Der kleine Drache Kokosnuss im Spukschloss
Vampirgeist«, erklärt Kokosnuss. »Er wollte dir nur einen
Schrecken einjagen.«
Da öffnet Klemenzia ein Auge und schielt zu Gerd hinab. »Kein echter Vampirgeist?«
Gerd bibbert vor Angst, doch er gibt sich einen Ruck und nimmt das Gebiss heraus.
»Es... es ist nur ein Plastikgebiss«, sagt er.
Da öffnet Klemenzia auch ihr zweites Auge. »Nur Plastik?« In ihrer Stimme schwingt eine Spur Ärger mit.
»Ja, äh, und ich bin Gerd, Gespenst der Spukklasse ›3a Baby‹... äh, nee, ›2b Spezialspuk‹.«
»Ein Plastikgebiss!«, ruft Klemenzia empört.
»Unverschämtheit!« Aufgebracht fliegt sie hin und her.
Erschrocken weichen Kokosnuss und Gerd zurück. Was, wenn sie jetzt wütend wird?
Klemenzia aber wirft den Kopf zurück und bricht in schallendes Gelächter aus: »Hahaha! Huhuhu! Dann war das Ganze nur ein Spuk! Das ist gut, das ist sehr gut, das ist echt spuki, hahaha!«
Sie schwebt auf Gerd zu. Der zieht den Kopf ein, doch Klemenzia drückt ihn an ihre Brust und sagt: »Gut gemacht, Kumpel! Wie heißt du noch gleich?«
»Äh, Gerd.«
»Nun ja, nicht gerade ein passender Name für ein Gespenst«, brummt Klemenzia. »Wie sieht’s aus, brauchst du eine neue Gruft? Ich hätte im Schloss noch etwas frei.«
»Oh, ja, oh, gerne!«, antwortet Gerd. »Und, äh, könntest du mir ein paar Dinge beibringen, zum Beispiel, wie ich mit meinem Kopf spuken kann?« »Nichts leichter als das!«, ruft Klemenzia, nimmt Gerds Kopf und wirft ihn in die Luft. »Achtung! Auffangen!«
Doch Gerds Kopf fällt zu Boden und kullert in einen Busch.
»Wo bin ich?«, ruft er. Sein Körper irrt hin und her, doch seinen Kopf findet er nicht.
»Hm«, murmelt Klemenzia nachdenklich. Sie schnappt sich den Kopf und setzt ihn wieder auf Gerds Körper.
»Oh, äh, danke«, stottert Gerd.
»Mit ein bisschen Übung wirst du es schon lernen«, sagt Klemenzia. »Doch jetzt lasst uns feiern!«
So kommt es, dass Gerd, das Gespenst aus dem Flaschenland, auf Schloss Klippenstein das Spuken lernt. Das richtige Spuken, wohlgemerkt. Den kopflosen Spuk beherrscht er bald so perfekt, dass er den Ehrennamen »Gerd der Kopflose« erhält. Er bekommt sogar einen richtigen Gespenster-Umhang. Klemenzia aber freut sich, dass sie nicht mehr allein ist, und verliert ihre Griesgrämigkeit.
Die beiden werden ein berühmtes Gespensterpaar, so berühmt, dass Schloss Klippenstein zu einem der am besten besuchten Spukschlösser der Welt wird.
Im Klippenwald herrscht bald wieder das übliche Geraschel, Gezirpe, Gezwitscher und Gequassel, denn die Waldtiere kehren nach und nach zurück.
Und Kokosnuss und Matilda? Die beiden haben am Ende doch noch das Drachenkraut gefunden. Allzu viel davon haben sie aber nicht gesammelt, denn sie wollen möglichst bald wieder in den Klippenwald reisen, um Familie Dachs zu besuchen und in Schloss Klippenstein die Geisterstunde zu erleben.
Ingo Siegner, 1965 geboren, wuchs in Großburgwedel bei Hannover auf. Nach der Schule wurde er Sparkassenkaufmann, lebte dann ein Jahr in Frankreich, besuchte die Universität und landete schließlich bei Vamos, einem hannoverschen Veranstalter für Familienreisen. Auf vielen Reisen erzählte er Kindern fantastische Geschichten, und weil die Kinder begeistert waren, begann er, diese aufzuschreiben. Nebenher brachte er sich das Zeichnen bei. Ingo Siegner lebt und arbeitet in Hannover. Mit seinen Büchern vom kleinen Drachen Kokosnuss, die in mehrere Sprachen übersetzt sind, eroberte er auf Anhieb die Herzen der jungen Leserlnnen. Im Herbst 2003 wurde er mit dem Bad Iburger Kinderliteraturpreis ausgezeichnet.
cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House
Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform.
1. Auflage 2008
© 2008 cbj, München
Alle Rechte vorbehalten
Innenillustrationen: Ingo Siegner
Lektorat: Hjördis Fremgen
hf · Herstellung: WM
Satz und Reproduktion: Lorenz & Zeller, Inning a. A.
eISBN : 978-3-641-04773-3
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