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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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sehr geräuschvoll und zudringlich waren, allein
großes Interesse hatten sie alle dem förmlichen,
ernsthaften Advokaten nicht abgewonnen, und so hatte er in Wirklichkeit
sehr wenig Erfahrung in Bezug auf kleine Leute. Vielleicht machte ihn
sein persönliches Interesse an Lord Fauntleroys Geschick mehr
zur Beobachtung geneigt! aber wie dem auch sei, er fand sehr viel
Bemerkenswertes an dem Knaben.
    Cedrik hatte keine Ahnung davon, daß er ein
Gegenstand der Beobachtung war, und gab sich ganz wie immer. Mit seiner
gewöhnlichen Herzlichkeit streckte er Mr. Havisham sein
Händchen hin, als er ihm vorgestellt wurde, und antwortete auf
alle Fragen mit der nämlichen Freimütigkeit und
Unbefangenheit, die in seinem Verkehr mit Mr. Hobbs herrschten.
    Er war weder schüchtern noch keck, und dem Advokaten
fiel auf, daß er seinem Gespräch mit Mrs. Errol mit
der vollen Aufmerksamkeit eines Erwachsenen folgte.
    »Scheint ein frühreifes Kind zu
sein,« bemerkte er gegen die Mutter.
    »In manchen Beziehungen, ja,« erwiderte sie.
»Er hat immer rasch begriffen und schnell gelernt und auch
sehr viel mit Erwachsenen gelebt. Sehr komisch ist seine Vorliebe,
allerhand lange Wörter oder Redensarten, die er irgendwo
gelesen, wieder anzubringen; aber er hat auch ebensoviel Freude an
Kinderspielen. Er ist ziemlich begabt, glaube ich, dabei aber ein
richtiger wilder Junge.«
    Bei seiner nächsten Begegnung mit ihm hatte Mr.
Havisham Gelegenheit, sich von der Richtigkeit dieses Ausspruches zu
überzeugen. Als am Tage darauf sein Coupé in die
Straße einbog, fiel ihm plötzlich eine Gruppe kleiner
Jungen in die Augen, die sichtlich in großer Erregung waren.
Zwei davon standen im Begriff, einen Wettlauf zu unternehmen, und in
einem derselben erkannte Mr. Havisham den jungen Lord, der an Kreischen
und Lärmen keineswegs hinter seinen Kameraden
zurückblieb. Er stand neben seinem Rivalen, das eine Bein im
roten Strumpf schon sprungbereit ausgestreckt.
    »Auf ›eins‹ macht euch
fertig,« rief der starter mit gellender Stimme, »zwei
– tretet vor – auf drei – los!«
    Mr. Havisham fand das Interesse, mit dem er sich aus dem
Wagenfenster beugte, selbst äußerst komisch; aber er
hatte auch wirklich in seinem Leben nichts gesehen, wie die Art und
Weise, in der die roten Beine Seiner kleinen Herrlichkeit in die Luft
flogen, nachdem er sich auf das gegebene Zeichen in Bewegung gesetzt
hatte. Die Händchen hielt er fest geschlossen, den
Oberkörper vorgebeugt und seine blonde Mähne flog um
ihn her.
    »Hurra, Ced Errol!« brüllten die
Jungens unter lautem Händeklatschen. »Hurra, Billy
Williams! Hurra, Ceddie! Hurra, Bill!
Hurra–ra–ra!«
    »Ich glaube wahrhaftig, er gewinnt!« sagte
Mr. Havisham, der wirklich nicht ohne Erregung die roten Beine auf und
nieder fliegen sah, denen die gar nicht zu verachtenden braunen von
Billy in bedenklicher Nähe folgten. »Ich
möchte wahrhaftig – ich wünsche,
daß er den Sieg davonträgt,« setzte er mit
einem entschuldigenden Husten hinzu.
    In diesem Augenblick erklang ein wildes, gellendes Geschrei
aus den Kinderkehlen; mit einem letzten gewaltigen Satze hatte der
künftige Graf Dorincourt den Laternenpfahl umfaßt,
den sein keuchender Gegner erst ein paar Sekunden später
erreichte.
    »Dreimal hoch, Ceddie Errol!«
brüllte die kleine Schar. »Hurra, Ceddie
Errol.«
    Mr. Havisham lehnte sich mit befriedigtem Lächeln in
sein Wagenkissen zurück
    »Bravo, Lord Fauntleroy,« sagte er.
    Als das Coupé vor Mrs. Errols Hause hielt, kamen
Sieger und Besiegter inmitten des Kinderhaufens
einträchtiglich des Weges daher, und Cedrik redete eifrig auf
Billy Williams ein. Sein siegesbewußtes kleines Gesicht war
dunkelrot, die blonden Locken klebten an der feuchten Stirn, die
Händchen steckten tief in den Taschen.
    »Siehst du,« sagte er eben, »ich
glaube, daß ich gewonnen habe, weil meine Beine ein
bißchen länger sind als die deinigen. Ich glaube ganz
sicher, daß es daher kommt, und dann, weißt du, bin
ich auch drei Tage älter als du, und das ist auch ein Vorteil.
Drei Tage bin ich älter.«
    Diese Darstellung der Sachlage schien auf Billy Williams so
erheiternd zu wirken, daß ihm die Welt wieder
erträglich vorkam und er sogar wieder ein wenig zu schwindeln
anfing, gerade als ob er die Wette gewonnen und nicht verloren
hätte. Ceddie Errol bewährte auch hier wieder sein
Talent, andre vergnügt zu machen i sogar im

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