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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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und heiser.
    »Weil die Opfer, die er entführt hat, gar nicht sein eigentliches Ziel sind. Das sind wir.«
    »Wer ist wir?« fragte sie.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Die Gesellschaft möglicherweise. Oder die Stadt. Vielleicht auch die UN. Die Polizei. Ich habe noch einmal in seiner Bibel nachgeschlagen - in dem Kapitel über James Schneider. Erinnerst du dich noch an Terrys Theorie, weshalb der Unbekannte diese Hinweise hinterläßt?«
    »Weil er uns irgendwie zu Komplizen machen will. Uns einen Teil der Schuld zuschieben will. Weil ihm das Morden dadurch leichter fällt.«
    Rhyme nickte, fuhr aber fort: »Ich glaube allerdings nicht, daß dies der Grund ist. Ich glaube, die Hinweise waren eine Art, uns anzugreifen. Jedes tote Opfer bedeutet für uns eine Niederlage.«
    In ihrer alten Freizeitkleidung und dem Pferdeschwanz sah Sachs bezaubernder aus denn je zuvor. Doch ihre Augen waren stumpf. Rhyme vermutete, daß sie jeden einzelnen Moment, jede Schaufel voll Erde, die auf sie geworfen worden war, noch einmal durchlebt hatte. Und er fand die Vorstellung, daß sie bei lebendigem Leib begraben worden war, so beunruhigend, daß er den Blick abwenden mußte.
    »Was hat er gegen uns?« fragte sie.
    »Ich weiß es nicht. Schneiders Vater wurde irrtümlich verhaftet und starb im Gefängnis. Aber bei unserem Unbekannten ? Wer weiß. Ich kümmere mich nur um Spuren, nicht -«
    »- um Motive«, beendete Amelia Sachs den Satz.
    »Warum hat er es jetzt direkt auf uns abgesehen?« fragte Banks und nickte zu Sachs hin.
    »Wir haben seinen Schlupfwinkel gefunden und die Kleine gerettet. Ich glaube nicht, daß er so bald mit uns gerechnet hat. Vielleicht ist er einfach nur sauer. Lon, wir brauchen rund um die Uhr Polizeischutz, wir alle. Er hätte sich einfach absetzen können, nachdem wir das Kind gerettet hatten, aber er treibt sich weiter in der Gegend herum, weil er noch mehr Schaden anrichten will. Du und Jerry, ich, Haumann, Polling - er hat uns alle auf dem Kieker, wetten. Perettis Jungs sollen unterdessen rüber zu Sachs' Wohnung. Ich gehe zwar davon aus, daß er keine Spuren hinterlassen hat, aber vielleicht finden sie doch etwas. Er mußte sich erheblich schneller verziehen, als er vorhatte.«
    »Ich sollte besser mitgehen«, sagte Sachs.
    »Nein«, versetzte Rhyme.
    »Ich muß die Tatortarbeit übernehmen.«
    »Du mußt dich ausruhen«, befahl er. »Das und nichts anderes, Sachs. Du siehst grauenhaft aus, wenn ich das mal sagen darf.«
    »Ganz recht, Officer«, sagte Sellitto. »Das ist ein Befehl. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie für heute Schluß machen sollen. Wir haben zweihundert Leute eingesetzt, die nach ihm suchen. Und Fred Dellray hat außerdem noch hundertzwanzig FBI-Agenten aufgeboten.«
    »In meinen eigenen vier Wänden hat sich ein Verbrechen zugetragen, und ihr wollt mich den Tatort nicht untersuchen lassen?«
    »So ist es«, sagte Rhyme. »Kurz und bündig.«
    Sellitto ging zur Tür. »Irgendwelche Einwände, Officer?«
    »Nein, Sir.«
    »Komm schon, Banks, auf uns wartet Arbeit. Sollen wir Sie mitnehmen, Sachs? Oder vertraut man Ihnen nach wie vor Dienstfahrzeuge an?«
    »Nein, danke. Ich hab' meine Karre unten stehen«, erwiderte sie.
    Die beiden Kriminalpolizisten gingen. Rhyme hörte ihre Stimmen im Treppenhaus widerhallen. Dann fiel die Haustür ins Schloß.
    Rhyme merkte, daß die gleißenden Deckenstrahler an waren. Er klickte mehrere Befehle an und dämpfte das Licht.
    Sachs reckte sich.
    »Tja«, meinte sie im gleichen Moment, als Rhyme »So« sagte.
    Sie warf einen Blick auf die Wanduhr. »Es ist schon spät.«
    »Ziemlich.«
    Sie stand auf und ging zu dem Tisch, auf dem ihre Handtasche stand. Sie nahm sie an sich. Ließ sie aufschnappen, holte ihre Puderdose heraus und untersuchte ihre aufgeplatzte Lippe im Spiegel.
    »Sieht nicht zu übel aus«, sagte Rhyme.
    »Wie Frankensteins Monster«, sagte sie, während sie die Stelle betastete. »Wieso nahmen die zum Nähen keinen fleischfarbenen Zwirn?« Sie steckte die Dose wieder weg und hängte sich die Tasche über die Schulter. »Du hast das Bett verschoben«, stellte sie fest. Es stand näher am Fenster.
    »Thom war das. So kann ich auf den Park schauen. Wenn ich möchte.«
    »Tja, das ist gut.«
    Sie ging zum Fenster. Schaute hinunter.
    Ach, in Herrgotts Namen, dachte sich Rhyme. Sag es. Was kann schon passieren? »Magst du hierbleiben«, fragte er rasch. »Ich meine, es ist schon ziemlich spät. Und die Fingerabdruckabteilung

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