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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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richtig, wenn es sich um einen typischen Tatort handelte, würde ich Sie nicht haben wollen. Aber in diesem Fall brauchen wir jemanden mit einem unvoreingenommenen Blick.«
    Sie schaute zu Sellitto, der nichts sagte. »Ich kann ... ich bin dafür nicht geeignet. Ganz sicher nicht.«
    »Na schön«, erwiderte Rhyme geduldig. »Die Wahrheit?«
    Sie nickte.
    »Ich brauche jemanden, der den Schneid hat, kurzerhand einen Zug anzuhalten, um den Tatort zu sichern, und der hinterher zu seiner Entscheidung steht.«
    »Besten Dank, daß Sie mir die Chance geben, Sir. Lincoln. Aber -«
    »Lon«, sagte Rhyme kurz und knapp.
    »Officer«, herrschte der Detective Sachs an, »Sie können sich das nicht aussuchen. Sie wurden uns in diesem Fall zugeteilt, und Sie werden uns am Tatort zur Hand gehen.«
    »Sir, dagegen muß ich protestieren. Ich werde aus dem Streifendienst abgezogen. Heute. Ich werde aus gesundheitlichen Gründen versetzt. Wirksam seit einer Stunde.«
    »Aus gesundheitlichen Gründen?« erkundigte sich Rhyme.
    Sie zögerte, warf erneut einen unwillkürlichen Blick auf seine Beine. »Ich habe Arthritis.«
    »Tatsächlich?« fragte Rhyme.
    »Chronische Arthritis.«
    »Das tut mir leid.«
    »Ich habe heute morgen die Meldung nur deshalb entgegengenommen«, fuhr sie rasch fort, »weil jemand anders krank geworden ist. Ich hatte das gar nicht vor.«
    »Je nun, auch ich hatte etwas anderes vor«, sagte Lincoln Rhyme. »Und jetzt wollen wir uns mal die Spuren ansehen.«
     
     
    SECHS
    »Die Schraube.«
    Eingedenk der klassischen kriminalistischen Regel: Untersuche die ungewöhnlichste Spur zuerst.
    Thom drehte die Plastiktüte mit den Händen hin und her, während Rhyme das nur halb verrostete Metallstück musterte. Stumpf. Verwittert.
    »Bist du dir bei den Abdrücken sicher? Hast du es mit Ninhydrin und Silbernitrat versucht? Das ist die beste Methode, wenn Spuren den Elementen ausgesetzt waren.«
    »Ja«, bestätigte Mel Cooper.
    »Thom«, befahl Rhyme, »sorg dafür, daß mir nicht ständig die Haare in die Augen hängen. Kämm sie zurück. Ich habe dir schon heute morgen gesagt, du sollst sie zurückkämmen.«
    Der Adlatus seufzte und bürstete die wirren schwarzen Strähnen zurück. »Paß bloß auf«, flüsterte er seinem Boß mit unheilverkündendem Ton zu, worauf Rhyme unwirsch den Kopf herumwarf und seine Haare noch mehr durcheinanderbrachte. Amelia Sachs saß teilnahmslos auf einem Stuhl in der Ecke. Sie hatte die Füße auf den Boden gestellt wie ein Sprinter kurz vor dem Start und sah aus - ja genau, sie sah aus, als erwarte sie jeden Moment die tödliche Kugel.
    Rhyme wandte sich wieder der Schraube zu.
    Als er noch Chef der IRD gewesen war, hatte Rhyme angefangen, Musterproben zu sammeln. Ähnlich dem Lacktypenverzeichnis bei Automobilen oder der Tabakprobensammlung des BATF, der Bundesbehörde für Alkohol, Tabak und Schußwaffen. Er hatte Verzeichnisse über handelsübliche Munition, Fasern, Tuche, Autoreifen, Schuhe, Werkzeuge, Motoren- und Getriebeöl angelegt. Hunderte von Arbeitsstunden hatte er damit zugebracht, Listen zu erstellen, Register anzulegen und mit Querverweisen zu versehen.
    Doch trotz aller Besessenheit, mit der Rhyme in seiner aktiven Zeit ans Werk gegangen war, hatte es die IRD nie geschafft, die handelsüblichen Eisenwaren zu erfassen. Er fragte sich, warum das so war, und er war wütend auf sich, weil er sich nicht die Zeit dazu genommen hatte. Noch wütender aber war er auf Vince Peretti, weil der ebenfalls nicht daran gedacht hatte.
    »Wir müssen jeden Schraubenhersteller und -händler im Nordosten anrufen. Nein, im ganzen Land. Fragt sie, ob sie so einen Typ herstellen und an wen sie ihn verkaufen. Faxt unseren Telefonistinnen in der Zentrale eine Beschreibung samt Bild der Schraube zu.«
    »Teufel noch mal, das könnten Millionen sein«, sagte Banks. »Jeder Heimwerkermarkt und jedes Kaufhaus im ganzen Land.«
    »Das glaube ich nicht«, erwiderte Rhyme. »Es muß sich um einen unmittelbaren Hinweis handeln. Er hätte die Spur nicht gelegt, wenn wir nichts damit anfangen könnten. Diese Schrauben stammen von einem bestimmten Hersteller, der sich ermitteln läßt. Da gehe ich jede Wette ein.«
    Sellitto klemmte sich ans Telefon. Ein paar Minuten später wandte er sich an Rhyme. »Ich habe deine Telefonistinnen bekommen. Vier Stück. Woher kriegen wir eine Auflistung der Hersteller?«
    »Schick einen Streifenpolizisten runter zur Zweiundvierzigsten Straße«, versetzte Rhyme. »Zur

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