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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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an«, brüllte er sie an. »911!«
    »Ich weiß die Nummer!«
    »Beeil dich!« Er wich in seinen Hausschuhen auf Zehenspitzen den Glassplittern aus und ging mit der Waffe in der Hand in Deckung, als wäre ein Einbrecher im Begriff, durch das Fenster ins Haus einzudringen. Er erkämpfte sich seinen Weg zur Küche, wo er auf die Tasten einer Schalttafel drückte, und die Sirene verstummte.
    Leo hatte sich gerade wieder auf seinem Wachtposten neben dem Spitfire niedergelassen, als das Klirren die Stille zerriß. Er biß sich vor Schreck in die Zunge, sprang auf und rannte abermals zur Hecke. Eine Sirene heulte schrill, dann wurde sie abgeschaltet. Ein Mann in einem roten, bis zu den Knien reichenden Nachthemd rannte mit einer Schrotflinte auf die Terrasse.
    Leo schlich leise zurück zur Hintertür der Garage. Ionucci und der Bulle kauerten zu Tode erschrocken neben dem Boot. Leo trat auf eine Harke, und der Stiel landete auf einem Sack voller Blechdosen. Alle drei hielten den Atem an. Von nebenan hörten sie Stimmen.
    »Was zum Teufel war das?« zischte Ionucci durch die Zähne. Er und der Bulle glänzten vor Schweiß. Die Hemden klebten ihnen am Körper. Ihre Köpfe waren klatschnaß.
    »Keine Ahnung«, fauchte Leo blutspuckend und schlich sich an das Fenster, durch das er die Hecke sehen konnte, die das Ballantine-Grundstück begrenzte. »Etwas ist durchs Fenster geflogen, glaube ich. Ich weiß es nicht. Der Irre da drüben hat eine Schrotflinte!«
    »Was hat er?« Ionucci kreischte beinahe. Er und der Bulle hoben langsam die Köpfe und schauten wie Leo aus dem Fenster. Der Irre mit der Schrotflinte stapfte in seinem Garten herum und brüllte die Bäume an.
    Mr. Ballantine hatte die Nase voll von New Orleans, von Drogen und von Gaunern, die versuchten, zu rauben und zu plündern, und er hatte die Nase voll von Verbrechen und einem Leben in ständiger Angst, und er hatte von alledem die Nase dermaßen voll, daß er die Schrotflinte hob und auf gut Glück einmal auf die Bäume feuerte. Das würde die Schweinehunde lehren, daß er es ernst meinte. Kommt nur in dieses Haus, und ihr werdet es in einem Sarg wieder verlassen. WUMM!
    Mrs. Ballantine stand in ihrem rosa Morgenmantel auf der Schwelle und schrie, als er schoß und die Bäume verwundete.
    Die drei Köpfe in der Garage schlugen auf den Boden, als die Schießerei begann. »Der Kerl ist verrückt!« kreischte Leo. Langsam hoben sie in perfekter Übereinstimmung abermals die Köpfe, und in genau diesem Moment bog der erste Streifenwagen mit flackerndem Rot- und Blaulicht in die Auffahrt der Ballantines ein.
    Ionucci war als erster zur Tür hinaus, gefolgt von dem Bullen und dann von Leo. Sie hatten es ungeheuer eilig, versuchten aber gleichzeitig, nicht die Aufmerksamkeit des Idioten nebenan auf sich zu lenken. Sie stürmten los, dicht am Boden, von einem Baum zum anderen, und versuchten verzweifelt, in den Wald zu entkommen, bevor weitere Schüsse fielen. Der Rückzug verlief geordnet.
    Mark und Reggie kauerten sich tiefer ins Gestrüpp. »Du bist verrückt«, murmelte sie immer wieder, und es war kein leeres Gerede. Sie war ehrlich überzeugt, daß ihr Klient leicht geistesgestört war. Aber sie umarmte ihn trotzdem, und sie kauerten dicht zusammengedrückt beieinander. Die drei hastenden Silhouetten sahen sie erst, als sie durch die Zaunpforte kamen.
    »Da sind sie«, flüsterte Mark. Keine dreißig Sekunden zuvor hatte er zu ihr gesagt, sie sollte auf die Pforte achten.
    »Es sind drei«, flüsterte er. Die drei stürmten ins Unterholz, keine sechs Meter von der Stelle entfernt, an der sie sich versteckten, und verschwanden im Wald.
    Sie drängten sich enger aneinander. »Du bist verrückt«, sagte sie abermals.
    »Kann sein. Aber es funktioniert.«
    Der Schuß aus der Schrotflinte hätte Reggie beinahe den Rest gegeben. Sie hatte gezittert, als sie hier angekommen waren. Ihre Knie hatten geschlottert, als er mit der Nachricht zurückkam, daß jemand in der Garage war. Sie hätte fast laut aufgeschrien, als er den Stein durch die Fensterscheibe warf. Aber der Schuß hatte allem die Krone aufgesetzt. Ihr Herz hämmerte, und ihre Hände zitterten.
    Und seltsamerweise wurde ihr genau in diesem Augenblick bewußt, daß sie nicht fortlaufen konnten. Die drei Grabräuber befanden sich jetzt zwischen ihnen und ihrem Wagen. Es gab kein Entkommen.
    Der Schuß aus der Schrotflinte hatte die ganze Nachbarschaft aufgeweckt. Flutlichter erhellten die Gärten, Männer und

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