Der Koch
war. Jener Abend bei ihm hatte ihr damals keine Ruhe gelassen. Sie hatte die Gewissheit gebraucht, dass alles wirklich nur mit dem Essen zu tun hatte.
Aber sollte sie sich nun nicht zufriedengeben mit der Bestätigung, die ihr das überzeugende Resultat des Versuchs mit Franziska gebracht hatte, die sich übrigens seit jener Nacht verleugnen ließ? Jedenfalls kein Grund, ihre Lebensgestaltung und Veranlagung in Frage zu stellen. Und schon gar keiner, ausgerechnet mit dem Mann, der ihr diese Falle gestellt hatte, eine Arbeits- und Schicksalsgemeinschaft einzugehen. Auch wenn sie es ihm nicht nachtrug - es war etwas, das immer zwischen ihnen stehen würde.
Sie fischte eine Zigarette aus dem Päckchen mit der fetten Todeswarnung. Als Dagmar noch hier wohnte, herrschte Rauchverbot in der ganzen Wohnung. Sie hatten das Rauchen gemeinsam aufgegeben. Aber nach ihrer Trennung hatte Andrea wieder angefangen und sich das Rauchen im Wintergarten erlaubt. Einen Sommergarten besaß sie ja nicht.
Auch die kulturellen Unterschiede zwischen Maravan und ihr würden bald zu Problemen führen. Schon das Detail mit dem »Sri« und dem »Guru« hatte zu einer leichten Verstimmung geführt. »Bitte stell mich nicht als Sri und Guru vor«, hatte er sie höflich, aber mit Nachdruck gebeten. »Wenn meine Leute erfahren würden, dass ich mich so nennen lasse, wäre ich erledigt.«
Nein. Es war eine schlechte Idee, von welcher Seite man es auch betrachtete.
Sie legte ihre Zigarette in den Aschenbecher und sah dem Rauchfaden nach, der dünn und gerade nach oben stieg, bis er von den Fiedern eines Palmblattes durcheinandergebracht wurde.
Vielleicht war es dieses Bild, das sie dazu inspirierte, es trotz allem zu tun.
Ach, dieses eine Mal, dachte sie, könnten sie es ja versuchen.
Die Fensterläden in Maravans Wohnzimmer waren geschlossen, alle Türen und Fenster der Wohnung standen offen und sorgten für etwas Durchzug. Maravan saß, nur mit einem Sarong bekleidet, im Halbdunkel vor seinem Bildschirm und las die Nachrichten aus seiner Heimat.
Die sri-lankische Regierung hatte alle UN- und anderen Hilfsorganisationen angewiesen, die Nordprovinzen bis zum Ende des Monats zu verlassen. Fast eine Viertelmillion Tamilen waren auf der Flucht. Es drohte eine humanitäre Katastrophe.
Ein paar Flugzeuge der Befreiungstiger hatten den Luftwaffenstützpunkt und das Polizeihauptquartier in Vavuniyaas, einer Gegend, die von der sri-lankischen Regierung längst als befreit erklärt worden war, angegriffen und mit Unterstützung von Artillerie das Radarsystem, ein Fliegerabwehrgeschütz und das Munitionslager zerstört und eine unbekannte Anzahl Soldaten getötet.
Die sri-lankische Armee bombardierte daraufhin in der Gegend von Mu'rika'ndi die Nationalstraße A9 und die umliegenden Dörfer. Der Verkehr auf der A9 in Richtung des Checkpoints Oamanthai war lahmgelegt. Es gelangten keine Hilfsgüter und Medikamente mehr über die Kontrollpunkte.
Für Maravan bedeutete das, dass er mehr Geld benötigte. Seine Familie musste sich immer öfter auf dem Schwarzmarkt versorgen, dessen Preise täglich stiegen. Vor allem die für Medikamente.
Dazu kam, dass Ori, der Geldverleiher, bei Zinsverzug happige Strafzinsen erhob und auch gnadenlos eintrieb. Und dass die der LTTE nahestehenden Organisationen ihre Sammelanstrengungen verdoppelten, weil man sich - wie oft schon? - in einer entscheidenden Phase des Befreiungskriegs befände.
Maravan hatte noch immer keine Stelle, und das bisschen, das er sich mit seinen Mothagam zum Arbeitslosengeld dazuverdiente, reichte bei weitem nicht aus, um all seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Seine Lage war also ziemlich verzweifelt, als Andrea anrief und ihm vom ersten Auftrag an
Love Food
berichtete. Er zögerte keine Sekunde.
Seine einzige Frage lautete: »Sind sie verheiratet?«
»Seit bald dreißig Jahren«, war Andreas etwas amüsierte Antwort.
Damit war für Maravan die Sache entschieden.
18
Von der Küche aus sah man die Stadt und den See und die gegenüberliegenden Hügelzüge. Maravan stand an einer schneeweißen Kochinsel unter einem gewaltigen Dampfabzug aus Edelstahl, der nur ein leises Summen von sich gab, wie die Klimaanlage eines Luxushotels. Der große Esstisch mit den zwölf Schalenstühlen, beides ebenfalls in Schneeweiß, war ungedeckt. Das Essen wurde im Nebenraum serviert, einem riesigen Wohnzimmer voller Kunst und ebenfalls einer Glasfront mit Blick auf die Dachterrasse und das Panorama
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