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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Elend. Anant ist richtig schlecht drauf. Bei ihm
    läuft so eine Ehrfurcht-vor-dem-Alter-Chose ab. Das ist auch nicht gerade hilfreich. Ist das 'ne Hindu-Sache?»
    «Nein, eine Sache des Anstands», sagte Gino.
    «Na ja, was immer es ist, ich glaube, es steigert sich bei ihm, und ich kann euch sagen, wie dieser Widerling alte Leute ausknipst, das geht sogar mir an die Nieren. Ich komme in diese Häuser und sehe
    rundherum Bilder von Enkelkindern und Medizinfläschchen und
    Medicare-Rechnungen, und dann sehe ich die Wohnung meiner
    Eltern vor mir, versteht ihr? Ich meine, diese Leute standen am Ende ihres Lebens, versuchten nur durchzukommen… es ist einfach
    unbegreiflich. Und dieser Fall ist bislang der schlimmste.»
    Gino schüttelte den Kopf. «Kann gar nicht schlimmer sein als
    Rose Kleber. Ich sehe das Schild GRANDMA'S GARDEN in
    meinen Träumen vor mir, das und den Teller mit Keksen, die sie für ihre Enkelinnen gebacken hatte.»
    Jimmy sah ihn an. «Ich glaube, er hat sich einen von diesen
    Keksen genommen.»
    Magozzi hakte sofort ein. «Im Bericht habe ich das aber nicht
    gelesen.»
    «Ich hab's auch nicht reingeschrieben. Reine Vermutung.
    Unzulässig und ohne Beweiskraft. Sie hatte sie akkurat angeordnet und mit Plastikfolie abgedeckt, aber die war an einer Seite
    angehoben worden, und wo ein Keks hätte liegen sollen, war eine
    leere Stelle. Ich habe vor meinem geistigen Auge gesehen, wie dieser Schweinehund eine alte Frau umbringt und sich auf dem Weg nach
    draußen einen Keks klaut, den sie gebacken hat.» Er versuchte ein schwaches Lächeln. «Das macht einen nach einer Weile fertig, oder?
    Und hier ist es die volle Härte. Ben Schuler wusste, was ihn
    erwartete, und er muss vor Angst fast verrückt geworden sein. Sieht so aus, als hätte der Killer eine Zeit lang mit ihm sein Spiel
    getrieben, ihn vielleicht durch die Wohnung gejagt, mit ihm geredet, ich weiß nicht. Der arme alte Mann ist durch das ganze verdammte
    Schlafzimmer gekrochen und hat versucht zu entkommen. Das ist
    das Bild, das ich aus diesem Haus mitnehme.»
    Gino sah ihn ungehalten an, weil es ihm schwer fiel, die
    Vorstellung auszulöschen, die Jimmy Grimm ihm soeben in den
    Kopf gesetzt hatte. Er machte sich stets sein eigenes Bild, wenn er den Schauplatz eines Verbrechens betrat, und der Trick bestand
    darin, alles in sich aufzunehmen, die Einzelheiten herauszufiltern und dann den Rest wieder zu vergessen. Es führte zu Depressionen, wenn man zu viel Zeit damit verbrachte, an den Bildern von
    winselnden alten Männern hängen zu bleiben, die vor einem Killer
    davonkrochen, es machte das Hirn zu Brei, und am Ende war man
    nicht mehr in der Lage, seinen Job zu tun. Grimm wusste das sehr
    wohl, verdammt. «Mann, Grimm, du hörst dich langsam an wie 'n
    Frauenfilm. Willst du umsatteln und Politesse werden, oder was?»
    «Im Augenblick klingt das ganz verlockend.» Er ging den Flur
    hinunter. «Bleibt direkt hinter mir. Wir haben einen Zugang klar
    gemacht, für mehr hatten wir bisher noch keine Zeit. Anant möchte, dass ihr einen Blick auf den Tatort werft, bevor wir anfangen, Fotos zu machen, Fingerabdrücke zu nehmen und Beweismittel
    einzupacken.»
    Altersschwache Fußbodenbretter knarrten unter ihren Füßen, als
    sie an einer langen Reihe von schwarzweißen Familienfotos
    vorübergingen, die mindestens fünfzig Jahre alt sein mussten. Auf der Hälfte des Flurs blieben Magozzi und Gino stehen und sahen
    zurück auf die Fotos, an denen sie vorbeigegangen waren, und auf
    diejenigen, die noch warteten.
    Jimmy schaute über die Schulter zurück. «Wieso geht's nicht
    weiter? Ihr fasst doch nichts an, oder?»
    «Klar, wir betatschen sämtliche Wände und verschmieren die
    Abdrücke», knurrte Gino unwirsch. «Mann, Grimm, entspann dich.
    Was hat es mit diesen Fotos auf sich? So was Irres habe ich ja noch nie gesehen.»
    Jimmy kam zu ihnen zurück. «Schrecklich, nicht? Es sind alles
    Abzüge ein und desselben Bildes. Insgesamt sechzig. Sein Freund…
    der alte Typ, der ihn gefunden hat?»
    «Sol Biederman.»
    «Genau der. Er war noch hier, als ich angekommen bin. Er hat
    gesagt, das sei das einzige Foto, das Ben Schuler von seiner Familie besaß. Seine Eltern, er und seine kleine Schwester. Offenbar ließ er jedes Jahr einen neuen Abzug davon rahmen.»
    «Hat er gesagt, warum?»
    Jimmy zuckte mit den Achseln. «Sie starben im KZ, er nicht.
    Schuldgefühle eines Überlebenden, Andenken an die Toten, wer
    weiß?»
    «Ben Schuler war im

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