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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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der Lunge behalten, und dann sagt der Palfinger: «Darf ich fragen, ob Sie im Rahmen Ihrer Ermittlungen auf eine Spur von meinem verschwundenen Freund Horvath gestoßen sind?»
    Es ist ein eisernes Gesetz. Die Leute, die behaupten, daß sie dir was erzählen wollen, wollen dich in Wahrheit ausfragen. Und die anderen, die so tun, als hätten sie nur ganz eine kleine Frage, wollen dir immer weiß Gott was erzählen.
    «Meinen Sie den Künstler Horvath?»
    «Für andere ist er vielleicht der Künstler Horvath. Für mich ist er mein Freund Horvath.»
    «Und für wen ist er der Künstler?» hat der Brenner gefragt. Weil du bist als Detektiv nicht dazu da, dich von anderen ausfragen zu lassen.
    «Für seinen Galeristen ist er der Künstler. Und für die Kunstsammler. Allen voran der Marko.»
    «Für die ist er kein Freund?»
    «Macht man einen Freund sofort zu Geld, kaum daß er von der Bildfläche verschwunden ist?»
    «Soll schon vorgekommen sein.»
    «Der Herr Galerist Haselsteiner und der Herr Kunstsammler Marko haben es nicht erwarten können, daß sie den großen Horvath-Ausverkauf organisieren.»
    «Auf die beiden sind Sie also nicht gut zu sprechen», sagt der Brenner.
    «Welcher Künstler ist schon gut auf seinen Galeristen und auf seinen größten Sammler zu sprechen?»
    «Sie sind also auch ein Künstler.»
    «Julius Palfinger», stellt sich der jetzt schon zum zweiten Mal dem Brenner vor und gibt ihm wieder die Hand. Aber dieses Mal sagt er noch dazu: «Großer österreichischer Staatspreis für bildende Kunst. Peggy-Guggenheim-Museum, Tate Gallery, Biennale, Documenta. München, Berlin, Zürich.»
    «München, Berlin, Zürich?» sagt der Brenner. «Das kenne ich vom DKT-Spielen.»
    Und wirklich wahr, eine Zeitlang haben sie im Nachtdienst nicht Mau-Mau, sondern DKT gespielt.
«Das kaufmännische Talent»,
wo man Grundstücke und Häuser und Hotels kauft. Aber so eine DKT-Runde dauert zu lange, wenn man zwischendurch immer wieder einen Einsatz hat. Und so ist es bald wieder aus der Mode gekommen, und sie haben wieder die Mau-Mau-Karten herausgeholt.
    «Und?» schreckt der Palfinger den Brenner aus seinen Gedanken auf. «Haben Sie irgendwas über meinen Freund Horvath gehört?»
    «Zuerst muß ich überhaupt einmal meine Auftraggeberin finden.»
    «Und was ist mit dem Ortovic?»
    Der Brenner hat nur mit den Schultern gezuckt und den Palfinger gefragt: «Kennen Sie seine Freundin, die Jurasic Helene?»
    «Ich kenne jede Nutte in Österreich.»
    Nicht nachfragen. Der Palfinger hat seine Zigarette so genau ausgedämpft, als wollte er die Feinmechaniker-Olympiade damit gewinnen. Und dann hat er gesagt: «Wenn ich Ihnen sage, wo die Jurasic ist, sagen Sir mir dann, wo der Horvath ist?»
    «Okay.»
    Normalerweise hätte der Brenner nie «okay» gesagt, und daran hast du erkennen können, daß er gelogen hat. Weil er hat ja in diesem Moment noch überhaupt keine Ahnung gehabt, wo der Horvath steckt. Er hat nicht einmal richtig den Verdacht gehabt, die gefundenen Knochen könnten vom Horvath sein.
    «Die Helene ist nach Wien hinauf verschwunden», sagt der Palfinger.
    «Woher wissen Sie das?»
    «Im Puff gibt es kein
Sie.»
    Die Freundlichkeit vom Palfinger ist jetzt wieder ein bißchen im Abklingen gewesen: «Und wo ist der Horvath?»
    «Tot.»
    Der Brenner hat es nur gesagt, weil er gefürchtet hat, wenn er zugibt, daß er keine Ahnung hat, macht der Palfinger wieder einen Rambazamba.
    Und ist vielleicht wirklich besser so gewesen. Weil so ist der Palfinger ganz ruhig geblieben und hat sich in den nächsten Stunden nur noch mit Jackys bester Ernte unterhalten. Bis um halb vier die Musik ausgegangen ist. Weil das kennst du vielleicht, wie leise es auf einmal ist, wenn in einem Lokal in der Früh die Musik ausgedreht wird. Und in dem Moment hat man erst wieder die leise Stimme vom Palfinger gehört: «Glück und Gras, wie leicht beißt man in das.»
    Er hat es nur leise zu sich selber gesagt. Aber der Brenner hat es drei Tische weiter noch gehört. Obwohl er gerade mit einer Kollegin von der Angie die Maturafragen besprochen hat.
     

7
    Vielleicht wäre die ganze Geschichte anders gekommen, wenn der Brenner gleich am nächsten Tag nach Wien gefahren wäre und die Freundin vom Ortovic gesucht hätte. Aber nach Wien sind es immerhin vier Stunden, und der Brenner hat sich gedacht, Graz liegt auf dem Weg, und da nütze ich die Gelegenheit.
    Graz ist von Klöch nicht einmal eine Stunde entfernt. Aber trotzdem eine andere

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