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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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hörte. »Wollen Sie das wirklich?« fragte er.
    »Nein. Ich möchte es möglichst lange auskosten.«
    »Ja! Ich glaube, genau das wollen Sie. Sie überlegen sich, wie der Dampf sie zurichten wird. Was empfinden Sie sonst noch?«
    »Ich ...»
    Dann begriff sie allmählich, was er meinte, glaubte es zumindest zu ahnen. Sie sah die schreiende Frau, sah, wie sie weinte, um Hilfe rief. Sah noch etwas anderes ... jemand anderen. Ihn, dachte sie. Den Unbekannten Nummer 238. Aber was war mit ihm los? Sie war kurz davor, es zu begreifen. Was ... was nur? Doch plötzlich verschwand das Bild. War weg.
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie.
    »Haben Sie das Gefühl, daß Sie unter Druck stehen? Oder sind Sie eher kühl und nüchtern bei der Sache?«
    »Ich habe es eilig. Ich muß weg. Jeden Moment könnten die Cops eintreffen. Aber erst will ich noch ...«
    »Was?«
    »Schhh«, ordnete sie an und ließ den Blick wieder durch den Raum schweifen, suchte etwas, was immer es auch sein mochte, das sie auf diese Gedanken gebracht hatte.
    Ihr Blick trübte sich, der Raum verschwamm, wurde schwarz - ein sternenübersäter Nachthimmel. Sie flog durch die Dunkelheit, sah in der Ferne grellgelbe Lichter. Lieber Gott, mach, daß ich nicht in Ohnmacht falle.
    Vielleicht hat er -
    Da! Das ist es! Sachs verfolgte den Verlauf des Dampfrohrs. In einem dunklen Winkel sah sie eine weitere Abdeckplatte. Dort hätte er die Frau viel besser verstecken können - von der Tür aus konnte man diese Stelle nicht sehen -, außerdem war diese Platte nur mit vier Schrauben befestigt, nicht mit acht wie die von ihm gewählte.
    Warum nicht dieses Rohrstück?
    Dann begriff sie.
    »Er will nicht... ich will noch nicht gehen, weil ich sie im Auge behalten möchte.« »Wie kommen Sie darauf?« fragte er, als könnte er die Gedanken lesen, die ihr soeben durch den Kopf gegangen waren.
    »Es gibt noch ein anderes Rohrstück, an dem ich sie hätte anketten können, aber ich habe die ungeschützte Stelle genommen.«
    »Damit Sie sie sehen können?«
    »Ich glaube schon.«
    »Warum?«
    »Vielleicht wollte ich sichergehen, daß sie nicht entkommt. Vielleicht wollte ich mich davon überzeugen, daß der Knebel hält... Ich weiß es nicht.«
    »Gut, Amelia. Aber was bedeutet das? Wie können wir es verwerten?«
    Sachs sah sich um, suchte die Stelle, von der aus er die junge Frau am besten im Blick gehabt hatte. Es war ein dunkler Spalt zwischen zwei großen Heizöltanks.
    »Ja!« sagte sie aufgeregt, als sie den Boden betrachtete. »Er war hier.« Sie vergaß das Rollenspiel. »Er hat den Boden gefegt.«
    Sie suchte den ganzen Bereich mit dem grünlich schimmernden Polilight ab.
    »Keine Fußspuren«, sagte sie enttäuscht. Doch als sie das Gerät anhob, um es auszuschalten, leuchtete an einem der Tanks ein verschmierter Fleck auf.
    »Ich habe einen Abdruck!« meldete sie.
    »Einen Abdruck?«
    »Wenn man sich am Tank abstützt und vorbeugt, kann man die Frau besser sehen. Genau das hat er gemacht, da bin ich mir ganz sicher. Aber er ist irgendwie merkwürdig, Lincoln. Er ist... verunstaltet. Seine Hand.« Sie erschauderte, als sie den monströsen Ballenabdruck sah.
    »Im Koffer ist eine Sprayflasche mit der Aufschrift DFO. Es ist ein Lumineszenzmittel. Sprühen Sie den Abdruck damit ein, richten sie das Polilight darauf und fotografieren Sie ihn mit der Eins-zu-Eins-Polaroid.«
    Sie sagte ihm Bescheid, sobald sie damit fertig war, worauf er fortfuhr: »Nun nehmen Sie den Spurenstaubsauger und saugen damit den Boden zwischen den Tanks. Wenn wir Glück haben, hat er sich ein Haar ausgezupft oder einen Fingernagel abgekaut.«
    Meine Angewohnheiten, dachte Sachs. Daran war unter anderem ihre Karriere als Fotomodell gescheitert - an einem blutigen Fingernagel, einer entzündeten Augenbraue. Ein ums andere Mal hatte sie versucht, es sich abzugewöhnen. Schließlich hatte sie entmutigt aufgegeben, bestürzt darüber, daß eine einzige kleine Angewohnheit einen derart entscheidenden Einfluß auf den weiteren Verlauf des Lebens haben konnte.
    »Tüten Sie den Staubsaugerfilter ein.«
    »In eine Papiertüte?«
    »Ja, Papier. Nun zur Leiche, Amelia.«
    »Was?«
    »Nun ja, Sie müssen doch die Leiche untersuchen.«
    Ihr wurde flau im Magen. Jemand anderer bitte. Bitte, laß das jemand anderen machen. »Erst wenn der Polizeiarzt damit fertig ist. So lautet die Vorschrift.«
    »Heute gelten keine Vorschriften, Amelia. Wir halten uns an unsere eigenen Regeln. Der Polizeiarzt kann sie

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