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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Strohs abzuwischen, und dies an jedem Morgen. Alsdann
seyen sie auf eine schöne Stelle zu führen, wo zartes Gras und Grünzeug
wächst, Getreide und dergleichen, auf daß sie annehmen, was Medicin für sie
ist.«
    Da solchermaßen »des Jungen Herz und Geschäfte mit
den Hunden war«, wurden die Hunde selber »artig und freundlich und sauber, froh
und fröhlich und verspielt, und allen Wesen gegenüber gütlich, abgesehen der
wilden Tiere, denen gegenüber sie grimmig, hitzig und boshaft waren.«
    Sir Ectors Hundejunge war kein anderer als der
Knabe, dem der schreckliche Wat die Nase abgebissen hatte. Da er, im Gegensatz
zu seinen Mitmenschen, nasenlos war und darüber hinaus von den anderen
Dorfkindern mit Steinen beworfen wurde, hatte er sich immer mehr mit den Tieren
angefreundet. Er sprach mit ihnen; nicht in Baby-Sprache wie Kinder und Gouvernanten,
sondern ganz korrekt, in ihrer eigenen Ausdrucksweise: knurrend, knörend,
brummelnd, bellend. Sie alle liebten ihn sehr und verehrten ihn, weil er ihnen
Dornen aus den Pfoten zog; und wenn sie Kummer hatten, vertrauten sie sich ihm
sogleich an. Er verstand auf der Stelle, was sie bedrückte, und meist konnte
er’s richten. Die Hunde waren glücklich zu schätzen: sie hatten ihren Gott bei
sich -in sichtbarer Gestalt.
    Wart mochte den
Hundejungen gut leiden und hielt ihn für schlau und gewitzt, weil er mit den Tieren
allerlei fertigbrachte – er konnte sie nämlich mittels einer einfachen
Handbewegung zu allem möglichen bringen. Und der Hundejunge liebte ihn
seinerseits ungefähr so, wie die Hunde ihn liebten; er hielt Wart für nahezu
heilig, weil dieser lesen und schreiben konnte. Die beiden waren häufig
zusammen und tummelten sich mit den Hunden im Zwinger.
    Der Zwinger
befand sich zu ebener Erde, dicht bei den Falkenkäfigen, und hatte einen Boden
darüber, so daß es im Sommer kühl war und im Winter warm. Die Hunde waren
Alaunts, Gaze-Hounds (Augenhunde), Lymers (Schweißhunde) und Bracken. Sie
hießen Clumsy, Trowneer, Phoebe, Colle, Gerland, Talbot, Luath, Luffra,
Apollon, Orthros, Bran, Gelert Bounce, Boy, Lion, Bungery, Toby und Diamond.
Wart hatte einen eigenen Hund, und der hieß Cavall, und Wart leckte gerade
Cavalls Nase – genau so und nicht umgekehrt –, da erschien Merlin auf der
Bildfläche.
    »Derlei wird in
Zukunft als unhygienisch bezeichnet werden«, sagte Merlin, »wenngleich ich’s
nicht recht einzusehen vermag. Schließlich hat Gott beides erschaffen: die
Nase des Hundes und deine Zunge. – Wenn erstere nicht sogar besser«, fügte der
Philosoph gedankenvoll hinzu.
    Wart wußte
nicht, wovon Merlin sprach, aber er hörte ihn gern reden. Er mochte die
Erwachsenen nicht, die im Gespräch sich herabließen, und schätzte jene, die ihr
Niveau ohne jede Rücksicht beibehielten und es ihm überließen, im Kielwasser
ihrer Gedanken mitzuschwimmen, ratend, rätselnd, meist in den Fluten
unbekannter Begriffe tauchend, dann wieder bei gewußten Worten emporschnellend
und schmunzelnd, wenn ihm schwer zu verstehende Spaße plötzlich dämmerten. Mit
der Fröhlichkeit eines Tümmlers oder Delphins tummelte er sich in unbekannten
Gewässern.
    »Wollen wir
nicht hinausgehen?« fragte Merlin. »Ich hält’s für an der Zeit, mit dem
Unterricht zu beginnen.«
    Wart wurde weh
zumute. Sein Tutor war nun einen Monat hier, und jetzt war’s August, und bisher
hatte noch kein Unterricht stattgefunden. Plötzlich wurde ihm klar, daß es ja
Merlins Aufgabe war, ihn zu unterrichten, und mit Entsetzen dachte er an
Summulae Logicales und Astronomie. Er wußte indessen, daß er’s ertragen mußte;
also stand er gehorsam auf und streichelte Cavall wehmütig zum Abschied. Er
stellte sich vor, daß es bei Merlin vielleicht nicht gar so schlimm werden
würde; möglicherweise gelang es ihm, selbst das verwünschte Organon
interessant zu machen, zumal dann, wenn er ein bißchen zauberte .
    Sie gingen auf den Hof, in eine Sonne, die derart
brannte, daß die Hitze beim Heuen dagegen verblaßte. Die Gewitterwolken, die
gewöhnlich mit der heißen Zeit einhergingen, waren da: hohe Cumulus-Kolonnen
mit grellen Kanten. Aber es sah nicht aus, als würde es gewittern.
    Sogar dafür war’s zu heiß. Ach, dachte Wart,
braucht’ ich bloß nicht in das stickige Zimmer zu gehn, sondern könnt’ mich
ausziehn und im Burggraben baden.
    Sie überquerten
den Hof, mußten vorher tief Luft holen, so, als sollten sie durch einen Ofen
laufen. Im Schatten des Wehrgangs war’s

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