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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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»Darüber sollten wir nachdenken. Alt...«
    Sein Blick wanderte zu dem Randeischen Meßtischblatt. Er hatte zuvor schon auf das Interesse des Unbekannten für das historische New York hingewiesen. Auch das Haus, in dem T. J. Colfax gestorben war, war alt. Desgleichen der Eisenbahntunnel, in dessen Nähe die erste Leiche gefunden worden war. Früher waren die Züge von und zur Central Station oberirdisch verkehrt. Aber es hatte derart viele Unfälle an den Übergängen gegeben, daß die Eleventh Avenue den Beinamen Death Avenue, die Todesmeile, erhalten hatte und die Eisenbahn sich schließlich gezwungen sah, die Gleise unter die Erde zu verlegen.
    »Und die Pearl Street«, sagte er nachdenklich zu sich selbst, »war seinerzeit eine große Seitenstraße. Warum interessiert er sich so für alte Orte?«

Unbekannter Nr. 238
    Aussehen
    Weiß, männlich, schmächtig
    Dunkle Kleidung
    Skimaske? Marineblau?
    Alte Handschuhe,
   rötlich. Ziegenleder
    Aftershave: um anderen
   Geruch zu überdecken?
    Aufenthaltsort
    Wahrsch. sicherer Unterschlupf
    Fahrzeug
    Gelbes Taxi
    Sonstiges
    Kenntn. TO-Arbeit
    evtl. vorbestraft
    Kenntn. Fingerabdr.
    Waffe = . 32er Colt
    Vorliebe für »Altes«
     
     
    Er wandte sich an Sellitto. »Ist Terry Dobyns noch bei uns?«
    »Der Psychofritze? O ja. Wir haben letztes Jahr gemeinsam einen Fall bearbeitet. Da fällt mir was ein - er hat sich nach dir erkundigt. Hat gesagt, er hätte ein paarmal angerufen, aber du hättest nie -«
    »Ja, ja, schon gut«, sagte Rhyme. »Hol ihn her. Ich möchte seine Meinung zum Verhaltensmuster von Nummer 238 hören. Nun, Amelia, was haben Sie sonst noch gedacht?«
    Sie zuckte die Achseln, aber viel zu lässig. »Gar nichts.«
    »Nichts?«
    Und wo verbarg sie ihre Gefühle? fragte er sich, und er mußte daran denken, was Blaine einmal gesagt hatte, als sie beim Bummeln auf der Fifth Avenue eine hinreißende Frau gesehen hatten. Je schöner die Schale, desto schwerer geht sie ab.
    »Ich weiß nicht... Na schön, ich kann mich noch an was erinnern. Aber es ist völlig unbedeutend. Es war keine objektive Beobachtung. Nichts Professionelles.«
    Professionell...
    Einfach höllisch, wenn man sich seine eigenen Maßstäbe setzt, was, Amelia?
    »Raus damit«, sagte er.
    »Sie wollten doch, daß ich mich in ihn hineinversetze. Und dabei hab' ich entdeckt, von wo aus er sie sehen konnte.«
    »Machen Sie weiter.«
    »Na ja, ich habe gedacht...« Einen Moment lang schien es, als stiegen ihr die Tränen in die Augen. Sie waren leuchtend blau, stellte er fest. Sie hatte sich sofort wieder im Griff. »Ich habe mich gefragt, ob sie einen Hund hat. Die Colfax, meine ich.«
    »Einen Hund? Warum haben Sie sich das gefragt?«
    Sie zögerte einen Moment. »Ich habe an einen Freund gedacht«, sagte sie. »Ist ein paar Jahre her. Wir haben uns darüber unterhalten, ob wir uns einen Hund zulegen sollen, wenn wir ... also wenn wir zusammenziehen. Ich wollte schon immer einen haben. Einen Collie. Es war komisch. Genau so einen wollte mein Freund auch. Schon bevor wir uns überhaupt gekannt haben.«
    »Ein Hund.« Rhymes Herz schlug ein paar Takte schneller. »Und?«
    »Ich dachte, daß die Frau -«
    »T. J.«, sagte Rhyme.
    »T. J.«, fuhr Sachs fort. »Ich dachte, wie traurig es wäre, wenn sie Haustiere hätte, weil sie nicht mehr heimkommen und mit ihnen spielen würde. Ich habe nicht an ihre Freunde gedacht oder an ihren Mann. Ich habe an Tiere gedacht.«
    »Aber warum ausgerechnet Hunde, Haustiere? Warum?«
    »Ich weiß nicht, warum.«
    Schweigen.
    »Vermutlich, weil sie festgebunden war«, sagte sie schließlich. »Und ich habe daran gedacht, daß er weiter hinten stand und sie beobachtet hat. Genau zwischen den beiden Öltanks. Es war, wie wenn er ein Tier im Pferch beobachtet.«
    Rhyme warf einen Blick auf die Sinuskurven am Monitor des GCMS.
    Tiere...
    Stickstoff...
    »Mist!« stieß Rhyme aus.
    Alle drehten sich zu ihm um.
    »Es ist Mist.« Er schaute auf den Monitor.
    »Ja, natürlich!« sagte Cooper und strich seine Haare wieder glatt. »Der Stickstoff. Es ist Kot. Viehmist, und ziemlich alter überdies.«
    Plötzlich hatte Lincoln Rhyme eine Eingebung, so wie früher. Der Gedanke war ihm einfach durch den Kopf geschossen. Er hatte Lämmer vor Augen.
    »Lincoln, alles in Ordnung?« fragte Sellitto.
    Ein Lamm, das die Straße entlanglief.
    Es war, wie wenn er ein Tier...
    »Thom«, sagte Sellitto, »fehlt ihm was?«
    ...im Pferch beobachtet.
    Rhyme sah das arglose Tier.

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