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Der kleine Mann

Der kleine Mann

Titel: Der kleine Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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kleinerer.
Am Montag hat’s noch Zweck.
Doch am Dienstag, am Dienstag,
am Dienstag ist er weg!

    ,Am Dienstag ist er weg!’ Diese letzte Zeile des Liedes sollte sehr bedeutungsvoll werden. Und zwar auf so schlimme Weise bedeutungsvoll, daß ich mich kaum getraue, es niederzuschreiben.
    Bitte erschreckt nicht zu sehr! Ich kann’s nicht ändern, und ich darf’s nicht verschweigen. Es hilft alles nichts. Wie fange ich’s nur an? Haltet euch am Stuhl oder an der Tischkante oder am Kopfkissen fest! Und zittert nicht zu sehr! Das müßt ihr mir versprechen. Sonst erzähle ich’s lieber nicht. Einverstanden? Nicht zu sehr zittern! Also:
    Am Dienstag war er weg!
    Wer?
    Mäxchen war weg!
    Er war wie vom Erdboden verschwunden.

    Als der Jokus ins Hotelzimmer trat, hüpften Emma und Minna nervös auf dem Schrank hin und her. Der Jokus fragte Mäxchen, der friedlich in seiner Streichholzschachtel lag: „Was ist denn mit den beiden Tauben los? Hast du eine Ahnung?“

    Da der Kleine Mann nicht antwortete, sagte der Professor: „He, junger Freund, hast du die Sprache verloren?“
    Es blieb still.
    „Mäxchen Pichelsteiner!“ rief der Jokus. „Ich rede mit dir! Wenn du nicht auf der Stelle antwortest, krieg ich Magenschmerzen!“
    Kein Wort. Kein Lachen. Nichts.
    Da durchfuhr den Jokus ein Schreck, so schnell und grell wie ein Blitz. Er beugte sich über die Streichholzschachtel, riß die Zimmertür auf, stürzte in den Korridor hinaus und schrie: „Mäxchen, wo bist du? Mäxchen!“
    Nichts. Totenstille.
    Der Jokus rannte ins Zimmer zurück, riß den Telefonhörer von der Gabel und mußte sich setzen, so schwach war ihm zumute. „Zentrale? Verständigen Sie sofort die Kriminalpolizei! Mäxchen ist verschwunden! Der Hoteldirektor ist dafür verantwortlich, daß niemand das Haus verläßt! Kein Gast und kein Angestellter! Fragen Sie nichts! Tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe!“
    Er knallte den Hörer auf die Gabel, sprang auf, trat zum Nachttisch und feuerte die Streichholzschachtel samt Mäxchen mit aller Gewalt gegen die Wand!
    Denn es war ja gar nicht Mäxchen. Sondern eine der verdammten Nürnberger Spielzeugschachteln mit der kleinen Puppe im graublau gestreiften Schlafanzug.

17. Kapitel

Aufregung im Hotel / Der falsche Etagenkellner / Es riecht nach Krankenhaus / Kriminalkommissar Steinbeiß erscheint / Mäxchens Erwachen / Eine wichtige Durchsage im Rundfunk / Otto und Bernhard / Der Kleine Mann wünscht ein Taxi, und Otto kriegt einen Lachanfall.

    Es konnte sich nur um Menschenraub handeln. Doch wer hatte Mäxchen geraubt? Und warum hatte er’s getan? Noch dazu mit allem Vorbedacht? Denn er hatte ja den Kleinen Mann mit der Puppe ausgetauscht, damit man die Entführung nicht sofort entdecken solle!
    Eines der Stubenmädchen hatte einen Kellner aus dem Zimmer herauskommen sehen. Nein, sie habe ihn nicht gekannt, aber gedacht, er sei zur Aushilfe aus einem anderen Stockwerk gerufen worden. Doch weder die Etagenchefs, noch das Restaurant hatten dergleichen angeordnet.
    „Vermutlich war es also überhaupt kein Kellner“, sagte der Hoteldirektor, „sondern ein Verbrecher, der sich eine weiße Jacke übergezogen hatte.“
    Das Stubenmädchen fragte: „Warum hat denn der Junge dann nicht um Hilfe geschrien? Ich hätte es todsicher gehört.“
    „Man hat ihn betäubt“, erklärte der Jokus. „Riechen Sie nichts?“
    Die beiden anderen steckten die Nasen in die Luft und schnupperten. Der Hoteldirektor nickte. „Stimmt, Herr Professor. Es riecht nach Krankenhaus. Chloroform?“
    „Äther“, antwortete der Jokus. Er war am Verzweifeln.

    Auch Kriminalkommissar Steinbeiß, der die Untersuchung leitete, konnte nichts Tröstliches berichten. Er hielt, als er ins Zimmer trat, eine weiße Kellnerjacke in der Hand. „Wir fanden sie in einer der Mülltonnen, die im Hofe stehen. Der Mann ist wahrscheinlich durch den Lieferanteneingang entwischt, noch ehe abgesperrt wurde.“
    „Sonst?“ fragte der Hoteldirektor. „Irgendein Fingerzeig?“
    „Nichts“, sagte Kommissar Steinbeiß. „Ich habe meine Beamten wieder fortgeschickt. Sie haben eine Stunde lang jeden Menschen, der das Hotel verlassen wollte, nach Streichholzschachteln abgesucht. Es war zwecklos. In keiner Schachtel befand sich der Kleine Mann. In allen Schachteln steckten Streichhölzer.“
    „Der Flugplatz, die Bahnhöfe, die großen Ausfallstraßen?“ fragte der Jokus.
    „Wir tun, was wir können“, antwortete Steinbeiß. „Viel Hoffnung habe

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