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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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auf denen
sie als Wappentiere schwebten, andere aus den Gewässern und vom Himmel und von
den Feldern ringsumher – alle aber waren sie, bis hin zur winzigsten Spitzmaus,
aus Liebe hergekommen, um zu helfen. Wart spürte, wie seine Kräfte wuchsen.
    »Geh vom Kreuz aus und leg dich ins Zeug«, sagte
ein Hecht von einem der heraldischen Banner, »wie du’s getan hast, als ich
dich schnappen wollte. Erinnere dich: die Kraft geht vom Nacken aus.«
    »Wo bleibt«, fragte ein Dachs ernst, »der Brustkorb
mit den kraftvollen Vorderläufen – ich meine: Armen? Nun komm schon, mein guter
Embryo, und schaff dir dein Werkzeug.«
    Ein Zwergfalke, ein Merlin, der auf der Spitze der
Eibe saß, rief laut: »Wie heißt das erste Gesetz des Fangs, Hauptmann Wart? Ich
dachte, ich hätt’ mal was von niemals loslassen‹ gehört?«
    »Nicht durchsacken wie ein Specht«, mahnte ein Waldkauz
liebevoll. »Bleib stetig dran, mein Täubchen, und du schaffst es.«
    Eine Bläßgans sagte: »Aber Wart! Wer schon einmal
über die große Nordsee geflogen ist, der wird doch so ein paar kleine
Flugmuskeln koordinieren können? Nimm alle Kraft zusammen und denk ans Ziel –
dann kommt’s raus wie geschmiert. Mach los, Homo sapiens, denn alle deine
Freunde warten hier, um dir zu gratulieren.«
    Ein drittes Mal ging Wart zu dem großartigen
Schwert. Mit lockerer Hand faßte er es, und es glitt leicht heraus wie aus
einer Scheide.
    Der Jubel war gewaltig. Es war wie ein tosendes
Leierkastengedudel, das kein Ende nehmen wollte. Lange Zeit später, inmitten
des Dröhnens, sah er Kay und gab ihm das Schwert. Die Menschen auf dem
Turnierplatz machten entsetzlichen Lärm.
    »Aber das ist doch nicht mein Schwert«, sagte Sir
Kay. »Ich könnt’ kein anderes kriegen«, sagte Wart. »Der Gasthof war dicht.«
    »Ein hübsches Schwert ist es ja. Wo hast du’s her?«
    »Es hat in einem Stein gesteckt, vor einer Kirche.«
Sir Kay hatte nervös das Lanzenstechen beobachtet und wartete, daß die Reihe an
ihn käme. Seinem Schildknappen schenkte er nicht allzuviel Beachtung.
»Ziemlich ausgefallen, da ein Schwert zu finden«, sagte er.
    »Ja. Es steckte in einem Amboß.«
    »Was?« rief Sir Kay und drehte sich heftig um. »Was
sagst du? Dieses Schwert hier hat in einem Stein gesteckt?«
    »Ja«, sagte Wart. »Es war eine Art von Kriegerdenkmal.«
    Sir Kay starrte ihn eine Weile verblüfft an, machte
den Mund auf, machte ihn wieder zu, leckte sich die Lippen und stürzte sich
dann ungestüm in die Menge. Er suchte Sir Ector, und Wart folgte ihm nach.
    »Vater«, rief Sir Kay, »kommt doch einmal her.«
    »Ja, mein Junge«, sagte Sir Ector. »Hervorragende
Stürze legen diese Professionellen hin, wie? Nanu, was ist denn los, Kay? Du
siehst ja kreidebleich aus.«
    »Der König von England, der sollte doch ein Schwert
herausziehn – erinnert Ihr Euch?«
    »Ja«.
    »Hier ist es. Ich hab’s. Es ist in meiner Hand. Ich
hab’s herausgezogen.«
    Sir Ector machte keine dumme Bemerkung. Es sah Kay
an, und er sah Wart an. Dann musterte er Kay, lange und liebevoll, und sagte:
»Wir gehn zu der Kirche.«
    Als sie vor dem Kirchenportal waren, sagte er: »So,
Kay.« Freundlich und fest zugleich sah er seinen Erstgeborenen an. »Hier ist
der Stein, und du hast das Schwert. Dadurch wirst du König von England. Du bist
mein Sohn, auf den ich stolz bin und auf den ich immer stolz sein werde – was
du auch tust. Gibst du mir dein Wort, daß du’s allein, aus eigner Kraft
herausgezogen hast?«
    Kay sah seinen Vater an. Er sah Wart an. Und er sah
das Schwert an. Dann reichte er Wart ganz ruhig das Schwert hinüber.
    Er sagte: »Ich habe gelogen. Wart hat’s herausgezogen.«
    Für Wart folgten merkwürdige Minuten, in denen Sir
Ector ihn mehrmals aufforderte, das Schwert wieder in den Stein zu stecken –
was er tat –, und in denen Sir Ector und Kay alsdann vergebens versuchten, es
herauszuziehen. Wart zog es für sie heraus und steckte es zwei- oder dreimal
wieder hinein. Darauf folgten Minuten, die schwer zu ertragen waren.
    Er sah, daß sein lieber guter Vormund auf einmal
alt und kraftlos wirkte und daß er sich mühsam auf ein gichtgeplagtes Knie
niederließ.
    »Sir«, sagte Sir Ector, ohne aufzublicken, obwohl
er zu seinem eigenen Mündel sprach.
    »Bitte, tut das nicht, Vater«, sagte Wart und
kniete ebenfalls nieder. »Laßt Euch aufhelfen, Sir Ector. Ich ertrag’s nicht.«
    »Nee, nee mein Herr und Gebieter«, sagte Sir Ector,
wobei ihm ein paar spärliche

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