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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas O'Callaghan
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Schließlich schaffte sie es zur Bergen Street, wo sie aus der endlosen Autoschlange ausbrach und nach links abbog.
    »444« war in die dritte Stufe des ersten vierstöckigen Sandsteinhauses im Block geritzt. Links von den Ziffern saß ein Mädchen. Mit seiner sauberen Fassade und dem frisch lackierten Geländer stach das Haus aus dem allgemeinen Verfall des Viertels heraus, das sich zwischen heruntergekommenen Mietskasernen und luxussanierten Häusern behaupten musste.
    »Detective Aligante?«, fragte das Mädchen schüchtern, als Margaret aus dem Wagen stieg.
    »Bist du Cathy Spenser?«
    Das Mädchen nickte und blickte sie verunsichert aus tief liegenden Augen an.
    »Gehen wir doch rein«, schlug Margaret vor.
    »Um die Ecke ist ein Café. Können wir nicht lieber dorthin gehen? In meinem Zimmer fällt mir langsam die Decke auf den Kopf.«

    Margaret stimmte zu, und so schritten sie schweigend auf dem holprigen Straßenpflaster nebeneinander her. Im Café fanden sie weitab vom Fenster und der grellen Morgensonne eine Nische.
    »Ich wusste, dass etwas Schlimmes passieren würde. Ich wusste es in dem Moment, als sie mir erzählt hat, dass sie sich im Einkaufszentrum mit einem Fremden treffen will«, sagte Cathy Spenser.
    »Und warum?«, fragte Margaret, die augenblicklich Mitleid mit dem Mädchen bekam. Sie war in einem so verletzlichen Alter. Es war schrecklich mit anzusehen, wie sie die Umstände des Todes ihrer Freundin quälten. Und wer war dieser Fremde, mit dem sich Clarissa Parsons hatte treffen wollen? Könnte dieser Mann womöglich der gesuchte Killer sein?
    »Hören Sie, ich weiß, Sie sind Polizistin und so, aber … haben Sie vielleicht eine Zigarette? Ich bin ziemlich durch den Wind.«
    »Hier ist Rauchen verboten.«
    »Ich brauch dringend’ne Kippe. Für eine Camel würde ich alles geben.«
    »Kamele stinken. Das lohnt sich nicht.«
    Das Mädchen kicherte.
    Als die Bedienung kam, bestellten beide Cola.
    »Was hast du damit gemeint, als du gesagt hast, du hättest gewusst, dass etwas Schlimmes passieren würde?«, fragte Margaret.
    »Es stimmt doch, oder?« Cathy traten Tränen in die Augen. »Die Cops wollten wissen, was Clarissa im Einkaufszentrum wollte. Ich habe gesagt, sie war mit irgendeinem Typen verabredet, aber der hat sie versetzt.«
    »Was für ein Typ?«

    Cathy sah sich unruhig um. »Clarissa hat bei so einem Spiel mitgemacht.«
    »Was für ein Spiel?« Margarets Herz begann zu rasen.
    »Ich weiß auch nicht genau … irgendwas mit diesem Typen. Sie hätte ihn zum ersten Mal dort im Einkaufszentrum treffen sollen, aber er ist nicht aufgetaucht. Ich bin ihr zufällig in Aubrey’s Buchhandlung begegnet, und dann sind wir zu Sweet Delights rübergegangen. Der Kassierer dort hatte eine Überraschung für uns beide. Ein richtig schräger Typ, wissen Sie. Jedenfalls wollten wir gerade gehen, als er jeder von uns eine Tüte Früchtedrops überreicht hat. Er hat gemeint, wir hätten die Preise gewonnen.«
    »Die Preise?«
    »Miss Sweet Delight und Miss Perfect Confection. Ich war Confection.«
    Margaret schmunzelte. »Und was ist dann passiert?«
    »Wir sind aus dem Süßwarenladen rausgegangen und haben uns getrennt. Ich wollte noch ins Schuhgeschäft, Stiefel kaufen. Clarissa wollte nach Hause, um zu sehen, ob ihr der Typ eine Nachricht hinterlassen hatte.«
    »Eine Nachricht?«
    »Eine E-Mail. Der Typ nannte sich übrigens Godsend.«

56. KAPITEL
    »Der Typ spielt mit dem Feuer. Die Tochter des Bezirksstaatsanwalts?«, sagte Margaret ungläubig am Autotelefon, als sie die Flatbush Avenue in nördlicher Richtung hinauffuhr. »Cathy Spenser hat gesagt, dass Clarissa im Einkaufszentrum mit einem Mann verabredet war, der anscheinend nicht aufgetaucht ist. Aber könnte es nicht folgendermaßen gewesen sein? Nachdem sich Cathy und Clarissa getrennt haben, trifft Clarissa doch noch auf Godsend. Er fällt über sie her und versucht, sie in sein Auto zu zerren.«
    Driscoll spann ihre Spekulation weiter. »Doch sie reißt sich los, und in ihrer Panik läuft sie frontal gegen den entgegenkommenden Kombi. So was ist schon öfter passiert. Denk nur mal an diesen rassistischen Überfall in Howard Beach, wo eine Weißengang mit Baseballschlägern auf einen jungen Schwarzen eingedroschen hat. Der Junge ist mitten in den fließenden Verkehr auf dem Belt Parkway gelaufen, von einem schnellen Auto erfasst worden und dabei umgekommen. Deine Theorie ist sehr plausibel, Margaret. Und wohin fährst du

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