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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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erstarrt in einer grotesken Verzerrung, als ob sich jemand mit einer Lötlampe an einem Picassobildnis zu schaffen gemacht hätte.
    Gino wandte sich kurz ab. «Mein Gott… sein Gesicht. Warum sieht es so aus?»
    «Das ist der Gesichtsausdruck, mit dem er gestorben ist,
    Detective, sozusagen eingefroren in der Zeit und für uns zu
    enträtseln. Ich glaube, man sieht Entsetzen.» Anant schwenkte den Lichtstrahl auf Ben Schulers Kleidung: einen abgetragenen
    Wollblazer, das blutbespritzte Hemd darunter und eine nur zum Teil gebundene Krawatte. «Es sieht so aus, als habe er vorgehabt,
    irgendwo hinzugehen.»
    «Morey Gilberts Beerdigung», sagte Magozzi leise. «Er wollte
    zur Beerdigung seines Freundes.»
    Jimmy Grimm steckte seinen Kopf zur Tür herein. «Die Medien
    sind draußen, Leute. Alle vier Fernsehsender und beide Zeitungen.
    Das Theater geht los.»

    KAPITEL 21

    Die Nachricht von Ben Schulers Ermordung hatte sich unter den
    Trauernden im Haus Gilbert schnell herumgesprochen, hatte
    Stimmen gedämpft, Sinne geschärft und Warnungen vor dem Bösen
    geflüstert. Die Polizei mochte noch im Dunkeln tappen und nach der einen Gemeinsamkeit suchen, die diese Morde miteinander verband,
    aber jede Frau und jeder Mann in diesem Haus kannte die Wahrheit.
    Jemand ermordete Juden.
    Nicht einer von ihnen sprach diesen schrecklichen Gedanken laut
    aus, aber sie blieben länger, als sie es sonst getan hätten, steckten die Köpfe zusammen und suchten in der Gruppe ein tröstliches Gefühl
    von Sicherheit. Es war bereits dunkel, als sie sich langsam auf den Heimweg machten, und selbst jetzt verharrten sie noch an der Tür, um letzte Beileidsbekundungen loszuwerden.
    Während die Reihe kondolierender Menschen sich zur Vordertür
    hinaus auf den Heimweg machte, schlich sich Jack hinten hinaus und verschwand in den Schatten des Gartens.
    Es gab viele Hindernisse auf dem Weg zum Geräteschuppen
    hinter dem Gewächshaus – scharfe Grashalme und kleine
    Unebenheiten auf dem Rasen – aber Jack erreichte sein Ziel mit nur wenigen Kratzern und Grasflecken. Zumindest hoffte er, dass es sich um Grasflecken handelte und er nicht auf einen Frosch gefallen war.
    Er blieb an der Tür stehen, presste seinen Rücken gegen das raue
    Holz und lauschte. Hier draußen war es sehr dunkel und, wenn man
    einmal an dem heiseren Quaken der gottverdämmten Frösche im
    hinteren Garten vorbei war, auch sehr still. Er hörte nichts anderes als seine Herzschläge und das Ratschen der Holzsplitter, die die
    feine Wolle seines Anzugs aufrissen, als er sich in die Hocke sinken ließ und den Kopf in die Hände nahm.
    Verdammt, er musste sich zusammenreißen, sich entspannen,
    einen Plan machen, und dann brauchte er einen Drink.
    Er fühlte sich wackelig auf den Beinen, als er schließlich
    hochgekommen war und die Tür aufstieß. Sie quietschte in den
    Angeln, und bei dem Geräusch zuckte er zusammen. Er stolperte in
    die Mitte des Raums und fuchtelte mit den Händen um seinen Kopf
    herum, bis er die Kette gefunden hatte, mit der sich die
    herabhängende nackte Glühbirne anschalten ließ.
    Im hellen Licht sah der Schuppen so ordentlich aufgeräumt aus
    wie immer. Er betrachtete all die Dinge, die ihm als Kind Angst
    gemacht hatten: die Schaufeln mit ihren messerscharfen Kanten, die glänzenden Blätter einer Heckenschere, die spitz zulaufenden
    Pflanzenheber und Gartenrechen, deren Zinken im schaukelnden
    Licht wie Zähne schimmerten. Allesamt Monster, als Jack sechs
    gewesen war und zum allerersten Mal nach Eintritt der Dunkelheit
    den Schuppen betreten hatte.
    Die Hand seines Vaters war groß… Finger, die bis über die
    Hälfte seines Brustkorbs reichten, ein Daumen, der über den halben Rücken griff… aber seltsam gewichtlos. Nur warm und tröstlich.
    «Geh weiter, Jackie. Geh nur ganz rein.»
    Ein entschlossenes Kopfschütteln. Sechsjähriger Eigensinn.
    «Nein? Aha. Es sieht hier abends anders aus, was?»
    Ein leichtes, ruckartiges Kopfnicken.
    «Und all die Werkzeuge, die sehen ziemlich gefährlich aus,
    stimmt's?»
    Ein weiteres Nicken, schon ein wenig tapferer, denn das, was
    Angst machte, war jetzt offen angesprochen.
    «Jack, Du glaubst, ich würde zulassen, dass dir etwas passiert, mein Goldjunge? »
    Dann waren da die starken Arme, die ihn packten und in die
    Höhe hoben, die ihn dicht an ein kratzendes Wollhemd pressten, das nach Schweiß und Erde und Luft roch. «Hier ist nichts, was dir wehtun könnte. Nirgends wird es je etwas geben,

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