Der Knochendieb
hatte sogar ein Gedicht geschrieben:
Kostbar sind unsere Stunden
Du hast mein Herz betört
Wir haben einander gefunden
Für die Zukunft, die uns gehört.
Wir trafen uns am stillen Teich
Von plätschernden Wellen umgeben
Dort lag unser geheimes Reich
Und unser gemeinsames Leben.
Die Boote ruhen nun an Land
Und auch die Schwäne sind längst fort
Nur unsere Liebe hat Bestand
Dies Haus bleibt immer unser Ort.
Ich wette meine nächste Beförderung, dass dieses Liebesnest das Schwanenbootshaus im Prospect Park ist, dachte Margaret. Sie zückte ihr Mobiltelefon und wählte Driscolls Handynummer.
»Driscoll hier.«
»Hast du Moira schon gefunden?«
»Nein. Ich habe den ganzen Morgen das Haus der Tiernans belauert. Es war kein Mensch da, bis Mrs. Tiernan mit ihren Einkäufen nach Hause kam. Ich habe ihr erzählt, dass ich ihre Tochter suche, und ich denke, ich habe es geschafft, meine Besorgnis unter Verschluss zu halten. Sie meinte, Moira hätte keine engen Freunde. Wahrscheinlich ist sie allein unterwegs. Nur sie und ihr verdammter Satellitencomputer irgendwo im Cyberspace. Sie kann weiß Gott wo sein. Ich habe das lokale Revier verständigt. Cedric informiert die Sonderkommission und sämtliche anderen Reviere in einem Radius von fünfundzwanzig Meilen. Ich mache mir große Sorgen.«
»Das höre ich dir an.«
»Meine Nicole hatte ja schon ihre verrückten Momente. Aber dieses Mädchen ist noch mal eine Steigerung.«
»Das reißt bestimmt alte Wunden auf. Tut mir leid.«
»Danke. Und was hat dein Besuch bei McCabe ergeben?«
Margaret berichtete ihm von ihrer Entdeckung.
»Das Wunderkind schlägt erneut zu. Sie hatte Recht, was Sarah Benjamin anging, und dieses Gedicht beweist, dass sie auch in puncto Deirdre McCabe Recht hatte. Fahr doch noch mal zu diesem Piercing-Künstler in der
Houston Street und überprüfe, ob er Moiras Theorie über die Ablageorte bestätigen kann. Ich will wissen, ob er irgendeine Ahnung hat, warum Monique Beaufords Leiche an einen Plankenweg am Rockaway Beach genagelt worden ist.«
51. KAPITEL
Margaret zog mühsam die Aluminiumtür zu Lester Gallows’ Wohnwagen auf.
»Verdammt! Sie noch mal?«, stieß Gallows hervor, als Margaret sein Reich betrat.
»Ich brauche Informationen«, sagte sie.
»Sie sind wie eine Fliege auf der Scheiße.«
»Erzählen Sie mir davon, wie Sie Monique zum letzten Mal gesehen haben.«
»Was gibt’s da zu erzählen?«
»Sie haben mit ihr geschlafen. Stimmt’s?«
»Das hab ich Ihnen doch schon gesagt.«
»Was können Sie mir sonst noch über sie erzählen?«
»Die Tussi war pervers.«
»Was soll das heißen?«
»Sie hat sich die Möse präpariert.«
»Mit Implantaten?«
»Nein. Mit Sand. Die Mieze zückt auf einmal einen Beutel. Ich dachte, sie sucht ein Kondom. Aber nein, stattdessen holt sie eine Hand voll Sand heraus. Den hat sie sich vor dem Bumsen reingerieben. Es hat sich angefühlt wie Schleifpapier. Mein Schwanz war im siebten Himmel!«
»Hat sie Ihnen erzählt, warum sie Sand aufregend findet?«
»Sie hat gemeint, sie hat’s bei ihrem ersten Mal unter der Strandpromenade getrieben.«
Margaret zog ihr Handy hervor und teilte die Neuigkeit Driscoll mit.
»Also ein weiterer spezieller Ablageort.« Driscolls Stimme hallte in Margarets Ohr wider. »Wir haben das Bootshaus im Prospect Park, das Wasser unter der Brooklyn Bridge und nun die Strandpromenade. Moira hat jedes Mal ins Schwarze getroffen.«
52. KAPITEL
Driscoll hatte nicht vergessen, was Moira bei ihrem letzten Kontakt gesagt hatte: dass sie unter freiem Himmel besser arbeiten konnte. Doch es hatte zu regnen begonnen. Und an Regentagen, hatte Mrs. Tiernan gegenüber Driscoll erwähnt, besuchte Moira gern eines der Cafés, die es in ihrem Wohnviertel gab. Dort konnte sie stundenlang sitzen und ohne Unterbrechung auf ihren Laptop einhacken.
Im Lauf der letzten zwei Stunden hatte Driscoll persönlich sämtliche Cafés der Nachbarschaft abgeklappert, Moira jedoch nirgends entdeckt. Auch hatte kein Mitarbeiter eines der Cafés ein junges Mädchen gesehen, auf das Moiras Beschreibung passte. Driscoll hinterließ bei jedem Geschäftsführer seine Visitenkarte, für den Fall, dass Moira doch noch auftauchen sollte. Nun saß er hinter dem Lenkrad seines Wagens und sah zu, wie der Regen auf die Windschutzscheibe des Chevy prasselte. Schließlich holte er sein Handy heraus und rief noch einmal bei den Tiernans an. Als sich der Anrufbeantworter
mit Seamus Tiernans Ansage
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