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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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und auf dem Foto sind kleine
    Mädchen in weißen Kleidern zu sehen und kleine Jungs in Anzügen,
    und mittendrin befindet sich der große Schmock höchstpersönlich,
    und allesamt knien sie vor einem Kreuz, an dem dieser arme tote
    Jude hängt.»
    Marty blinzelte sie an und fragte sich, ob dieser letzte Drink
    endgültig sein Hirn aufgeweicht hatte, denn irgendwas war ihm
    zweifellos entgangen. «Wovon redest du? Was für ein Bild?»
    Lily ignorierte seine Frage. «Unten auf dem Foto steht zu lesen:
    Jack Gilbert, Erste Kommunion, und dann der Name irgendeiner
    lutheranischen Kirche.»
    «Was? Jack ist konvertiert? »
    Sie nippte an ihrem Scotch und sagte nichts.
    «Das ergibt keinen Sinn. Jack hat nicht einmal an Gott geglaubt.»
    Lily sah ihn an, als sei er ein Idiot. «Das hatte nichts mit Gott zu tun. Es ging Jack einzig und allein darum, uns einen Schlag ins
    Gesicht zu versetzen und seiner Familie den Rücken zu kehren, nur weil er einen dummen Streit mit seinem Vater hatte. Zwei Wochen
    später bekommen wir dann ein Hochzeitsfoto. Derselbe Ort, dasselbe Kreuz, ein größeres Mädchen in einem größeren weißen Kleid. Noch
    ein Schlag ins Gesicht, und der Feigling benutzte dazu Fotos.»
    Marty fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, als könne er
    dadurch eine untätige Gehirnzelle stimulieren, ihm dabei behilflich zu sein, zu verstehen, was er gerade gehört hatte. Jack hatte seine Unzulänglichkeiten, und es waren nicht wenige, aber Marty hatte nie den Eindruck gehabt, dass er jemandem absichtlich wehtun konnte,
    am allerwenigsten seinen Eltern. Außerdem wollte es ihm nicht
    einleuchten, dass Jack Lily dafür bestrafen wollte, dass er sich mit Morey gestritten hatte. «Ich kann das nicht glauben.»
    «Wäre auch eine Riesenüberraschung. Ich versuche es seit mehr
    als einem Jahr und krieg's nicht in den Kopf.»
    «Du hättest Jack zur Rede stellen sollen.»
    «Ich habe es dir doch gesagt: Jack wollte nicht mit mir sprechen.
    Morey wollte nicht mit mir sprechen. Ihr Männer, ihr veranstaltet diesen Unsinn, und wir Frauen leiden darunter und erfahren nie den Grund.»
    Marty beobachtete, wie sie aus ihrem Glas trank, und war nach
    all den Jahren immer noch töricht genug, im Gesicht der alten Frau auch nur die Spur einer Emotion entdecken zu wollen. Er wusste,
    dass in ihr zweifellos Gefühle schlummerten, aber er wusste auch, dass er sie nie zu sehen bekommen würde. Sollte Lily Gilbert jemals zu weinen anfangen, würde sie wahrscheinlich nie wieder aufhören
    können.
    «Okay, ich werde mit dem kleinen Mistkerl reden», sagte er.
    «Gut.»
    «Und es tut mir leid, dass er dich so verletzt hat.»
    «Und diese ganze Zeit bin ich die Böse. Übrigens hat Sol heute
    Abend angerufen, als du das Gewächshaus zugemacht hast. Weißt
    du, dass du einer der Sargträger bist?»
    «Ich weiß.»
    Sie lächelte verhalten. «Morey hat sich seinen Sarg schon vor
    Jahren ausgesucht. Er ging immer ins Beerdigungsinstitut, um mit
    Sol Poker zu spielen, und eines Tages kommt er nach Hause und
    sagt: ‹Lily, ich habe mir heute meinen Sarg ausgesucht. Er ist aus Bronze und schwer, und die Sargträger werden sich die Rücken
    verrenken, wenn sie mich schleppen. Das wird Harvey, dem
    Chiropraktiker, zugute kommen. Seine Geschäfte laufen schlecht›.»
    Marty schmunzelte, denn das klang wahrhaftig nach Morey. «Ich
    wusste gar nicht, dass er Poker spielte.»
    «Er spielte nur mit Sol, weil er gegen ihn gewinnen konnte. Und
    manchmal noch mit diesem Individuum Ben.»
    «Wer ist Ben?»
    «Ein Niemand.»
    «Du kannst ihn nicht leiden?»
    «Ein Blödmann ist das. Ein echter Stinker.»
    «Und Morey mochte ihn?»
    Lily zuckte die Achseln. «Du kennst doch Morey. Er war ein
    hoffnungsloser Fall. Er mochte jeden, ob der's nun verdiente oder nicht. Außerdem kannten sie sich schon seit ewigen Zeiten.»
    «Komisch, dass ich ihn nie kennen gelernt habe.»
    «So nahe standen sie sich auch wieder nicht. Meistens gingen sie
    angeln. Zwei-, dreimal im Jahr, und ab und zu eine Pokerrunde.»
    Marty drehte den Kopf sehr langsam, um sie anzusehen. «Morey
    ging angeln?»
    «Natürlich tat er das – stell den Ton an. Schnell.» Sie rutschte
    vor, um die Füße auf den Boden zu setzen. Dann stützte sie die
    Ellbogen auf die Knie und sah gebannt auf den Bildschirm. «Sieh
    nur, es gibt Extra-Innings.»
    Marty sah sie völlig verblüfft an. «Du magst Baseball?»
    Sie griff sich die Fernbedienung und schaltete selbst den Ton ein.
    «Natürlich mag ich

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