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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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geringste. Bestimmt hatte Ricky den Schlauch herausgezogen.
    »Weil ich verrückt bin, ein verrückter Anwalt mehr auf der Welt. Man hat mich in den Wahnsinn getrieben, Mark. Wie alt bist du?«
    »Elf.«
    »Schon mal Whiskey probiert?«
    »Nein«, erwiderte Mark wahrheitsgemäß.
    Plötzlich war die Whiskeyflasche vor seinem Gesicht, und er ergriff sie.
    »Nimm einen Schluck«, sagte Romey, ohne die Augen zu öffnen.
    Mark versuchte, das Etikett zu lesen, aber sein linkes Auge war praktisch zugeschwollen, seine Ohren dröhnten von dem Pistolenschuß, und er konnte sich nicht konzentrieren. Er stellte die Flasche auf den Sitz, und Romey nahm sie wortlos wieder an sich.
    »Wir sterben, Mark«, sagte er fast zu sich selbst. »Das ist vermutlich hart, wenn man erst elf ist, aber so ist es nun einmal. Daran läßt sich nichts ändern. Irgendwelche letzten Worte, großer Junge?«
    Mark sagte sich, daß Ricky es geschafft hatte, daß der Schlauch jetzt harmlos war, daß sein neuer Freund Romey hier betrunken und verrückt war, und daß er nur dann heil hier wieder herauskommen würde, wenn er sich etwas einfallen ließ und redete. Die Luft war sauber. Er atmete tief ein und sagte sich, daß er es schaffen würde. »Was hat Sie verrückt gemacht?«
    Romey dachte eine Sekunde lang nach und kam zu dem Schluß, daß die Sache eigentlich auch etwas Komisches hatte. Er schnaubte und kicherte sogar ein wenig. »Oh, das ist großartig. Perfekt. Seit Wochen weiß ich etwas, das sonst niemand auf der ganzen Welt weiß, ausgenommen mein Klient, der übrigens der letzte Dreck ist. Du weißt vielleicht, Mark, daß wir Anwälte alle möglichen Dinge erfahren, die wir nie jemandem weitersagen dürfen. Streng vertraulich, verstehst du? Auf gar keinen Fall dürfen wir jemals verraten, was mit dem Geld passiert ist oder wer mit wem schläft oder wo die Leiche vergraben ist, verstehst du?« Er atmete tief ein und stieß den Atem ungeheuer genußvoll wieder aus. Dann ließ er sich mit geschlossenen Augen noch tiefer in seinen Sitz sinken. »Tut mir leid, daß ich dich schlagen mußte.« Er krümmte seinen Finger um den Abzug.
    Mark machte die Augen zu und spürte nichts.
    »Wie alt bist du, Mark?«
    »Elf.«
    »Ach ja, das hast du ja schon gesagt. Elf. Und ich bin vierundvierzig. Wir sind beide zu jung zum Sterben, stimmt’s, Mark?«
    »Ja, Sir.«
    »Aber es passiert, Junge. Spürst du es?«
    »Ja, Sir.«
    »Mein Klient hat einen Mann umgebracht und die Leiche versteckt, und jetzt will er mich umbringen. Das ist die ganze Story. Sie haben mich verrückt gemacht. Ha! Ha! Das ist großartig, Mark. Das ist wundervoll. Ich, der vertrauenswürdige Anwalt, kann dir jetzt, buchstäblich Sekunden, bevor wir davonschweben, verraten, wo die Leiche ist. Die Leiche, Mark, die meistgesuchte und bisher unentdeckte Leiche unserer Zeit. Unglaublich. Endlich kann ich es sagen!« Seine Augen waren offen und funkelten auf Mark herunter. »Das ist ein Riesenspaß, Mark.«
    Mark begriff nicht, worin der Spaß lag. Er warf einen Blick in den Spiegel, dann auf die dreißig Zentimeter entfernte Türverriegelung. Der Griff war sogar noch näher.
    Romey entspannte sich wieder und schloß abermals die Augen, als versuchte er verzweifelt, ein Nickerchen zu machen. »Tut mir leid, Junge, tut mir wirklich leid, aber wie ich schon sagte, es ist hübsch, dich hier zu haben.« Er legte langsam die Flasche neben den Brief auf das Armaturenbrett und beförderte die Pistole von der linken in die rechte Hand, streichelte sie sanft und strich mit dem Zeigefinger über den Abzug. Mark versuchte, nicht hinzusehen. »Tut mir wirklich leid, Junge. Wie alt bist du?«
    »Elf. Das fragen Sie mich jetzt schon zum drittenmal.«
    »Halt den Mund! Ich spüre das Gas, du nicht? Hör auf zu schnüffeln, verdammt nochmal! Es ist geruchlos, du kleiner Blödmann. Man kann es nicht riechen. Wenn du dich nicht eingemischt hättest, wäre ich jetzt schon tot, und du könntest irgendwo Räuber und Gendarm spielen. Du bist ganz schön blöd.«
    Nicht so blöd wie du, dachte Mark. »Wen hat Ihr Klient umgebracht?«
    Romey grinste, machte die Augen aber nicht auf. »Einen Senator der Vereinigten Staaten. Ich verrate es, ich verrate es. Ich packe aus. Liest du Zeitungen?«
    »Nein.«
    »Das überrascht mich nicht. Senator Boyette aus New Orleans. Da komme ich auch her.«
    »Weshalb sind Sie nach Memphis gekommen?«
    »Verdammter Bengel! Du willst wohl alles ganz genau wissen?«
    »Ja. Warum hat Ihr

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