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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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und plötzlich kam der Mann von der Versicherung und riß es meinem Vater förmlich aus der Hand. ›Was für eine nette Familie‹, sagte er. Dann riß er den Teil mit meinem Vater ab und sagte: ›Und was machen sie jetzt?‹ Ich bin in Tränen ausgebrochen. Mein Vater war starr vor Schreck.«
    »Das tut mir leid, Jenny«, sagte Travis. Vielleicht hätte er ihr besser erzählt, daß er Handlungsreisender in Sachen Bürsten sei. Oder hatte sie etwa auch irgendwelche traumatische Bürstenverkäufergeschichten auf Lager?
    »Machst du so was, Travis? Verdienst du dein Geld damit, daß du Leuten Angst einjagst?«
    »Was glaubst du?«
    »Wie schon gesagt, du siehst gar nicht aus wie ein Versicherungsvertreter.«
    »Jennifer, ich muß dir etwas sagen …«
    »Schon gut. Entschuldige bitte. Es war ein wenig hart von mir, dich so anzugehen. Jeder macht das, was er macht. Ich hätte auch nie geglaubt, daß ich in meinem Alter als Kellnerin arbeiten würde.«
    »Was wolltest du denn machen? Ich meine, als du ein kleines Mädchen warst?«
    »Ganz ehrlich?«
    »Klar.«
    »Ich wollte Mutter sein. Ich wollte eine Familie haben und einen netten Mann, der mich liebt, und ein hübsches Haus. Nicht besonders hochfliegende Pläne, hmm?«
    »Daran ist doch nichts verkehrt. Was ist passiert?«
    Sie trank ihr Glas in einem Zug aus, nahm die Flasche vom Beistelltisch, um sich noch einmal einzuschenken. »Allein kann man schlecht eine Familie haben.«
    »Aber?«
    »Travis, ich mag den Abend nicht damit verderben, indem ich mich des langen und breiten über meine Ehe auslasse. Ich bin gerade dabei, einiges in meinem Leben zu verändern.«
    Travis ließ es damit bewenden. Sie interpretierte sein Schweigen als Zustimmung, und ihre Miene hellte sich auf.
    »Und was wolltest du werden, als du noch ein Junge warst?«
    »Ehrlich?«
    »Sag bloß nicht, du wolltest Hausfrau werden?«
    »Als ich noch ein kleiner Junge war, war das der Traum aller Mädchen.«
    »Wo bist du aufgewachsen? In Sibirien?«
    »In Pennsylvania, auf einer Farm.«
    »Und was wollte der kleine Farmerjunge aus Pennsylvania werden, wenn er groß war?«
    »Priester.«
    Jenny lachte. »Mir ist noch nie jemand über den Weg gelaufen, der Priester werden wollte. Was hast du gemacht, wenn die anderen Jungs Krieg gespielt haben – den Toten die Letzte Ölung gegeben?«
    »Nein, so war's nicht. Meine Mutter wollte immer, daß ich Priester werde, und sobald ich alt genug war, bin ich auf ein Seminar geschickt worden. Aber es ist nichts draus geworden.«
    »Und da bist du Versicherungsvertreter geworden? So was kann ja funktionieren. Ich habe mal gelesen, daß Religion und Versicherungen auf der Furcht vor dem Tod basieren.«
    »Das ist ziemlich zynisch«, sagte der Dämonenhalter.
    »Entschuldige, Travis. Aber mir fehlt einfach der Glaube an ein allmächtiges Wesen, dem Krieg und Gewalt zum Ruhm gereichen.«
    »Den solltest du aber haben.«
    »Versuchst du, mich zu bekehren?«
    »Nein, aber es ist nun mal so, daß ich mit absoluter Gewißheit weiß, daß Gott existiert.«
    »Niemand weiß irgendwas mit absoluter Gewißheit. Es ist nicht so, daß ich an nichts glauben würde. Ich habe meine eigenen Vorstellungen von dem, woran ich glaube, und ich habe auch meine Zweifel.«
    »Das ging mir genauso.«
    »Es ging dir genauso? Was ist passiert? Kam der Heilige Geist in der Nacht zu dir und hat gesagt: ›Gehe hin und verkaufe Versicherungen‹?«
    »Etwas in der Art.« Travis rang sich ein Lächeln ab.
    »Travis, du bist ein ziemlich merkwürdiger Mann.«
    »Ich war es nicht, der sich unbedingt über Religion unterhalten wollte.«
    »Gut. Meine Glaubenssätze erzähle ich dir morgen früh. Ich wette, daß es dich ziemlich schockieren wird.«
    »Das wage ich zu bezweifeln, wirklich … Hast du gesagt ›morgen früh‹?«
    Jenny streckte ihm die Hand entgegen. Im Grunde war sie nicht ganz sicher, ob es das Richtige war, was sie tat – andererseits hatte sie nicht den Eindruck, etwas Falsches zu tun.
    »Hab ich irgendwas nicht mitbekommen?« fragte Travis. »Ich dachte, du wärst sauer auf mich.«
    »Nein, wieso sollte ich sauer auf dich sein?«
    »Wegen meines Glaubens.«
    »Ich finde das süß.«
    »Süß? Süß! Du glaubst die römisch-katholische Kirche ist süß? Da drehen sich doch glatt hundert Päpste im Grab rum, Jenny.«
    »Na und? Die hab ich ja auch nicht eingeladen. Jetzt rück schon rüber.«
    »Bist du sicher?« sagte er. »Du hast eine Menge Wein getrunken.«
    Natürlich war

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