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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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wieder
ratterten sie durch eine halbe Minute Finsternis.
    »Verzähle
dich nicht«, meinte der Jokus amüsiert. »Sonst müssen wir nach Zürich zurück
und die Fahrt wiederholen.«
    »Mach
keine Witze, sonst verzähle ich mich wirklich.« Es wurde wieder dunkel. Es
wurde wieder hell. »Fünfundvierzig«, stellte Mäxchen fest.

    Der
Zug brauste durch die Ebene. Man sah grüne Hecken mit roten Beeren. Die ersten
Zypressen und Palmen tauchten links und rechts von den Gleisen auf. An einem
großen Umladebahnhof hing das Schild ›Bellinzona‹. Und als der Schaffner nach
einer Weile durch die Waggons ging und ausrief: »Die nächste Station ist
Lugano. Wir halten nur eine Minute!«, da steckte der Professor den kleinen Mann
in die Brusttasche und stand auf.
    »Das
ist das ganze Geheimnis?«, fragte Mäxchen enttäuscht.
    »Wir
steigen in Lugano aus? Aber wieso ist das denn geheimnis151
    voll?«
Der Jokus wollte antworten. Doch es kamen noch ein paar Tunnels, und Mäxchen
war vollauf mit Zählen beschäftigt.
    Dann
hielt der Zug. Draußen rief jemand: »Lugano! Beim Aussteigen, bitte, beeilen!«
Sie beeilten sich also. Es ging überhaupt sehr eilig zu. Kaum dass der Jokus
auf dem Bahnsteig stand, breitete er auch schon die Arme aus, und kaum dass er
die Arme ausgebreitet hatte, fiel ihm auch schon eine junge blonde Dame um den
Hals. »Vorsicht«, warnte er, »zerdrücke Mäxchen nicht!«
    Der
Kleine lachte. »Lasst euch nicht stören. Mich stört’s auch nicht. Marzipan ist
ja weich.«
    Vorm
Bahnhof stiegen sie in ein Auto, und das Marzipanfräulein setzte sich hinter
das Steuer. »Wieso?«, fragte Mäxchen verwundert. »Ist das ein Mietwagen?«
    »Nein.
Er gehört uns«, antwortete der Jokus. »Jedem gehört ein Drittel. Welches
Drittel möchtest du haben?«
    Aber
Mäxchen schwieg. Sie waren nach Zürich geflogen. Warum? Um nach Lugano zu
fahren. Wozu? Weil Rosa auf dem Bahnsteig wartete. Weshalb? Um in ein Auto zu
steigen, wovon ihm ein Drittel gehörte. Und jetzt? Jetzt fuhren sie durch eine
hübsche Stadt, die Lugano hieß, über einen hübschen Platz, in dessen Mitte ein
riesiger Christbaum stand, an einem hübschen See und hübschen Hotels entlang.
Wohin? Vor welchem Hotel würden sie halten?
    Aber
sie hielten vor keinem der Hotels. Sie durchquerten die Stadt und fuhren einen
der Hügel hinauf, die den See umkränzten.. An Villen und Gärten vorüber. Durch
Kastanienwälder und durch Dörfer mit Kirchen, Friedhöfen, Schulen, Konsumläden,
Kneipen und Tankstellen. Die Straßen wurden schmäler. Sie waren nicht mehr
asphaltiert. Das Auto hoppelte wie ein Kaninchen.

     
    Doch
dann, ganz unerwartet, bog es in einen Wiesenweg ein und hielt vor einer weißen
Mauer. Neben der Einfahrt war ein Schild angebracht. ›Villa Sorgenklein‹, las
Mäxchen.
    Rosa
Marzipan sperrte das Tor auf, fuhr mit dem Wagen über den knirschenden Kies bis
zur Garage, stieg wieder aus und sagte lächelnd: »Herzlich willkommen! Wir sind
zu Hause.«
     
    Das
also war das Geheimnis. Deshalb hatte Rosa eine alte Tante besucht, obwohl sie
gar keine Tante hatte. Deswegen hatten sie den kleinen Mann angeschwindelt. Es
sollte eine Überraschung sein, und das war es ja auch.
    Mäxchen
betrachtete die schöne ockergelbe Villa mit den grünen Fensterläden und meinte:
»Ich bin platt.« Und nachdem sie über den Rasen, zwischen den Bäumen und
Beeten, bis zur Terrasse spaziert waren, von der aus man, tief unten, den
Luganer See und, überm anderen Ufer, den Monte Bré und den San Salvatore mit
ihren Seilbahnen sah, sagte Mäxchen, nach einer Schweigeminute, sogar: »Ich bin
total geplättet.« Das war das höchste Lob, das er kannte, und er ging damit
sehr sparsam um.
     
    Die
Villa ›Sorgenklein‹ war weder zu klein noch zu groß. Sie hatte Platz für die
dressierten Tauben Emma und Minna, für das weiße Zylinderkaninchen Alba und den
Schönen Waldemar. Es gab, von den Schlaf- und Schrankzimmern abgesehen, ein
Wohnzimmer mit hohen, breiten Fenstern und eine Küche, worin man nicht nur
kochen und braten, sondern auch, wenn man wollte, in aller Gemütlichkeit essen
konnte.
    Sie
hatten Appetit. Sie aßen. Es war gemütlich. Emma und Minna pickten Körner. Alba
knabberte Chicorée. Die drei Hausbesitzer verzehrten Wiener Schnitzel und
goldgelbe Bratkartoffeln. Mäxchen aß an einem kleinen Tisch auf dem großen
Küchentisch und erfuhr, während es allen schmeckte, alles, was er noch nicht
wusste. (Fast alles.)
    Der
Jokus, erfuhr er, habe die Villa

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