Der Koch
Dekolletes, Minis und Stilettos.
»Scheißmode, diese Saison«, seufzte Scheiben. »Wie erkenne ich jetzt die Nutten?«
»Es sind die, die nicht danach aussehen.«
JANUAR 2009
32
Schon sehr bald sah Andrea Herrn Schaeffer wieder. Sie waren bei den letzten Vorbereitungen für ein
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für vier Personen im Falkengässchen. Bald würden die Gäste eintreffen. Sie wollte gerade die Kerzen anzünden und musste feststellen, dass ihr Feuerzeug kein Gas mehr hatte und die Schachtel Streichhölzer, die für diese Fälle bereitlag, fehlte.
Die Küche hatte keinen Gasherd, in den Schubladen waren keine Streichhölzer und kein Feuerzeug. Sie sah in den Möbeln der anderen Räume nach und fand nichts.
»Ich geh rasch in die Bar gegenüber«, sagte sie zu Maravan, warf sich den Mantel über den Sari, fuhr mit dem Aufzug hinunter, überquerte das Gässchen und besorgte sich beim Barmann ein Briefchen Streichhölzer. Als sie aus der Bar trat, sah sie die beiden kommen, über eine Viertelstunde zu früh. Sie rannte zum Hauseingang und schaffte es vor ihnen. Der Lift war noch unten. Sie fuhr hinauf, warf den Mantel auf einen Küchenstuhl und bat Maravan, die Gäste hereinzulassen, während sie die Kerzen anzündete.
Einen der beiden hatte sie erkannt: Schaeffer, Dalmanns Mädchen für alles. Auch der andere war ihr bekannt vorgekommen.
Als die Kerzen brannten und der Mann sie mit starkem holländischem Akzent begrüßte, wusste sie, woher sie ihn kannte - aus dem Huwyler. Mit Dalmann. Schaefter hatte ihm den Weg gezeigt und war nicht mit heraufgekommen.
Der Holländer versicherte sich, dass er der Erste war, ließ sich den Raum zeigen, in dem gegessen wurde, stieß einen anerkennenden Pfiff aus und bestand darauf, den anderen Gast im Wohnzimmer zu erwarten.
Dieser traf noch vor den Damen ein. Auch ihn hatte sie schon einmal im Huwyler gesehen. Er war ein etwas fülliger Endvierziger mit Igelfrisur. Er trug einen dunkelblauen Businessanzug mit etwas zu kurzen Hosen und schien verlegen.
»Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte er mehrmals, während sie die beiden ins Zimmer führte. Wie Esther Dubois damals beim ersten Testessen.
Staffel hätte problemlos absagen können und bereute es jetzt, es nicht getan zu haben. Er fühlte sich wie bei der ersten Zigarette mit fünfzehn. Seine Eltern wollten ihm zehntausend Franken geben, wenn er bis zwanzig nicht rauchte. Bis heute war er davon überzeugt, dass es diese Abmachung war, die ihn damals hatte schwach werden lassen. Es war ohne Folgen geblieben, sie hatten es nie erfahren. Auch die anderen Male nicht. Und die Zehntausend hatte er während seines Ingenieurstudiums vernünftig investiert, in Hard- und Software.
Noch ein weiteres Mal hatte er sich so gefühlt: in Denver, vor etwa acht Jahren. Er hatte kein Spießer sein wollen und war mitgegangen in einen Club mit Table-Dance. Dort hatte er wohl zu viel getrunken und war morgens um fünf in seinem Hotelzimmer erwacht neben einer unechten Blondine, deren Parfüm er nur mit einer Expressreinigung aus seinem Anzug herausbekommen hatte.
Auch das war ohne Folgen geblieben. Beatrice hatte es nie erfahren.
Bei dem hier würde er ebenfalls dafür sorgen, dass es so verlief.
Dalmann hatte sich bereits kurz nach der zweiten Begegnung im Huwyler gemeldet. Er hatte gesagt, er sei ein Freund von van Genderen, und der sei zufällig dieser Tage im Land und würde ihn gerne persönlich kennenlernen.
Staffel wusste natürlich, wer van Genderen war. Die Nummer zwei von hoogteco, einem großen Zulieferer auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Ein informelles Treffen mit diesem großen holländischen Konkurrenten konnte nicht schaden.
Man hatte sich also zu einem Drink in Dalmanns schönem Haus mit Seeblick getroffen, sich sympathisch gefunden und für den nächsten Abend zu einem Nachtessen zu zweit verabredet.
Sie hatten hervorragend japanisch gegessen, kaum ein Wort über das Geschäft gesprochen und viel gelacht. Van Genderen besaß ein so unerschöpfliches Repertoire von Witzen, wie er es seit Hofer, einem Dienstkameraden in der Rekrutenschule, bei niemandem mehr angetroffen hatte.
Über die mit fortschreitender Stunde immer schlüpfrigeren Anekdoten waren sie dann auf die generell schlüpfrigen Sachen zu sprechen gekommen. Und so war diese Verabredung zu einem, wie es van Genderen nannte, »in jeder Beziehung scharfen Essen« zustande gekommen.
Jetzt, wo ihm in einer luxuriösen Altstadtwohnung von einer hübschen,
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