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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Schließlich verließ er die Kapelle. Als ich hörte, wie die Tür geschlossen wurde, schleuderte ich den Kerzenständer, den ich gerade in der Hand hielt, gegen die Tür.
    Pater Jasper hatte meinen Glauben auf die Probe gestellt, und ich war nicht stark genug gewesen. Ich verfluchte die Heilige Dreifaltigkeit, die Jungfrau Maria und alle Heiligen, die mir einfielen. Schließlich verrauchte mein Zorn, und ich bekam es mit der Angst zu tun, weil ich befürchtete, daß Pater Jasper zurückkommen könnte und sah, was ich angerichtet hatte.
    Ich hob den Kerzenhalter auf und untersuchte ihn, ob er beschädigt worden war. Pater Jasper würde ihn am Morgen begutachten wie üblich, und spätestens dann war ich verloren.
    Ein tiefer Kratzer zog sich quer über den Kerzenhalter, und so sehr ich auch daran rieb, er wurde immer tiefer und schlimmer. Nach einer Weile stellte ich fest, daß es gar kein Kratzer war sondern eine Naht, die der Silberschmied verborgen hatte. Das Kunstwerk aus dem Vatikan, das angeblich von unschätzbarem Wert war, war nichts weiter als ein Schwindel. Angeblich war es aus massivem Silber, doch nun stellte sich heraus, daß es innen hohl war. Ich packte den Kerzenhalter an beiden Enden und drehte daran. Wie ich mir gedacht hatte, ließ er sich auseinanderschrauben. Darin lag eine Art von Triumph für mich. Wenn Pater Jasper zurückkam, würde ich die beiden Teile in die Höhe halten, sie vor seiner Nase herumschwenken und sagen: ›Hier, diese Dinger sind genauso hohl und falsch wie Ihr.‹ Ich würde ihn bloßstellen, ihn am Boden zerstören, und wenn ich vom Seminar gejagt werden und der Verdammnis anheimgegeben würde, sollte es mir auch egal sein. Doch ich sollte nie die Gelegenheit bekommen, mit ihm abzurechnen.
    Als ich die beiden Enden auseinanderzog, fiel ein fest zusammengerolltes Stück Pergament heraus.«
    »Die Beschwörungsformel«, unterbrach Brine.
    »Ja, aber ich hatte keine Ahnung, was es war. Ich rollte es auseinander und fing an zu lesen. Ganz oben stand eine Passage auf lateinisch, die ich ohne große Mühe übersetzen konnte. Darin ging es darum, wie man Gott um Hilfe anrufen konnte, um den Feinden der Kirche die Stirn zu bieten. Es trug die Unterschrift seiner Heiligkeit des Papstes Leo III.
    Der zweite Abschnitt war in Griechisch, und wie ich schon gesagt habe, war ich mit dem Lehrstoff im Rückstand, und so bereitete mir das Griechisch einige Probleme. Wort für Wort las ich die Passage laut vor und als ich mit dem ersten Abschnitt fertig war, wurde es plötzlich kalt in der Kapelle. Ich wußte nicht genau, was es war, das ich da las. Einige der Worte waren mir völlig schleierhaft. Ich las einfach darüber hinweg, in der Hoffnung, daß sich mir aus dem Kontext alles erschließen würde. Dann schien es, als würde mein Geist von etwas gepackt, und ich war nicht mehr Herr meiner selbst.
    Plötzlich las ich das Griechisch, als hätte ich nie eine andere Sprache gesprochen. Jedes Wort sprach ich perfekt aus und hatte doch nicht den blassesten Schimmer, was ich da las.
    Ein Wind erhob sich in der Kapelle und löschte alle Kerzen aus. Bis auf das Mondlicht, das durch die Fenster drang, herrschte in der Kapelle völlige Dunkelheit, doch die Worte auf dem Pergament begannen zu schimmern, und so las ich weiter. Ich konnte mich einfach nicht von dem Pergament lösen, es war, als hätte ich an eine elektrische Leitung gefaßt und könnte nicht mehr loslassen.
    Als ich die letzte Zeile las, merkte ich, daß ich die Worte herausschrie. Blitze zuckten vom Dach der Kapelle herab und schlugen in den Kerzenhalter ein, der vor mir auf dem Boden lag. Der Wind legte sich schlagartig, und Rauch erfüllte die Kapelle.
    Nichts kann einen auf so etwas vorbereiten. Man kann ein ganzes Leben damit zubringen, sich darauf vorzubereiten, ein Werkzeug Gottes zu sein. Man kann Berichte über Besessenheit und Exorzismus lesen und sich vorstellen, wie man sich in einer solchen Situation verhalten würde, doch wenn man dann wirklich damit konfrontiert wird, ist man einfach fassungslos und zu keinem Gedanken mehr fähig. Zumindest erging es mir so. Ich saß da und versuchte zu verstehen, was ich getan hatte, aber mein Verstand funktionierte einfach nicht.
    Der Rauch verzog sich und stieg auf zum Dachgebälk der Kapelle, und ich sah eine riesige Gestalt vor dem Altar stehen. Es war Catch – in der Form, die er annimmt, wenn es ans Fressen geht.«
    »Wie sieht er aus, wenn's ans Fressen geht?« wollte Brine

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