Der Klient
Einschußloch in der Scheibe, auf die Millionen kleiner gezackter Risse, die von ihm ausstrahlten, dann auf das rote Gesicht und die schweren Lider. Ein kurzes Schnauben, fast ein Schnarchen, und der Kopf kippte abwärts.
Er sackte weg! Mark beobachtete, wie sich sein dicker Brustkorb bewegte. Das hatte er bei seinem Ex-Vater Hunderte von Malen gesehen.
Mark holte tief Luft. Die Türverriegelung würde ein Geräusch machen. Die Pistole lag zu nahe bei Romeys Hand. Marks Magen verkrampfte sich, und seine Füße waren taub.
Das rote Gesicht gab ein lautes, träges Geräusch von sich, und Mark wußte, daß er keine weitere Chance bekommen würde. Langsam, ganz langsam bewegte er seinen zitternden Finger auf die Türverriegelung zu.
Rickys Augen waren fast so trocken wie sein Mund, aber seine Jeans waren klatschnaß. Er hockte unter dem Baum, in der Dunkelheit, weit weg von den Sträuchern und dem hohen Gras und dem Wagen. Fünf Minuten waren vergangen, seit er den Schlauch herausgezogen hatte. Fünf Minuten seit dem Schuß. Aber er wußte, daß sein Bruder am Leben war, weil er hinter den Bäumen fünfzehn Meter weit gerannt war, bis er den blonden Kopf entdeckt und gesehen hatte, daß er sich in dem riesigen Wagen bewegte. Daraufhin hatte er aufgehört zu weinen und angefangen zu beten.
Er kroch hinter den Baumstamm und begann sehnsuchtsvoll zu dem Auto hinüberzustarren, das seinen Bruder von ihm fernhielt, als die Beifahrertür plötzlich aufflog und Mark daraus hervorschoß.
Romeys Kinn sackte auf seine Brust, und in dem Moment, in dem er seinen nächsten Schnarcher begann, hieb Mark mit der linken Hand die Pistole auf den Boden und entriegelte gleichzeitig mit der rechten die Tür. Er zerrte am Griff und rammte die Schulter gegen die Tür, und das letzte, was er hörte, als er sich herausrollte, war ein weiterer lauter Schnarcher des Anwalts. Er landete auf den Knien und hielt sich an Grashalmen fest, während er sich seinen Weg von dem Wagen weg kratzte und krallte. Dann sprintete er tief geduckt durch das Gras und erreichte Sekunden später den Baum, wo Ricky in stummem Entsetzen wartete. Er hielt am Stamm an und drehte sich um, erwartete, den Anwalt zu sehen, der mit der Pistole hinter ihm herstolperte. Aber der Wagen wirkte harmlos. Die Beifahrertür stand offen. Der Motor lief. Das Auspuffrohr war völlig frei. Er atmete zum erstenmal seit einer Minute, dann sah er langsam Ricky an.
»Ich habe den Schlauch rausgezogen«, sagte Ricky mit schriller Stimme zwischen hastigen Atemzügen. Mark nickte, sagte aber nichts. Er war plötzlich viel ruhiger. Der Wagen war fünfzehn Meter entfernt, und wenn Romey herauskam, konnten sie blitzschnell im Wald verschwinden. Und weil sie hinter dem Baum standen und durch das Gestrüpp gedeckt waren, würde Romey sie auf keinen Fall sehen können, falls er sich entschloß, herauszuspringen und mit der Pistole um sich zu schießen.
»Ich habe Angst, Mark. Laß uns abhauen«, sagte Ricky. Seine Stimme war schrill, seine Hände zitterten.
»Nur noch eine Minute.« Mark beobachtete unverwandt den Wagen.
»Komm schon, Mark. Wir wollen weg hier.«
»Nur noch eine Minute, habe ich gesagt.«
Ricky schaute zum Wagen. »Ist er tot?«
»Ich glaube nicht.«
Also war der Mann am Leben, und er hatte die Waffe, und es war offensichtlich, daß sein großer Bruder keine Angst mehr hatte und über irgend etwas nachdachte. Ricky tat einen Schritt rückwärts. »Ich hau ab«, murmelte er. »Ich will nach Hause.«
Mark rührte sich nicht. Er atmete tief aus und betrachtete den Wagen. »Nur noch eine Sekunde«, sagte er, ohne Ricky anzusehen. In seiner Stimme lag wieder die alte Autorität.
Ricky verstummte und beugte sich vor, legte die Hände auf die nassen Knie. Er beobachtete seinen Bruder und schüttelte langsam den Kopf, als Mark eine Zigarette aus seiner Hemdtasche holte, ohne den Blick von dem Wagen abzuwenden. Er zündete sie an, tat einen tiefen Zug und blies den Rauch zu den Ästen hinauf. In diesem Moment bemerkte Ricky zum erstenmal die Schwellung.
»Was ist mit deinem Auge los?«
Mark fiel es plötzlich wieder ein. Er rieb sanft darüber, dann über die Beule auf seiner Stirn. »Er hat mich ein paarmal geschlagen.«
»Sieht schlimm aus.«
»Kein Grund zur Aufregung. Weißt du, was ich tun werde?« sagte er, ohne eine Antwort zu erwarten. »Ich schleich mich rüber und steck den Schlauch wieder in den Auspuff. Soll der Bastard doch draufgehen!«
»Du bist ja noch
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