Der Knochendieb
habe neulich ein neues Gericht ausprobiert und es schon fast richtig hingekriegt.« Der Gedanke daran ließ Driscoll schmunzeln.
»Du kannst kochen?« Margarets blaue Augen musterten ihn fasziniert, was Driscoll nicht gleichgültig ließ. Ihr Blick sprach Bände und sagte ihm, dass sie sich nach einer Liebesbeziehung mit ihm sehnte. Driscoll war dafür ebenso empfänglich wie für Margarets Schönheit und Charme. Sie war zweifellos eine sehr begehrenswerte Frau. Alles wäre so viel einfacher, wenn er Single wäre.
Da Colette nie aus ihrem Koma aufwachen würde, hätte man allerdings behaupten können, dass er bereits Single war. Der Gedanke beunruhigte ihn, bis die Vernunft einsetzte. Er war ein verheirateter Mann, also musste er die Beziehung zu Margaret auf einer rein platonischen Ebene halten. Doch alle Instinkte sagten ihm, dass er das nicht konnte. Was sollte er nur tun?
»Ich bin mit einer Französin verheiratet«, erwiderte er lahm. »Sie hat mir Kochen beigebracht.«
»Langsam komme ich mir vor wie die Nebenbuhlerin.«
»Das ist nicht fair. Weder dir noch mir gegenüber.«
Vor seinem inneren Auge sah er, wie ihm sein Ehering um den Hals gelegt und wie die Schlinge eines Henkers festgezurrt wurde. Seine Situation erschien ihm hoffnungslos.
»Ich bin zu müde und zu hungrig, um mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was fair ist. Erzähl mir von diesem Gericht«, forderte Margaret ihn auf.
»Saumon au vin blanc«, sagte Driscoll.
»Klingt herrlich. Weißt du was? In der Nähe meiner Wohnung ist ein Lebensmittelgeschäft, das rund um die Uhr aufhat. Die haben eine tolle Fischtheke. Was hältst du davon, wenn wir dort einen Großeinkauf machen und zu mir gehen statt zu dir?«
Die imaginäre Schlinge um seinen Hals wurde noch enger.
»Aber es ist schon fast zwei Uhr morgens.«
»Macht es dir was aus, wenn du auf ein bisschen Schlaf verzichten musst?«
Driscoll zögerte und sah Margaret unschlüssig an.
»Also, was machen wir?« Sie griff nach ihrer Tasche
und zog nervös einen Taschenspiegel heraus. Ihr Lippenstift hatte seinen Glanz verloren. Mit leicht zitternden Händen zog sie sich die Lippen nach.
»Ach, warum eigentlich nicht? Gehen wir.«
36. KAPITEL
Die Pineapple Street bestand aus malerischen Sandsteinhäusern, deren Fensterbretter und Treppen Springkraut und Geranien zierten. Die Stille wurde nur vom Jaulen einer streunenden Katze durchbrochen.
Die beiden betraten das Haus Nummer 124 und stiegen die Treppe zu Wohnung 2A hinauf. Es war Driscolls erster Besuch in Margarets Wohnung.
Mit einem Händeklatschen schaltete Margaret eine an der Decke montierte Lichtleiste ein, die daraufhin ein recht geräumiges Wohnzimmer erleuchtete. Driscoll schmunzelte. Er wusste, dass Margaret sich in diesem Raum geborgen fühlte, wo ein Sofa aus Einzelelementen einen Halbkreis um einen traditionellen Kamin bildete. Zwischen Sofa und Kamin stand auf einem Orientteppich in Erdfarben ein Couchtisch aus Glas und Chrom. Driscoll musterte die High-Tech-Unterhaltungsgeräte, zu denen eine JVC-Stereoanlage, ein Neunzehn-Zoll-Fernseher von Sony und mehrere Reihen von CDs gehörten. An der Wand gegenüber dem Kamin hing ein abstraktes Gemälde in Blau und Grün. Es war nicht zu übersehen, dass Margaret einen guten Geschmack hatte, und Driscoll fühlte sich in ihrer Wohnung sofort wohl.
Das Esszimmer schloss direkt ans Wohnzimmer an und war mit einem ovalen weißen Kieferntisch sowie vier
Stühlen im amerikanischen Kolonialstil möbliert. In einer Kristallvase auf dem Tisch stand ein Strauß blauer Iris. Ein weiterer angenehmer Raum.
»Willkommen in meinem Heim.«
»Schön hier. Es passt zu dir.«
»Ich finde, das Wohnzimmer könnte eine kleine Renovierung vertragen.«
»Mir gefällt es so.«
»Ehrlich?«
»Ehrlich.«
»Tja, damit habe ich gerade die vierzehnhundert Dollar für eine edle neue Schrankwand gespart, mit der ich geliebäugelt hatte.«
»Du hast einen guten Blick für Inneneinrichtung.«
»Findest du?«
»Ja, unbedingt.«
»Interessant, dass du das sagst. Ehe ich mich für die Ausbildung bei der Polizei entschieden habe, habe ich nämlich ein paar Kurse an der Designschule besucht.«
»Das merkt man.«
»Gib mir doch deinen Mantel«, sagte Margaret und half Driscoll aus seinem Burberry. »Darf ich dem Koch einen Drink anbieten?«
»Scotch bitte.«
Driscoll ging mit der vollen Einkaufstüte in die Küche. Ein in eine geflieste Kochinsel eingelassener Profigasherd nahm die Mitte des Raums
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