Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt
Mittlerweile habe ich gehört, Fat Sam sei während seiner Haft religiös geworden und habe sich außerdem zu einem begeisterten Gärtner und Hobbybotaniker entwickelt. Außerdem hat man mir erzählt, sein Spitzname treffe immer noch zu.
Am schlimmsten erging es Big Daddy Turner. Man bot ihm eine Strafe von nur zwei Jahren an, wenn er sich wegen einiger kleiner Vergehen schuldig bekannte, aber er lehnte ab und wollte seine Chance vor einem Geschworenengericht nutzen. Das Glücksspiel ging schlecht für ihn aus: Er wurde wegen der Entführung zu 40 Jahren verurteilt - doppelt so viel wie Fat Sam - und zusätzlich zu lebenslanger Haft für in Tateinheit begangenen Mord. Nach mehreren Berufungsverhandlungen bekannte er sich des schweren Menschenraubes in zwei Fällen und des »hilfsweise begangenen« Mordes für schuldig, aber auch für diese drei Verbrechen erhielt er eine Gefängnisstrafe von 45 Jahren. Turner hatte sozusagen die Tür Nummer 2 gewählt, und dahinter befanden sich stählerne Gitterstäbe, und zwar für viele Jahre. Die Hoffnung von Earl Carroll dagegen erfüllte sich: Er kam mit der geringsten Strafe davon. Aus der Zeitung erfuhr ich, dass die Staatsanwaltschaft nur ein Strafmaß von zwei bis zehn Jahren gefordert hatte. Meine Freunde von der Polizei haben mir erzählt, er sei seitdem mindestens einmal erneut verhaftet worden, aber derzeit befindet er sich ganz buchstäblich auf einem neuen, steinigen Weg: Er arbeitet als Lastwagenfahrer.
Wie sich herausstellte, war Montys Cadillac einige Kilometer entfernt auf einem Feld bestattet worden, auf dem Fat Sam später in großem Stil Marihuana anbaute. Die Polizei von Tennessee hatte auf dem Acker eine Razzia durchgeführt und die Pflanzen vernichtet; als der Polizeibeamte Bill Coleman die Zerstörung der Pflanzen beaufsichtigte, saß er durch einen verblüffenden Zufall gerade auf dem Erdhügel, den sie mit einem Bulldozer über den Cadillac geschoben hatten. Nachdem man den Wagen dann ausgegraben hatte, wurde er zur Untersuchung ins kriminaltechnische Labor nach Nashville gebracht. Fat Sam hätte sich nicht die Mühe zu machen brauchen, den Wagen zu beerdigen: Die Kriminaltechniker fanden darin keinerlei Blutflecken und auch sonst keine belastenden Indizien.
Wo der Rest von Montys Leiche geblieben ist, habe ich nie erfahren. Nachdem Earl und B. R. ihn in dem flachen Grab verscharrt hatten, soll Fat Sam angeblich hingefahren sein, um sich das Werk anzusehen, und die Besichtigung fiel nicht zu seiner Zufriedenheit aus; offensichtlich lag die Leiche noch fast völlig frei. Wie ein altes Sprichwort sagt: Wenn du willst, dass etwas richtig gemacht wird, mach es selbst. Fat Sam mochte als Grabräuber nicht besonders gründlich gewesen sein, aber in jedem Fall konnte er seine Zunge besser im Zaum halten als Earl Carroll.
Von den »Silberbarren«, die den Anlass für den Mord gegeben hatten, wurden 31 Stück schließlich in einem Bach im ländlichen Kreis Giles gefunden, nicht weit von Montys ursprünglichem Grab entfernt. Sie lagen genau da, wo man sie nach Angaben von Earl Carroll abgeladen hatte. Bill Coleman, der mittlerweile pensionierte Beamte der Kriminalpolizei von Tennessee, nahm sich einen davon als Andenken mit. Liz Hudson, Montys schöne Witwe, ließ sich in Nashville nieder, nahm eine Stelle bei einer der vielen Musikfirmen an und zog schließlich mit einem Countrymusic-Komponisten zusammen. Irgendwie scheint alles zu passen. Mittlerweile rechne ich jeden Tag damit, dass ich im Radio eine melancholische Ballade über Fat Sam und Cadillac-Joe zu hören bekomme. Sollte es jemals so kommen, wird Monty am Ende doch noch ein Vermögen verdienen - nicht ganz auf die beabsichtigte Weise, aber vielleicht in viel größerem Maßstab. Durch die Alchemie der Countrymusic könnten sich seine Zinkbarren in Gold oder sogar Platin verwandeln. Ich glaube, das hätte ihm gefallen.
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Auf dem Fundament der Wissenschaft
W enn Menschen Morde begehen, bin ich immer wieder verblüfft über das Wie und Warum - aber auch über die immer neuen Verfahren, mit denen Kriminologen solche Verbrechen aufklären. Und ich kann voller Stolz behaupten: Manche dieser Methoden werden von Männern und Frauen entwickelt, die ich ausgebildet habe.
Am 20. September 1991 rief mich Jim Moore an, ein Beamter der Kriminalpolizei von Tennessee. Er war in Crossville stationiert, einer Kleinstadt rund 100 Kilometer westlich von Knoxville. Nicht weit von dem Ort entfernt hatte man im
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