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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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schriller Ton in dieser muffigen Gruft -, dann sagte er: »Er war heute morgen so schlau, seine Spuren zu verwischen. Warum jetzt damit aufhören? Oh, er ist gut, der Knabe. Aber wir sind auch gut. Machen Sie weiter.«
    Sachs bückte sich, sosehr ihre Gelenke auch zogen, und begab sich auf die Suche. Sie graste jeden Quadratmeter Boden ab. »Hier ist nichts. Nicht das geringste.«
    Er hörte ihr am Tonfall an, daß sie meinte, damit wäre die Sache erledigt. »Sie haben erst angefangen, Amelia. Ein Tatort ist dreidimensional. Merken Sie sich das. Sie meinen lediglich, daß Sie am Boden keine Spuren gefunden haben. Suchen Sie jetzt die Wände ab. Fangen Sie an der am weitesten vom Dampfrohr entfernten Stelle an und gehen Sie Zentimeter für Zentimeter vor.«
    Langsam und in großem Bogen ging sie um die mitten im Raum hängende Gestalt herum. Sie mußte daran denken, wie sie mit sechs oder sieben bei einem Straßenfest in Brooklyn um den Maibaum getanzt war und ihr Vater sie voller Stolz mit der Schmalfilmkamera aufgenommen hatte. Langsam außen herum. Ein leerer Raum, und doch galt es tausenderlei Stellen abzusuchen.
    Hoffnungslos ... Unmöglich.
    Aber so war es nicht. Auf einem Mauersims in etwa einem Meter achtzig Höhe fand sie das Gesuchte. Sie lachte laut auf. »Hier ist was.«
    »Mehrere Gegenstände dicht beisammen?«
    »Ja. Ein großer dunkler Holzsplitter.«
    »Die Eßstäbchen.«
    »Was?«
    »Die Stifte. Heben Sie ihn damit auf. Ist er naß?«
    »Hier drin ist alles naß.«
    »Natürlich. Der Dampf. Stecken Sie ihn in ein Papierkuvert. Aus einer Plastiktüte kann die Feuchtigkeit nicht entweichen, und bei dieser Hitze bilden sich Bakterien, die sämtliche Spuren zerstören. Was haben Sie noch gefunden?« hakte er nach.
    »Es sind ... ich weiß nicht recht ... Haare, glaube ich. Kurzgeschnittene Haare. Ein kleines Häufchen.«
    »Mit oder ohne Haut?«
    »Ohne.«
    »Im Koffer müßte eine Rolle Klebeband sein. 3M. Nehmen Sie sie damit auf.«
    Sachs sicherte den Großteil der Haare und steckte sie in einen Papierumschlag. Sie musterte den Mauersims rund um die Haare. »Ich sehe einige Flecken. Sieht aus wie Rost oder Blut.«
    Sie richtete das Polilight auf die Stelle. »Sie fluoreszieren.«
    »Können Sie einen Blutnachweis vornehmen?«
    »Nein.«
    »Dann nehmen wir einfach mal an, daß es sich um Blut handelt. Könnte es vom Opfer stammen?«
    »Unwahrscheinlich. Es ist zu weit weg, und außerdem führt keine Spur hin.« »Gibt es denn eine Spur, die irgendwo hinführt?«
    »Sieht so aus. Zu einem Wandziegel. Er ist locker. Keine Abdrücke drauf. Ich ziehe den Ziegel heraus. Ich - ach, du lieber Gott!« Sachs keuchte und torkelte ein, zwei Schritte zurück, wäre fast hingefallen.
    »Was ist?« fragte Rhyme.
    Behutsam ging sie zurück und starrte ungläubig darauf.
    »Amelia. Melden Sie sich.«
    »Es ist ein Knochen. Ein blutiger Knochen.«
    »Menschlich?«
    »Weiß ich nicht«, antwortete sie. »Woher soll ich ...? Ich weiß es nicht.«
    »Noch frisch?«
    »Sieht so aus. Etwa fünf Zentimeter lang und zweieinhalb dick. Da ist Fleisch dran. Er wurde abgesägt. Herrgott. Wer, zum Geier, macht so was -«
    »Regen Sie sich nicht auf.«
    »Was ist, wenn er von einem weiteren Opfer stammt?«
    »Dann sollten wir lieber zusehen, daß wir ihn schleunigst fassen, Amelia. Tüten Sie ihn ein. Plastik für den Knochen.«
    Sie war noch nicht damit fertig, als er fragte: »Weitere fingierte Spuren?« Er klang besorgt.
    »Nein.«
    »Das ist alles ? Haare, ein Knochen und ein Holzsplitter ? Er macht es uns nicht allzu leicht, was?«
    »Soll ich sie zu Ihrem ... Büro bringen?«
    Rhyme lachte. »Er möchte, daß wir die Sache abblasen. Aber nein. Noch sind wir nicht fertig. Wollen doch mal sehen, ob wir nicht noch ein bißchen mehr über unseren Unbekannten Nummer 238 herausfinden.«
    »Aber hier ist nichts mehr.«
    »O doch, Amelia. Seine Adresse und seine Telefonnummer, seine körperlichen Merkmale, seine Wünsche und Zielsetzungen. Sie müssen sich nur umsehen.«
    Sie war wütend über seinen belehrenden Tonfall, daher schwieg sie.
    »Haben Sie die Taschenlampe dabei?«
    »Ich habe meine Halogenlampe für den Dienst -«
    »Nein«, murrte er. »Die Taschenlampen für den Dienstgebrauch werfen einen zu schmalen Lichtstrahl. Sie brauchen den zwölf Volt starken Breitstrahler.«
    »Tja, den hab' ich nicht mitgenommen«, versetzte sie. »Soll ich ihn holen?«
    »Keine Zeit. Untersuchen Sie die Rohre.«
    Sie suchte zehn Minuten

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