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Der kleine Mann

Der kleine Mann

Titel: Der kleine Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Rabenvater.“
    „Höchste Zeit, daß jemand auf euch beide aufpaßt!“ erklärte sie. „Ist der Posten noch frei? Ich wüßte wen.“
    „Hoffentlich ist es niemand, der auf dem Trampolin herumhüpft“, sagte er.
    Sie lächelte. „Ich habe nicht die Absicht, mein Leben lang in der Luft Purzelbäume zu schlagen. Ich bewerbe mich um den Posten, Herr Professor.“
    „Sie sind engagiert“, gab er zur Antwort.

11. Kapitel

Mäxchen im Maiglöckchentopf / Frau Holzer muß ein paarmal niesen / Beim Facharzt für Unzufriedene / Der Kleine Mann wächst und wird ein Riese / Er sieht sich im Spiegel / Der zweite Zaubertrank / Ein völlig normaler Knabe.

    Inzwischen saß also der Kleine Mann auf dem Balkon in einem Blumentopf. Es war ein Topf aus weißem Steingut. Der Hotelgärtner hatte am Morgen zwanzig Maiglöckchen eingepflanzt, weil er wußte, daß sie Mäxchens Lieblingsblumen waren.
    „Gibt es ein Gedicht über den Maiglöckchenduft?“ hatte der Junge früher einmal gefragt. Aber weder der Jokus noch der Gärtner kannten eines.
    „Wahrscheinlich wäre es so schwierig wie der vierfache Salto“, hatte der Jokus vermutet.
    „Den vierfachen Salto gibt’s doch gar nicht!“ hatte der Kleine Mann gerufen.
    „Eben“, hatte der Jokus geantwortet. „Das ist es ja.“
    Nun saß der Kleine Mann, wie gesagt, im Blumentopf, lehnte an einem der zartgrünen Stengel, blickte in die weißen Maiglöckchenwipfel empor, schnupperte den sogar für Dichter unbeschreiblichen Duft und dachte über das Leben nach. Man tut das manchmal. Auch als gesunder Junge. Auch als Kleiner Mann.
    Er dachte an seine Eltern und den Eiffelturm, an den Jokus und Fräulein Marzipan, an die vertauschten Fräcke und den Clown Fernando, an Galoppinskis zerbrochene Peitsche und Herrn Magers Hosenträger, an den lauten Zirkus und die leisen Maiglöckchen und... und... und... Und dann schlief er ein und träumte.

    Er lief, klein wie er war, im Traum durch eine endlos lange Geschäftsstraße und wußte sich vor lauter Schuhen und Stiefeln nicht zu retten. Es war lebensgefährlich. Die Passanten hatten es eilig, sahen ihn nicht, trabten mit großen Schritten an ihm vorbei und über ihn weg, und er sprang, aus Angst vor ihren Sohlen und Absätzen, in wildem Zickzack übers Pflaster. Manchmal preßte er sich dicht an die Hauswand, um ein bißchen zu verschnaufen. Dann lief er weiter. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Wenn man ihn zertreten hätte, wäre es keinem Menschen aufgefallen. Und der Jokus hätte sein Mäxchen vergeblich gesucht. Vielleicht wäre ein Straßenkehrer mit dem Besen gekommen und hätte ihn, mit Zeitungspapier und Zigarettenstummeln, auf die Schaufel gefegt und in die Müllkarre geworfen. Welch klägliches und frühes Ende für einen jungen und strebsamen Artisten!
    Da! Schon wieder kamen ein Paar schwere Stiefel des Wegs. Im letzten Moment konnte der Kleine Mann beiseite springen! Doch dadurch wäre er fast unter den spitzen Absatz eines Damenschuhs geraten. In seiner Verzweiflung machte er einen Luftsprung und kriegte den Saum eines Mantels zu packen. Er kletterte den Mantel hoch, bis zur Schulter hinauf, und setzte sich auf einen breiten Kragen.
    Der Kragen gehörte zu einem Flauschmantel. Und der Flauschmantel gehörte einer Frau. Sie bemerkte nicht, daß sie nicht mehr allein war, und so konnte Mäxchen sie in Ruhe betrachten. Es war eine ältere Frau. Ihr Gesicht sah gemütlich aus. Sie schien ein Marktnetz zu tragen und allerlei eingekauft zu haben. Manchmal blieb sie vor einem der Schaufenster stehen und musterte die Auslagen. Einmal mußte sie niesen und sagte laut zu sich selber: „Gesundheit, Frau Holzer!“ Mäxchen hätte beinahe gelacht.
    Als sie vor einem Wäschegeschäft stehenblieb, um die Preise der Tischtücher, Handtücher, Taschentücher, Frottiertücher und Servietten zu begutachten, hatte der Kleine Mann Langeweile und las deshalb die Schilder an der Haustür neben dem Schaufenster. Da gab es eine Waschanstalt für schmutzige Kinderhände, ein Erholungsheim für halbtote Lebkuchen und das Schild eines Arztes, das der Junge atemlos anstarrte. War denn das zu glauben? Auf dem Schild stand:

    In diesem Augenblick nieste die Frau noch einmal. „Es wird schönes Wetter“, meinte sie, „die Schöpse niesen!“ Und schon wieder hielt sie seufzend die Luft an, und wieder machte sie: „Hatschi!“
    Da sagte der Kleine Mann: „Gesundheit, Frau Holzer!“
    „Danke vielmals“, antwortete sie fröhlich. Dann

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