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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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Leiche selbst stank nicht allzu sehr, aber die Kleidung strömte einen starken Verwesungs- und Ammoniakgeruch aus. Trotz des verrotteten, verfärbten Stoffes war die Jeanshose ohne weiteres zu erkennen. Das Hemd fiel ebenfalls bereits auseinander, es war aber offensichtlich rot-grün kariert gewesen. Nach Lisas Angaben hatte die Familie Harden den Bestattungsunternehmer gebeten, Chigger in seiner Lieblingskleidung zu bestatten: Blue Jeans und ein kariertes Hemd.
    Wenn wir Glück hatten, würden wir noch ein letztes Stück finden, das eine eindeutige Identifizierung erlaubte: die Kugel, die sein Bruder ihm vor über 25 Jahren in die Brust geschossen hatte. Jetzt in den Überresten danach zu suchen war schwierig und zeitaufwändig. Bessere Aussichten, das Geschoss zu finden, bestanden nach meiner Ansicht im Anschluss an die Einäscherung, wenn ich die Asche durchsieben konnte.
    Als draußen die Sonne hinter den Hügeln von Tennessee und ihrem rotgoldenen Laub unterging, zog ich den Leichensack über dem schmierigen Skelett wieder zusammen; eine schnelle Bewegung, und der Sack glitt in den Ofen. Helen Taylor schob die Tür hoch, verriegelte sie und schaltete das Gebläse ein. Wenige Sekunden später hörte ich ein leises Wumm , als das Gas gezündet wurde.
    Neblig und kalt dämmerte der nächste Morgen herauf. Ich stand wieder in der Halle der East Tennessee Cremation und spürte, welche Wärme vom Mauerwerk des Ofens immer noch ausging. Die Einäscherung hatte nur wenige Stunden gedauert, aber die Reste waren über Nacht im Ofen geblieben, sodass ich die verbrannten Knochen an Ort und Stelle untersuchen konnte. Ich schob die Ofentür auf und leuchtete mit einer Taschenlampe in die lange, dunkle Brennkammer. Die Knochen, die dort lagen, zeigten immer noch die Umrisse eines menschlichen Skeletts. Die langen Arm- und Beinknochen waren ebenso wie das Becken zerbrochen, aber vollständig, und die zerbröckelten Überreste der Rippen ließen noch die Form des Brustkorbes erkennen. Am eindeutigsten menschlich war der Schädel. Als ich ihn berührte, zerbrach er sofort in kleine Stücke.
    Mit einem langstieligen Besen und einer großen Müllschaufel fegte Helen Taylor die Knochenstücke und die Asche zusammen. Sie breitete alles auf einem Arbeitstisch unter einer Rauchabzugshaube aus, sodass ich das Material durchsieben konnte. Zwischen verkohlten Knochenstücken und der weichen Asche lagen Dutzende von rostigen Stahlklammern; sie hatten zwei Jahre zuvor die Pappkiste zusammengehalten, in der die Leiche beim Tri-State Crematory eingetroffen war. Helen gab mir einen großen, schweren Magneten und zeigte mir, wie man ihn durch die Asche ziehen muss, um die Klammern herauszufischen.
    Der Magnet war so schwer, dass er mit Ausnahme der größten Knochenstücke alles zermalmte; die federleichten, zerbrechlichen Brocken erinnerten an das luftige, brüchige Baisergebäck, das man aus gesüßtem Eischnee herstellt. Überall zwischen den Resten lagen winzige Klumpen aus einem formlosen, glasartigen Material - vermutlich zusammengeschmolzene Knöpfe oder andere Teile der Kleidungsstücke, die zusammen mit der Leiche verbrannt waren. Während ich das Material durchsiebte und dabei Stücke aussortierte, die ganz offensichtlich nicht menschlichen Ursprungs waren, hielt ich angestrengt Ausschau nach einer Pistolenkugel, oder genauer gesagt nach einem Klumpen aus geschmolzenem Blei, der früher einmal eine solche Kugel gewesen war. Aber ich fand nichts, was auch nur entfernt so aussah.
    Die letzte Stufe der Einäscherung bestand darin, die verbliebenen Knochen in Pulver zu verwandeln. In manchen Resten aus dem Tri-State Crematory, die ich untersucht hatte, waren noch große Knochenbruchstücke enthalten gewesen. Glaubte man den Presseberichten, hatte die Familie Marsh große Stücke mit einem Schlagholz oder einfach mit einem großen Brett zerkleinert. Daraufhin hatte ich mit den Überresten einer anderen Leiche, die ich von Bill Brown erhalten hatte, selbst ein Experiment durchgeführt: Ich hatte ein paar verbrannte Knochen in Carols Küchenmixer gegeben - ein altes Modell von Hamilton Beach - und das Gerät eingeschaltet. Die Folge war entsetzlicher Krach - der einerseits aus dem Mixer kam, andererseits aber auch von Carol. (Nachdem ich für Ann zweimal einen neuen Herd gekauft hatte, sollte man eigentlich meinen, ich hätte gelernt, Haushaltsgeräte nicht für meine Forschungsarbeiten zu benutzen. Wie ich wohl nicht besonders zu betonen

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