Der Klient
verrückter als er. Du machst doch nur Spaß, oder?«
Mark paffte geruhsam. Plötzlich flog die Fahrertür auf, und Romey torkelte mit der Pistole heraus. Er redete laut vor sich hin, während er zum Heck des Wagens stolperte und abermals feststellte, daß der Schlauch harmlos im Gras lag. Er schrie Obszönitäten zum Himmel hinauf.
Mark duckte sich tief und drückte auch Ricky herunter. Romey wirbelte herum und ließ den Blick über die Lichtung schweifen. Er fluchte weiter und fing an, laut zu weinen. Schweiß tropfte ihm vom Haar, sein schwarzes Jackett war durchweicht und klebte ihm am Körper. Er stapfte um das Heck des Wagens herum, schluchzend und vor sich hinredend und die Bäume anschreiend.
Plötzlich blieb er stehen, hievte seinen massigen Körper auf den Kofferraum und rutschte rückwärts hinauf wie ein betrunkener Elefant, bis er gegen das Heckfenster stieß. Seine stämmigen Beine waren ausgestreckt. Ein Schuh fehlte. Er nahm die Waffe, weder langsam noch schnell, und steckte sie sich tief in den Mund. Seine irren roten Augen jagten herum und blieben eine Sekunde lang auf dem Baumstamm über den Jungen hängen.
Er öffnete die Lippen und biß mit seinen großen, schmutzigen Zähnen auf den Lauf. Dann schloß er die Augen und drückte mit dem rechten Daumen ab.
2
D ie Schuhe waren aus Haifischleder, und die vanillefarbenen Seidensocken reichten bis zu den Kniescheiben, wo sie schließlich aufhörten und die ziemlich haarigen Waden von Barry Muldanno liebkosten, gewöhnlich Barry das Messer genannt oder, was ihm am liebsten war, einfach das Messer. Der dunkelgrüne Anzug glänzte und sah auf den ersten Blick aus wie Echse oder Leguan oder irgendein anderes schleimiges Reptil, aber wenn man genauer hinschaute, sah man, daß es kein tierisches Material, sondern Polyester war. Zweireihig mit einer Menge Knöpfen auf dem Vorderteil. Er saß gut an seinem wohlgebauten Körper. Und er kräuselte sich hübsch, als Muldanno mit selbstbewußten Bewegungen zum Münzfernsprecher im Hintergrund des Restaurants ging. Der Anzug war nicht protzig, er war nur auffallend. Man konnte ihn für einen gutgekleideten Drogenimporteur halten oder vielleicht für einen gerissenen Buchmacher aus Vegas, und das war in Ordnung, weil er das Messer war und erwartete, daß die Leute ihn bemerkten, und wenn sie ihn anschauten, sollten sie Erfolg sehen. Sie sollten vor Angst erstarren und ihm aus dem Wege gehen.
Das Haar war schwarz und dicht, gefärbt, um einen Anflug von Grau zu verdecken, angeklatscht, voll von Pomade, straff zurückgekämmt und zu einem perfekten kleinen Pferdeschwanz zusammengerafft, der sich abwärts bog und exakt bis zum Kragen des dunkelgrünen Polyesterjacketts reichte. Die Pflege kostete Stunden. Der obligatorische Diamantohrring funkelte, wie es sich gehörte, am linken Ohrläppchen. Ein geschmackvolles goldenes Armband umgab das linke Handgelenk gleich unterhalb der diamantenbesetzten Rolex, und am rechten Handgelenk klirrte, während er lässig den Raum durchquerte, ein weiteres geschmackvolles Goldkettchen.
Sein Auftritt endete vor dem Münzfernsprecher, der sich in der Nähe der Toiletten in einem schmalen Flur im hinteren Teil des Restaurants befand. Er stand vor dem Apparat und ließ die Augen in alle Richtungen schweifen. Jeder Durchschnittsmensch, der sah, wie die Augen von Barry dem Messer herumschweiften und Gewalttätigkeit suchten, würde sich vor Angst in die Hose machen. Die Augen waren tief dunkelbraun und standen so eng beieinander, daß jemand, der es fertigbrachte, mehr als zwei Sekunden lang hineinzuschauen, schwören würde, daß Barry schielte. Aber das tat er nicht. Ein säuberlicher Streifen schwarzen Haars verlief von einer Schläfe zur anderen, ohne jede Unterbrechung über der ziemlich langen und spitzen Nase. Eine massige Braue. Gedunsene braune Haut bildete Halbkreise unter den Augen und verriet ohne jeden Zweifel, daß dieser Mann Alkohol und das flotte Leben liebte. Die verschatteten Augen gestanden zahlreiche Kater, unter anderem. Barry das Messer liebte seine Augen. Sie waren legendär.
Er tippte die Nummer des Büros seines Anwalts ein und sprach schnell, ohne eine Antwort abzuwarten: »Hier ist Barry! Wo ist Jerome? Er hat sich verspätet. Er hätte schon vor vierzig Minuten hier sein sollen. Wo ist er? Haben Sie ihn gesehen?«
Auch die Stimme des Messers war nicht erfreulich. Sie hatte den bedrohlichen Unterton eines erfolgreichen Straßengangsters in New Orleans,
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