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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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mit Dr. Berger allein lassen.
    Nun, was diesen Berger anging... Der hatte ihr ja überhaupt nicht gefallen. Ein einziges großes Ego, das konnte man an seiner ganzen Haltung erkennen, an der gedrungenen Sportlerfigur, dem ausweichenden Blick. Die schwarzen Haare tadellos gekämmt. Teure Kleidung. Warum hatte Rhyme sich nicht jemanden wie Kevorkian gesucht? Er mochte zwar ein bißchen schrullig sein, aber wenigstens strahlte er eine gewisse großväterliche Weisheit aus.
    Sie schloß die Augen.
    Die Toten ruhen lassen ...
    Eine Abmachung war eine Abmachung. Aber verdammt noch mal, Rhyme ...
    Tja, sie konnte ihn nicht einfach sterben lassen, ohne zumindest einen letzten Versuch zu unternehmen. Er hatte sie in seinem Schlafzimmer überrumpelt. Sie war durcheinander gewesen. Ihr waren keine guten Gegenargumente eingefallen. Montag. Bis morgen hatte sie Zeit, ihn dazu zu überreden, es nicht zu tun. Oder wenigstens noch eine Weile zu warten. Einen Monat. Verdammt, einen Tag.
    Was sollte sie ihm sagen? Sie könnte sich ihre Einwände notieren. Eine kleine Ansprache verfassen.
    Sie schlug die Augen auf, stieg aus dem Bett und wollte einen Stift und etwas Papier suchen. Ich könnte —
    Sachs erstarrte und keuchte laut auf.
    Er trug dunkle Kleidung, die Skimaske und schwarze Handschuhe. Nummer 238 stand mitten in ihrem Schlafzimmer.
    Instinktiv wollte sie zum Nachttisch greifen - zu ihrer Glock und dem Messer. Doch er war darauf gefaßt. Rasch holte er mit der Schaufel aus und erwischte sie seitlich am Kopf. Ein gelbes Licht explodierte in ihrem Schädel.
    Sie war auf allen vieren, als er ihr in die Rippen trat, worauf sie zusammenbrach und, mühsam nach Luft schnappend, auf dem Bauch liegenblieb. Sie spürte, wie er ihre Hände auf dem Rücken fesselte, wie er ihr einen Streifen Klebeband über den Mund zog. Schnell und gekonnt. Er wälzte sie auf den Rücken. Ihr Bademantel klaffte auf.
    Sie trat wie wild um sich, zerrte wie eine Wahnsinnige an den Handschellen.
    Ein weiterer Schlag in die Magengrube. Würgend blieb sie liegen und regte sich nicht, als er sie ergriff. Er packte sie unter den Achseln und zerrte sie durch die Hintertür hinaus in den großen privaten Garten hinter dem Apartment.
    Er wandte den Blick nicht von ihrem Gesicht, achtete gar nicht auf ihre Brüste, den flachen Bauch, die roten Locken an ihrem Unterleib. Jederzeit hätte sie ihm all das geopfert, wenn sie dadurch ihr Leben hätte retten können.
    Aber nein, Rhymes Einschätzung war richtig. Was immer auch Nummer 238 antrieb, mit sexueller Lust hatte es nichts zu tun. Er hatte etwas anderes im Sinn. Er warf sie mit dem Gesicht nach oben in ein Beet mit schwarzäugiger Susanne und Buchsbaum, außer Sichtweite der Nachbarn. Keuchend blickte er sich um. Dann ergriff er die Schaufel und stieß das Blatt in die Erde.
    Amelia Sachs fing an zu weinen.
    Er rieb seinen Hinterkopf am Kissen.
    Zwanghaftes Verhalten, hatte ihm ein Arzt einmal erklärt, nachdem er ihn dabei beobachtet hatte - ohne daß Rhyme ihn um seine Meinung gebeten hatte. Sie auch nicht hören wollte. Genaugenommen, dachte Lincoln Rhyme, machte er das gleiche wie Amelia Sachs, wenn sie an ihren Fingernägeln zupfte.
    Er drehte den Kopf hin und her, dehnte seine Halsmuskeln, während er auf die Tabelle an der Wand blickte. Rhyme war davon überzeugt, daß sich dort, vor seinen Augen, die ganze Geschichte verbarg, die das wahnwitzige Verhalten des Mannes erklärte. In diesen schwarzen Buchstaben, der schwungvollen Handschrift - und zwischen den Zeilen. Aber er konnte das Ende der Geschichte nicht erkennen. Noch nicht.
    Wieder ließ er den Blick über die Anhaltspunkte schweifen. Es gab für alles eine Erklärung, von ein paar Ausnahmen abgesehen.
    Die Narbe am Finger.
    Der Knoten.
    Das Aftershave.
    Die Narbe nutzte ihnen gar nichts, solange sie keinen Verdächtigen hatten, dessen Finger sie untersuchen konnten. Und mit dem Knoten hatten sie bislang auch noch kein Glück gehabt - abgesehen davon, daß es sich nach Ansicht des adretten Banks um keinen Seemannsknoten handelte.
    Was war mit dem billigen Aftershave? Normalerweise sollte man annehmen, daß sich ein Täter nicht parfümierte, wenn er jemanden entführen wollte. Warum also hatte er es getragen? Rhyme konnte daraus nur einmal mehr schließen, daß er einen anderen verräterischen Geruch überdecken wollte. Er ging alle Möglichkeiten durch: Essen, Alkohol, Chemikalien, Tabak ...
    Er kam sich beobachtet vor und schaute nach

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