Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt
Partner willen stimmte Connor schließlich zu. An einem kalten Morgen im November fuhren sie nach Evangeline Parish in Louisiana, stellten den Wagen auf der Lone Pine Road ab und gingen zu Fuß in den Wald. Zu der Jagdgesellschaft gehörten auch ein anderer Sohn von Doris namens David Perry, ein Mann namens Michael Fornier, der kurz zuvor vorzeitig aus einem Bundesgefängnis entlassen worden war, und der junge Darryl.
Connor kehrte von seinem ersten und einzigen Jagdausflug in einem Leichensack zurück. Die Geschichte, die Rubenstein und die anderen erzählten, zeichnete das klassische Bild eines tragischen Jagdunfalls: Als Fornier über einen umgestürzten Baumstamm kletterte, entglitt ihm seine zwölfschüssige Schrotflinte. Der Gewehrkolben schlug auf den Boden, und ein Schuss löste sich. Connor, der unmittelbar vor Fornier stand, wurde mitten in den Rücken getroffen. Der Schrot drang in den Brustkorb und durchlöcherte sein Herz.
Diese Geschichte erzählte Rubenstein nicht nur den Wildhütern und dann der Polizei, sondern auch einem Versicherungsvertreter der Mutual of New York, die den Vertrag über 240 000 Dollar abgeschlossen hatte. Aber die Versicherung hatte eine schlechte Nachricht für Rubenstein: Er konnte die Versicherungsleistung noch nicht beanspruchen. Wie viele Lebensversicherungen, so beinhaltete auch diese eine zweijährige Wartezeit. Connors Tod war um 21 Monate zu früh gekommen.
Daraufhin strengte Rubenstein einen Prozess gegen Mutual of New York an. Er behauptete, man habe ihn über die Wartezeit nicht informiert. In der Gerichtsverhandlung rief die Versicherungsgesellschaft als Zeugen einen Sachverständigen auf: Dr. Ronald Singer, einen forensischen Pathologen aus Texas und Experten für Ballistik. Dieser machte auf den Winkel von Ein- und Austrittsöffnungen aufmerksam und erklärte dann, die Schrotflinte könne unmöglich losgegangen sein, als ihr Kolben auf dem Boden aufschlug. Nach Singers Angaben musste sich das Gewehr auf Schulterhöhe befunden haben, um die tödliche Verletzung hervorzurufen. Mit anderen Worten: Die Waffe war nicht zufällig zu Boden gefallen. Sie wurde sorgfältig auf ihr Ziel gerichtet, gespannt und abgefeuert.
Als Officer Applewhite die Vorgänge um Connors Tod und den Lebensversicherungsvertrag erfuhr, fielen ihm sofort die Parallelen zum Tod von Krystal Perry auf. Ebenso bemerkte er auch einen entscheidenden Unterschied: In Krystals Fall hatte sich der grausige Tod unmittelbar nach Ende der zweijährigen Wartezeit ereignet - und erst dann war Anspruch auf die Versicherungsleistung erhoben worden. Für Applewhite sah es so aus, als habe Rubenstein aus seinem Fehler im Jahr 1979 gelernt und sorgfältig darauf geachtet, beim zweiten Mord alles richtig zu machen. Bemerkenswerterweise deutete mein gerichtsmedizinischer Bericht darauf hin, dass die Morde irgendwann um den 15. November begangen wurden, ein Datum, das fast genau mit einem der von ihm eingestandenen Besuche bei der Hütte zusammenfiel.
Ein ganzes Jahr lang sammelte Applewhite Indizien gegen Rubenstein. Als er dann aber mit seinen Erkenntnissen zum Distriktsanwalt des Kreises Pike ging und ihn drängte, Rubenstein festnehmen zu lassen, erhielt er nicht die gewünschte Antwort. Der Staatsanwalt Dun Lampton erklärte, er könne den Fall Perry nur mit handfesten Beweisen weiterverfolgen, und Applewhite habe nur indirekte Indizien in der Hand. Die Viertelmillion Dollar war zwar zugegebenermaßen ein starkes Motiv, und Rubenstein hatte auch früher schon eindeutig fragwürdige Geschäfte gemacht, Versicherungen betrogen und vermutlich sogar einen Mord begangen. Außerdem hatte er sicher mehr als genug Gelegenheiten gehabt, die Familie Parry umzubringen: Immerhin gehörte ihm die Hütte, und er selbst hatte die drei dorthin gebracht. Und er hatte sogar gestanden, dass er später noch zweimal bei der Hütte gewesen war. Aber das alles war kein hieb- und stichfester Beweis seiner Schuld.
Applewhite war verblüfft und frustriert. Als er Darryls leiblichem Vater Mack Perry berichtete, dass man gegen Rubenstein keine Anklage erheben werde, fing dieser an zu weinen. Aber Applewhite versprach ihm, die Sache nicht auf sich beruhen zu lassen. Er blieb Rubensteins Versicherungsbetrug und anderen Gaunereien weiterhin auf der Spur, und der Berg der Indizien wuchs weiter. Im September 1995 erfuhr Applewhite zu seinem Erstaunen, dass eine weitere Person aus Rubensteins Umfeld zu Schaden gekommen war: Laron Rosson, ein
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