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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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beantwortete keine Anrufe, kam immer zu spät ins Gericht, murmelte ständig vor sich hin und trank zuviel. Er war immer niederträchtig und beharrlich gewesen, aber jetzt schien ihn nichts mehr zu interessieren, und die Leute redeten. Offengestanden brauchte Barry einen neuen Anwalt.
    Nur vier kurze Wochen, und Barry mußte Zeit gewinnen. Einen Aufschub, eine Vertagung, irgend etwas in der Art. Weshalb reagierte die Justiz so schnell, wenn alles andere als Eile angesagt war? Er hatte sein Leben in den Randzonen von Recht und Gesetz verbracht und erlebt, wie sich Prozesse jahrelang hinzogen. Sein Onkel war einmal angeklagt worden, aber nach drei Jahren aufreibender Kriegführung hatte die Regierung schließlich aufgegeben. Barry war sechs Monate zuvor angeklagt worden, und peng!, schon findet der Prozeß statt. Das war nicht fair. Romey funktionierte nicht. Ein anderer mußte an seine Stelle treten.
    Natürlich hatte der Fall für das FBI eine Menge Löcher. Niemand hatte den Mord gesehen. Es würde ein ordentlicher Indizienprozeß gegen ihn geführt werden, vielleicht sogar mit einem Motiv. Aber niemand hatte tatsächlich gesehen, wie er es getan hatte. Es gab einen Informanten, der leicht zu beirren und unzuverlässig war und vermutlich beim Kreuzverhör in der Luft zerfetzt werden würde, wenn er überhaupt vor Gericht erschien. Die Typen vom FBI hielten ihn versteckt. Und Barry hatte diesen einen, wundervollen Vorteil – die Leiche, den kleinen, drahtigen Körper von Boyd Boyette, der, in Beton eingebettet, langsam verrottete. Ohne ihn würde Reverend Roy keinen Schuldspruch erreichen. Das veranlaßte Barry zu einem Lächeln, und er zwinkerte zwei Wasserstoffblondinen an einem Tisch in der Nähe der Tür zu. Frauen gab es massenhaft seit der Anklageerhebung. Er war berühmt.
    Reverend Roys Fall stand tatsächlich auf schwachen Füßen, aber das hatte weder seinen lautstarken Predigten vor laufenden Kameras Abbruch getan noch seinen vollmundigen Andeutungen, daß der Gerechtigkeit sehr bald Genüge getan sein würde, noch seinen prahlerischen Interviews mit jedem Journalisten, der sich hinreichend langweilte, um ihn zu befragen. Er war ein frommer Bundesanwalt mit öliger Stimme und ledrigen Lungen, widerlichen politischen Ambitionen und mit donnernder Stimme vorgetragenen Ansichten zu allem und jedem. Er hatte seinen eigenen Presseagenten, einen total überarbeiteten Mann, der dafür zu sorgen hatte, daß der Reverend ständig im Rampenlicht stand, damit eines nicht allzu fernen Tages die Öffentlichkeit darauf bestehen würde, daß er ihr im Senat der Vereinigten Staaten diente. Wohin ihn Gott von dort aus vielleicht führen würde, wußte nur der Reverend.
    Barry zermalmte sein Eis bei der widerwärtigen Vorstellung, wie Roy Foltrigg seine Anklageschrift vor den Kameras schwenkte und alle möglichen Prophezeiungen über den Triumph des Guten über das Böse heraustrompetete. Aber seit der Anklageerhebung waren sechs Monate vergangen, und weder Reverend Roy noch seine Verbündeten, die Leute vom FBI, hatten die Leiche von Boyd Boyette gefunden. Sie folgten Barry Tag und Nacht – wahrscheinlich warteten sie gerade jetzt direkt vor der Tür, als wäre er so dämlich, hier zu essen und anschließend nur so zum Spaß einen Blick auf die Leiche zu werfen. Sie hatten jeden Säufer und Gammler bestochen, der vorgegeben hatte, Informationen liefern zu können. Sie hatten Seen und Teiche abgelassen; sie hatten Flüsse durchkämmt. Sie hatten sich Durchsuchungsbefehle für Dutzende von Gebäuden in der Stadt verschafft. Sie hatten ein kleines Vermögen ausgegeben für Bagger und Bulldozer.
    Aber Barry hatte sie. Die Leiche von Boyd Boyette. Er hätte sie gern woanders hingebracht, aber das konnte er nicht. Der Reverend und seine Engelsscharen beobachteten ihn.
    Clifford war jetzt eine Stunde überfällig. Barry zahlte für zwei Club Sodas, zwinkerte den Wasserstoffblondinen in ihren Lederröcken zu und verließ, Anwälte im allgemeinen und den seinen im besonderen verfluchend, das Lokal.
    Er brauchte einen neuen Anwalt, einen, der auf seine Anrufe reagierte und sich mit ihm auf ein paar Drinks traf und ein paar Geschworene ausfindig machte, die sich kaufen ließen. Einen wirklichen Anwalt!
    Er brauchte einen neuen Anwalt, und er brauchte eine Vertagung oder einen Aufschub oder eine Verschleppung, irgend etwas, das diese Sache so verlangsamte, daß er Zeit zum Nachdenken fand.
    Er zündete sich eine Zigarette an und

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