Der Köder
seiner Kirche, Führer bei den Pfadfindern –
der amerikanische Traum – und verblutete auf dem Boden seines
Badezimmers, nachdem ihn jemand als Zielscheibe benutzt hatte.»
«Verdächtige?»
«Absolut keine. Nach den Berichten in der Akte wurde er von
jedermann geliebt. Schon nach zwei Sekunden kam man bei dem
Fall keinen Schritt weiter.»
Magozzi stöhnte und warf den Ordner auf den Boden. «Die
meisten Kerle hätten an einem freien Sonntag bestimmt was
Besseres zu tun. Zum Beispiel am Lake Calhoun auf einer Bank
sitzen und Bikinis zählen.»
«Was soll's, ich jedenfalls bekämpfe Verbrechen, das ist meine
Berufung.» Gino fuhr sich nachdenklich mit der Hand durch die
kurzen blonden Haarstoppeln und sagte dann: «Außerdem ist es
wahrscheinlich zu früh für Bikinis.»
Der Anruf kam, bevor Magozzi die Beine des Grills mit
Klebeband befestigt hatte. Gino war nach drinnen gegangen, um die Kühlbox auszuräumen, und als er wieder auf die Veranda kam,
strahlte er.
«He, Lust auf 'ne Leiche?»
Magozzi hockte sich auf die Fersen und runzelte die Stirn. «Du
hast in meiner Küche eine Leiche gefunden?»
«Nee. Das Telefon hat geklingelt, und weil ich drin war, habe ich abgenommen. Die Einsatzzentrale hat wahrhaftig einen Mord zu
melden. Uptown in einer Gärtnerei. Die Frau des Besitzers hat ihn heute Morgen bei einem der Treibhäuser gefunden und
angenommen, dass es ein Herzschlag war. Der Typ ging auf die
Fünfundachtzig zu, und was sonst sollte einen Mann dieses Alters
dahinraffen. Also hat sie den Beerdigungsunternehmer angerufen.
Der findet dann ein Einschussloch im Kopf von dem Mann und ruft
die Neun-Eins-Eins an.»
Magozzi betrachtete wehmütig den Grill und seufzte. «Und was
ist mit den Dienst habenden Jungs, die das hätten übernehmen
sollen?»
«Tinker und Peterson. Wollte ich auch sofort wissen. Die waren
gerade zum Bahnhof drüben in Northeast gerufen worden. Fanden
dort einen armen Teufel, der an den Schienen festgebunden war.»
Magozzi verzog das Gesicht.
«Keine Sorge. Er wurde nicht vom Zug überfahren.»
«Also ist er okay?»
«Nein, er ist tot.»
Magozzi sah ihn erwartungsvoll an.
«Sieh mich nicht so an. Mehr weiß ich auch nicht.» Er schreckte
auf, als seine Hemdtasche plötzlich eine blecherne Version von
Beethovens Fünfter ausspuckte.
«Was ist das?»
Gino zog sein Handy aus der Tasche und drückte hektisch auf die
Tasten, die für seine Wurstfinger viel zu winzig waren. «Verflucht noch mal. Helen programmiert diese dämlichen Klingeltöne, weil sie genau weiß, dass ich keine Ahnung habe, wie man sie ändert.»
Magozzi grinste. «Lustig.»
Beethoven meldete sich noch mal.
«Vierzehnjährige sind nur lustig, wenn sie zu jemand anders
gehören… Scheiße. Ich werde so ein Ding erfinden, das dicke fette Tasten hat, und mich damit dumm und dusslig verdienen… Hallo,
hier ist Rolseth.»
Magozzi stand auf und wischte sich Rost von den Händen. Er
hörte kurz zu, wie Gino ins Telefon grunzte, und ging dann nach
drinnen, um alles abzuschließen. Als er wieder auf die Veranda kam, hatte Gino bereits seine Waffe aus dem Auto geholt und befestigte sie an dem Gürtel, der seine Bermudashorts beinahe oben hielt. Er sah aus wie ein bewaffneter, gefährlicher Tourist.
«Ich nehme an, du besitzt keine Hosen, die mir passen.»
Magozzi lächelte ihn nur an.
«Halt bloß die Klappe. Das war Langer am Telefon. Er und
McLaren wurden gerade zu einem vermutlichen Mord gerufen.
‹Vermutlich› heißt in diesem Fall, dass jemand mit einigen Litern Blut eine Wohnung neu gestaltet hat. Aber es gibt keine Leiche. Und nun rate mal.»
«Er will, dass wir übernehmen?»
«Nein. Die Zentrale hat ihm gesagt, dass wir die Sache in der
Gärtnerei übernehmen, deshalb hat er angerufen. Das blutige Haus
steht nur ein paar Blocks entfernt.»
Magozzi zögerte. «Das ist doch eine anständige Gegend.»
«Stimmt. Nicht gerade ein Schlachtfeld, und ganz plötzlich haben
wir dort zwei potenzielle Morde an einem Tag. Und noch was
kommt hinzu. Der Typ, der in dem Haus wohnt, ist – oder war –
auch schon über achtzig, genau wie unser Typ.»
Magozzi dachte einen Augenblick darüber nach. «Glaubt Langer,
es handele sich um eine Tathäufung? Dass da ein Irrer unterwegs ist und alte Leute umbringt?»
Gino zuckte die Achseln. «Er wollte uns nur vorwarnen. Meinte,
wir sollten in Kontakt bleiben für den Fall, dass irgendwas
zusammenpasst.»
Magozzi warf einen
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