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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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ja, das Datum, meine ich.«
    »Unbekannter Nummer 238. Von mir aus.«
    Sellitto notierte sie auf dem Bericht.
    »Äh, Entschuldigung? Detective Rhyme?«
    Die Streifenpolizistin hatte sich zu Wort gemeldet. Rhyme wandte sich ihr zu.
    »Ich soll um zwölf Uhr im Hauptgebäude sein.« So nannten die New Yorker Cops das Polizeipräsidium.
    »Officer Sachs ...« Er hatte sie zeitweilig vergessen. »Sie waren heute morgen die erste am Tatort? Bei dem Mordfall an den Bahngleisen?«
    »Das stimmt, ich habe die Meldung entgegengenommen.« Sie sprach an Thom gewandt.
    »Hier bin ich, Officer«, wies Rhyme, der seinen Mißmut kaum bezähmen konnte, sie zurecht. »Hier drüben.« Es brachte ihn zur Raserei, wenn Leute über andere, über gesunde Menschen zu ihm sprachen.
    Ihr Kopf fuhr herum, und er sah, daß sie die Lektion gelernt hatte. »Ja, Sir«, sagte sie sanftmütig, aber ihre Augen funkelten eisig.
    »Ich bin nicht mehr im Dienst. Nennen Sie mich einfach Lincoln.«
    »Könnten wir's vielleicht einfach hinter uns bringen, bitte?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Den Grund, weshalb Sie mich herkommen ließen. Tut mir leid. Ich habe nicht nachgedacht. Wenn Sie eine schriftliche Entschuldigung wollen, können Sie eine haben. Es ist nur so, daß ich zu spät zu meinem neuen Posten komme, und ich hatte noch keine Gelegenheit, meinen Vorgesetzten anzurufen.«
    »Entschuldigung?« fragte Rhyme.
    »Die Sache ist die, daß ich keine richtige Erfahrung mit dem Verhalten am Tatort habe. Ich hab' sozusagen improvisieren müssen.«
    »Wovon reden Sie überhaupt?«
    »Daß ich die Züge angehalten und die Eleventh Avenue gesperrt habe. Es war meine Schuld, daß der Senator seine Rede in New Jersey verpaßt hat und daß ein paar hohe Tiere von der UN vom Flughafen in Newark nicht rechtzeitig zu ihren Empfängen gekommen sind.«
    Rhyme gluckste. »Wissen Sie, wer ich bin?«
    »Na ja, ich habe selbstverständlich schon von Ihnen gehört. Ich dachte, Sie...«
    »Wären tot?« fragte Rhyme.
    »Nein. Das hab' ich nicht gemeint.« Obwohl es zutraf. »Wir arbeiten auf der Akademie alle mit Ihrem Buch«, fuhr sie rasch fort. »Aber wir erfahren nichts über Sie. Persönlich, meine ich ...« Sie blickte an der Wand hoch und sagte steif: »Als erste am Tatort war ich für die Absicherung zuständig, und meiner Ansicht nach ließ sich das am besten lösen, indem ich den Zug anhalte und die Straße sperre. Und das habe ich getan, Sir.«
    »Nennen Sie mich Lincoln. Und Sie sind ...«
    »Ich—«
    »Ihr Vorname?«
    »Amelia«
    »Amelia. Nach der Fliegerin?«
    »Nein, Sir. Ein in meiner Familie üblicher Name.«
    »Amelia, ich will keine Entschuldigung. Sie hatten recht, und Vince Peretti hatte unrecht.«
    Sellitto fuhr bei dieser Indiskretion auf, doch Rhyme kümmerte sich nicht darum. Schließlich war er einer der wenigen Menschen auf der Welt, die ruhig liegenbleiben konnten, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten höchstpersönlich ins Zimmer spaziert käme. »Peretti hat sich am Tatort verhalten, als ob ihm der Bürgermeister über die Schulter schauen würde, und auf diese Weise baut man hundertprozentig Mist. Er hatte zu viele Leute dabei, er lag total daneben, als er Züge und Straßenverkehr durchließ, und außerdem hätte er zu einem so frühen Zeitpunkt den Tatort noch nicht freigeben dürfen. Wenn wir die Bahnstrecke weiter gesperrt hätten, wer weiß, ob wir dann nicht einen namentlich gekennzeichneten Kreditkartenbeleg gefunden hätten. Oder einen wunderschönen großen Daumenabdruck.«
    »Das mag schon sein«, sagte Sellitto behutsam. »Aber das behalten wir lieber für uns.« Er warf Sachs, Cooper und dem jungen Jerry Banks kurze Blicke zu, die einen stummen Befehl enthielten.
    Rhyme lachte geringschätzig auf. Dann wandte er sich wieder an Sachs. Er ertappte sie dabei, wie sie, genau wie Banks heute morgen, auf seine von einer aprikotfarbenen Decke verborgenen Beine und den Körper starrte. »Ich habe Sie hergebeten«, sagte er zu ihr, »weil ich möchte, daß Sie den nächsten Tatort untersuchen.«
    »Was?« Diesmal sprach sie nicht mittels Dolmetscher.
    »Ich will, daß Sie für uns arbeiten«, sagte er kurz angebunden. »Am nächsten Tatort.«
    »Aber« - sie lachte-, »ich bin nicht bei der Kripo. Ich bin im Streifendienst. Ich hab' noch nie einen Tatort untersucht.« »Hier handelt es sich um einen ungewöhnlichen Fall. Wie Ihnen Detective Sellitto höchstselbst erklären wird. Er ist mehr als sonderbar. Stimmt's, Lon? Schon

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