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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Morgenzeitung
    anstarrte. Er zitterte am ganzen Körper.

    KAPITEL 20

    Es gab eine Menge Wohngegenden in Minneapolis, die früher
    ziemlich vornehm gewesen waren, bis die Freeways große Teile der
    städtischen Grundstücke im Stadtbereich gefressen hatten. Ben
    Schulers Haus lag in einer dieser Gegenden auf einem Hügel, wo
    einmal hundertjährige Ulmen einem Boulevard Schatten spendeten,
    den die Stadt in jedem Frühling mit Blumen verschönerte. Doch im
    Laufe der vergangenen zwanzig Jahre hatte das Ulmensterben die
    meisten Bäume dahingerafft, einem neuen System für die
    Auffahrtrampen des Freeways waren die restlichen Ulmen zum
    Opfer gefallen, und jetzt blieb den Anwohnern nur noch der
    Ausblick auf den sechsspurigen Verkehr am Fuß des Hügels. Kaum
    waren sie aus dem Wagen gestiegen, konnten Magozzi und Gino
    hören, wie sich ein Sattelschlepper im Kriechgang die Steigung
    hinauf quälte.
    «War auch mal schöner hier», sagte Magozzi mit einem Blick auf
    einen langen Riss im Putz von Ben Schulers Haus und auf die
    abgesackte Veranda des zweigeschossigen Backsteingebäudes
    nebenan. «Meine Großtante hatte ein paar Blocks von hier entfernt ein großes altes viktorianisches Haus.»
    «Und warum hast du so lange gebraucht, um herzufinden?»,
    murrte Gino. Er legte Jackett und Krawatte ab und drapierte sie über den Sitz.
    «Bin seit Jahren nicht mehr hier oben gewesen. Wir sind nur ein
    paar Mal hergekommen, als ich so sechs oder sieben war. Sie war 'ne grauenvolle alte Schachtel. Ist nie jemandem begegnet, den sie
    mochte, so sagten jedenfalls meine Eltern, und da waren
    Familienmitglieder eingeschlossen. Weigerte sich, Englisch zu
    sprechen, und mein Dad weigerte sich, Italienisch zu sprechen, nur um sie auf die Palme zu bringen. Beim letzten Mal, als wir sie
    besuchten, hat sie mir ins Gesicht geschlagen, weil ich meine Gabel zur Hand genommen hatte, bevor sie mit dem Tischgebet fertig
    war.»
    Ginos Lippen verkrampften zu einem Strich. Ein Kind zu
    schlagen war eines der wenigen Dinge, für die er kein Verständnis aufbringen konnte. «Verdammt, wie ich das hasse. Ich hoffe nur,
    dein Dad hat ihr ein Ding verpasst.»
    «Auch wenn sie ihn noch so gereizt hätte, mein Dad würde
    niemals die Hand gegen eine Frau erheben.» Magozzi schmunzelte
    bei der Erinnerung. «Aber meine Mom hat ihr eine gepfeffert.»
    Gino grinste und schickte eine Kusshand in Richtung St. Paul,
    wo Magozzis Eltern noch heute in dem Haus wohnten, in dem er
    aufgewachsen war. «Deine Mutter mochte ich schon immer.»
    «Und sie mag dich. Willst du alle deine Klamotten ablegen, oder
    können wir jetzt reingehen?»
    «Weißt du, was es kostet, einen Anzug reinigen zu lassen?»
    Magozzi schüttelte den Kopf. «Keine Ahnung.»
    «Mann, wie ich Singles hasse. Ich habe gerade erst ein hübsches
    Sümmchen hingelegt, um das Ding sauber zu kriegen, und da will
    ich verdammt nicht, dass es nach Mordschauplatz riecht.»
    «Du hast aber deine Hosen noch an.»
    «Wie ich ohne die auskommen soll, ist mir noch nicht
    eingefallen.» Er knallte die Wagentür zu und ging die Auffahrt
    hinauf.
    «Sieht so aus, als wären Anant und die Kriminaltechniker vom
    BCA schneller gewesen als wir.»
    «Kein Wunder.» Gino betrachtete den hässlichen Kombi des
    Gerichtsmediziners und den Van der Kriminaltechniker, der dicht
    dahinter geparkt war. «GPS in beiden Fahrzeugen, und uns gönnt
    man nicht mal 'ne heile Klimaanlage. Es gibt keine Gerechtigkeit auf der Welt.»
    Jimmy Grimm trat Magozzi und Gino an der Hintertür des
    Hauses entgegen. «Ihr müsst diesen Kerl aufhalten», waren seine
    ersten Worte.
    «He, gute Idee», sagte Gino. «Warum sind wir bloß nicht selbst
    darauf gekommen?»
    Jimmy trat beiseite, damit Gino in die kleine Küche gelangen
    konnte. «Was ist dem denn über die Leber gelaufen?», fragte er
    Magozzi.
    «Hauptsächlich liegt's an den hohen Preisen für die Reinigung.
    Und dann wurmt ihn, dass ihr GPS habt und wir nicht.» Magozzis
    Blick wanderte zu einer Farbstiftzeichnung auf der Kühlschranktür.
    Er hatte keine Idee, was sie darstellen sollte, aber anscheinend hatte bisher niemand die Kreativität des Kindes unterdrückt, denn die
    Farben waren gut. «Wie schlimm sieht es da drinnen aus?» Er neigte den Kopf in Richtung eines Flurs, von dem er annahm, dass er ins
    Schlafzimmer führte.
    Jimmy blähte die Wangen auf und öffnete die Kragenschnalle
    seines weißen Schutzoveralls. «Wir haben ein Minimum an Blut und
    ein Maximum an

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