knie.
Heute allerdings hatte der Dämon gespürt, wie der Druck nachließ. Angefangen hatte es damit, als Travis der Frau in dem Café begegnet war. Vor dem Haus des alten Mannes hatte Catch gespürt, daß ihn eine Kraft durchströmte wie schon seit Jahren nicht mehr. Und als schließlich Travis das Mädchen angerufen hatte, war diese Kraft noch stärker geworden.
Er begann, sich wieder daran zu erinnern, was er war: eine Kreatur, die Könige und Päpste an die Macht gebracht und andere vom Thron gestürzt hatte. Es war Satan höchstpersönlich gewesen, der von seinem Thron in der großen Stadt Pandämonium herab den höllischen Heerscharen verkündet hatte: »In unserem Exil sind wir Jehova für zwei Dinge zu Dank verpflichtet: erstens, daß wir überhaupt existieren, und zweitens, daß Catch frei ist von Ehrgeiz.« Die gefallenen Engel hatten ebenso wie Catch selbst über diesen Witz gelacht, doch das war, noch bevor Catch unter den Menschen auf Erden wandeln konnte. Die Menschheit hatte einen schlechten Einfluß auf Catch.
Er würde einen neuen Herren haben; jemanden, den er durch seine Macht korrumpieren konnte. Er hatte sie gesehen. Es war in dem Saloon gewesen, am Nachmittag. Er hatte gespürt, wie sie danach gierte, Macht über andere auszuüben. Der Schlüssel war ganz in Reichweite, er spürte es. Wenn Travis ihn fand, würde er Catch in die Hölle zurückschicken. Also mußte er ihn zuerst finden und ihn der Hexe in die Hände spielen. Schließlich war es besser, auf Erden zu herrschen als in der Hölle zu dienen.
-14-
DAS ABENDESSEN
Travis parkte den Chevy auf der Straße von Jennys Haus. Er stellte den Motor ab und wandte sich an Catch.
»Du bleibst hier. Ist das klar? Ich komme gleich wieder und sehe nach dir.«
»Danke, Dad.«
»Spiel nicht mit dem Radio, und Finger weg von der Hupe. Bleib einfach hier sitzen und warte.«
»Ich verspreche es. Ich werde ganz brav sein.« Der Dämon versuchte ein unschuldiges Lächeln aufzusetzen, doch er scheiterte kläglich.
»Paß da drauf auf.« Travis deutete auf einen Aluminiumkoffer, der auf dem Rücksitz lag.
»Viel Vergnügen bei deiner Verabredung. Dem Auto passiert schon nichts.«
»Was ist mit dir los? Irgendwas ist doch faul.«
»Nö, gar nichts.« Catch grinste.
»Warum bist du so nett?«
»Es ist schön zu sehen, daß du mal rauskommst.«
»Du lügst.«
»Travis, ich bin am Boden zerstört.«
»Das wäre mal nett«, sagte Travis. »Also, es wird niemand aufgefressen.«
»Ich hab doch erst gestern gegessen. Ich hab überhaupt keinen Hunger. Ich werde einfach nur hier rumsitzen und meditieren. «
Travis griff in die Innentasche seiner Sportjacke und zog ein Comic-Heft heraus. »Das hab ich für dich gekauft.« Er reichte es dem Dämon. »Das kannst du dir ja anschauen, während du wartest.«
Der Dämon ergriff das Comic-Heft mit zittrigen Fingern und breitete es auf dem Sitz aus. »Krümelmonster! Mein Lieblingsheft! Danke, Travis.«
»Bis später.«
Travis stieg aus dem Wagen und knallte die Tür hinter sich zu. Catch schaute ihm nach, wie er über den Rasen vor dem Haus zur Tür ging. »Das hier kenne ich schon, du Arschloch«, zischte er. »Wenn ich einen neuen Meister habe, reiße ich dir die Arme aus und fresse sie vor deinen Augen.«
Travis warf einen Blick zurück über seine Schulter. Catch winkte ihm zu. Er gab sich alle Mühe zu lächeln.
Die Türklingel läutete um Punkt sieben Uhr. Die Gedanken, die Jenny durch den Kopf schossen, waren in etwa folgende: Nicht aufmachen, doch aufmachen und sagen, dir geht's nicht gut, Hausputz machen, die Möbel umstellen, einen Termin beim Schönheitschirurgen vereinbaren, die Haare färben, eine Handvoll Valium nehmen, die Göttin anrufen, damit sie mit ihrer göttlichen Macht dazwischenfunkt, einfach nur wie angewurzelt stehenbleiben und herausfinden, ob eine panikbedingte Lähmung im Bereich des Möglichen liegt.
Sie öffnete die Tür, lächelte und sagte: »Hi.«
Vor ihr stand Travis in Jeans und einem grauen Tweedjackett mit Fischgrätenmuster. Er war sprachlos.
»Wunderbar siehst du aus«, sagte er schließlich.
Sie standen in der Tür. Jenny errötete, und Travis konnte den Blick nicht von ihr wenden. Jenny war schließlich bei dem schwarzen Kleid geblieben, und offensichtlich hatte sie die richtige Wahl getroffen. Eine volle Minute verging, ohne daß einer von beiden ein Wort herausbrachte.
»Möchtest du reinkommen?«
»Nein.«
»Okay.« Sie machte ihm die Tür
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