Der Knochendieb
ihrem Stuhl hin und her wie ein Schulmädchen. »Vielleicht ist es auch dieser Fall mit all seinen furchtbaren Details. Keine Ahnung.«
»Darf ich mal eine Vermutung anstellen?«
»Worüber?«
»Darüber, was dich so mitgenommen hat.«
»Dann mal los, Doktor Freud.«
»Ich glaube, du bist eifersüchtig.«
»Eifersüchtig? Eifersüchtig auf wen?«
»Auf die kleine Miss Computerhirn.«
»Quatsch.«
»Doch, ich glaube, genau das ist es. Schlicht und einfach. Ich habe doch gesehen, wie du am Esstisch der Tiernans geschaut hast, als sich Moira bei mir eingeschmeichelt hat. Du bist eifersüchtig, weil ich ihr so viel Aufmerksamkeit gewidmet habe.«
»Als ob ich eifersüchtig auf eine Vierzehnjährige wäre.«
»Ihr Alter hat damit nichts zu tun.«
»Was dann?«
»Du fühlst dich von meinen Empfindungen für sie beiseitegeschoben, von der Übertragung, die Moira in mir auslöst.«
»Du kennst dich mit diesen emotionalen Geschichten
besser aus als ich. Ich muss gestehen, dass ich bei den meisten psychologischen Sachverhalten völlig im Dunkeln tappe.«
»Du sollst nur wissen, dass das die Gefühle, die ich für dich hege, nicht schmälert.« Oh Mann. Hatte er das gerade wirklich gesagt?
»Weiter.«
Peng. Nun saß er in der Falle, und für eine Umkehr war es zu spät. »Komm schon, Margaret. Du weißt doch, was ich für dich empfinde.«
»Ich habe nur den Eindruck, dass ich gerade aufgefordert wurde, auf dünnem Eis zu tanzen. Du empfindest etwas für mich?«
»Natürlich.« Ihm schoss das Blut ins Gesicht. Dass er etwas für Margaret empfand, hatte seit jeher Gewissensbisse in ihm ausgelöst, doch seine Gefühle einzugestehen war noch einmal etwas ganz anderes. »In meiner Situation kann ich diese Gefühle aber einfach nicht ausleben.«
»Aber sie sind da?«
»Ja, natürlich sind sie da.« Driscolls Herz begann zu rasen, während sich Schweigen über den kleinen Raum senkte.
»Oh Mann. Und was machen wir jetzt?«
»Du kennst doch meine Lage. Ich bin nach wie vor mit Colette verheiratet.«
»Wie hältst du das nur aus?«
»Was?«
»Deine Gefühle auszusitzen, obwohl du weißt, was ich für dich empfinde.«
Ein trauriges Lächeln legte sich auf Driscolls Miene. Er bekämpfte das Verlangen, ihre Hand zu nehmen.
Ein Klopfen an der Tür beendete die Vertrautheit zwischen ihnen. Detective Thomlinson steckte den Kopf herein. Sofort hörte man lautes Stimmengewirr aus dem vorderen Raum der Einsatzzentrale.
»Feiert da draußen jemand Geburtstag? Was ist denn das für ein Zirkus?«, fragte Driscoll.
»Ein junges Mädchen ist gekommen und hat behauptet, sie sei mit Ihnen verabredet, Lieutenant. Sie ist angezogen wie eine Hure vom Times Square. Kommen Sie lieber schnell. Man weiß ja nie, was den Typen sonst einfällt.«
»Du hast wirklich ein Händchen für die richtigen Leute«, kicherte Margaret, als Driscoll eilig den Raum verließ.
In der Einsatzzentrale hatte sich um das junge Mädchen, das ein hautenges fleischfarbenes Top und einen schwarzen Minirock trug, eine Menschentraube gebildet. Driscoll drängte sich dazwischen, worauf die Menge sich auflöste.
»Komm mit!«, blaffte Driscoll. Er bugsierte Moira in sein Büro und knallte die Tür zu.
»Warum ziehst du dich an wie … wie …?«
»Zu auffällig?«
»Vielleicht passt dir ja die hier«, sagte Margaret und warf Moira ihre Jacke zu.
»Tut mir wirklich leid, Lieutenant. Ich wollte Sie nicht stressen. Nächstes Mal zieh ich mich passender an.«
»Nächstes Mal? Es wird kein nächstes Mal geben.«
»Okay, ich hab’s vermasselt. Aber kann ich nicht einen Versuch mit meinem Computer starten, ehe ich …«
»Du hast zwei Minuten.«
Moira nahm Platz und klappte ihren Laptop auf, ehe sie ihre flinken Finger über die Tastatur tanzen ließ. Auf
dem Bildschirm flimmerten Codes, Ziffern, Logarithmen und Gleichungen. Binnen Sekunden war Moira in der nebulösen Hackerzone angelangt.
»Lieutenant, wussten Sie, dass das FBI auch in diesen Mordfällen ermittelt?«
»Sie ermitteln in allen Serienfällen«, erklärte Margaret.
»Du hast die internen FBI-Dateien angezapft?«, fragte Driscoll ungläubig.
»Ausgeschlossen«, sagte Margaret.
»Nein. Moira ist in ihre privaten Dateien eingedrungen. Und so wie’s aussieht, beobachten sie unsere Ermittlungen sehr genau.«
»Möchten Sie einen Ausdruck?«, fragte Moira. »Ich muss aber schnell machen, ehe sie uns entdecken.«
»Dann mal los.«
»Erledigt. Wir sind draußen.«
»Sauber
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