Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
Vom Netzwerk:
schlecht, Travis, und es ist meine Pflicht, das Böse aus dir auszutreiben!‹
    Ich konnte es einfach nicht länger ertragen. › Wo sind meine Briefe?‹ brach es aus mir heraus. ›Ihr haltet mich von meiner Familie fern.‹
    Pater Jasper war außer sich vor Zorn. ›Ja, es stimmt. Ich halte deine Briefe zurück. Du bist einem sündigen Leib entsprungen – wie sonst wäre es dir möglich gewesen, so jung hier einzutreten? Ich habe acht Jahre gewartet, bis ich in Saint Anthony aufgenommen wurde – draußen in der kalten Welt mußte ich warten, während andere an die warme Brust Christi gedrückt wurden.‹
    Zumindest wußte ich jetzt endlich, warum er es die ganze Zeit auf mich abgesehen hatte. Mit Unreinheit des Geistes hatte das alles also nicht das Geringste zu tun. Es war Eifersucht und Neid. Ich sagte: ›Und Ihr, Vater Jasper, habt Ihr Eure Eifersucht und Euren Stolz gebeichtet. Habt Ihr Eure Grausamkeit gebeichtet?‹
    ›Grausam bin ich also?‹ sagte er. Er lachte mir ins Gesicht, und zum ersten Mal hatte ich wirklich Angst vor ihm. ›In Christi Brust wohnt keine Grausamkeit, nur Prüfungen des Glaubens. Dein Glaube ist schwach, Travis. Ich werde es dir zeigen.‹
    Er befahl mir, mich mit ausgestreckten Armen auf die Stufen vor dem Altar zu legen und um Kraft zu beten. Dann ging er für einen Moment aus der Kapelle. Als er wiederkam, hörte ich etwas durch die Luft pfeifen. Ich blickte auf und sah, daß er einen Weidenzweig zu einer kurzen Peitsche zurechtgeschnitten hatte.
    ›Hast du keine Ehrfurcht, Travis? Neige deinen Kopf im Angesicht Gottes.‹
    Ich hörte, wie er hinter mir herumschlich, doch ich konnte ihn nicht sehen. Ich weiß bis heute nicht, warum ich damals nicht aufgestanden und nach draußen gelaufen bin. Vielleicht glaubte ich ja wirklich, daß Pater Jasper meinen Glauben auf eine Probe stellen wollte, daß er das Kreuz war, das ich zu tragen hatte.
    Er riß meine Kutte hinten auf, so daß ich mit nacktem Rücken und Beinen vor ihm lag. ›Du wirst nicht schreien, Travis. Nach jedem Schlag betest du ein Ave Maria‹, sagte er. ›Und zwar ab jetzt.‹ Dann spürte ich die Peitsche auf meinem Rücken und dachte, ich müßte laut losschreien, doch statt dessen betete ich ein Ave Maria. Er warf mir meinen Rosenkranz hin und befahl mir, ihn zu nehmen. Ich hielt ihn hinter meinen Kopf und fühlte mit jeder Perle den Schmerz kommen.
    ›Du bist ein Feigling, Travis. Du verdienst es nicht, dem Herrn zu dienen. Du bist hier, um dich vor dem Krieg zu drücken, stimmt's, Travis?‹
    Als ich keine Antwort gab, sauste die Peitsche wieder auf mich nieder.
    Nach einer Weile hörte ich, wie er mit jedem Schlag ein Gelächter ausstieß. Ich wagte nicht, mich umzudrehen, aus Angst, er würde mir in die Augen schlagen. Bevor ich den Rosenkranz zu Ende gebetet hatte, hörte ich, wie er keuchend hinter mir auf den Boden fiel. Ich dachte – nein, ich hoffte – er hätte einen Herzanfall. Doch als ich mich umschaute, kniete er keuchend vor Erschöpfung hinter mir – und lächelte.
    ›Runter mit dem Kopf, du elender Sünder!‹ schrie er. Er holte mit der Peitsche aus, als ob er mich damit ins Gesicht schlagen wollte, und ich zog den Kopf ein.
    ›Du wirst niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen hiervon erzählen‹, sagte er ganz ruhig und leise. Als er so mit mir sprach, machte mir das seltsamerweise noch mehr Angst, als wenn er mich angeschrien hätte. ›Du wirst die ganze Nacht über hierbleiben, das Silber polieren und um Vergebung beten. Am Morgen komme ich wieder und bringe dir eine neue Kutte. Wenn du mit irgendwem sprichst, werde ich dafür sorgen, daß du aus Saint Anthony verstoßen und, wenn ich es schaffe, daß du exkommuniziert wirst.‹
    Mir war noch nie mit Exkommunikation gedroht worden; ich hatte auch noch nie in diesem Zusammenhang davon gehört. Im Unterricht wurde es zwar behandelt, doch dabei ging es um ein Machtmittel, das die Päpste zur Ausübung politischer Kontrolle einsetzten. Daß jemand im wirklichen Leben durch einen anderen vom Heil ausgeschlossen werden konnte, auf diesen Gedanken war ich noch nie gekommen. Ich glaubte nicht, daß Pater Jasper mich exkommunizieren konnte, doch ich wollte es lieber nicht ausprobieren.
    Während Vater Jasper zuschaute, fing ich an, die Kerzenhalter zu polieren. Voller Wut rieb ich mit aller Macht daran herum, damit ich nicht an die Schmerzen auf meinem Rücken und den Beinen denken mußte, und um zu vergessen, daß er dastand und zuschaute.

Weitere Kostenlose Bücher