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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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wohl nichts.«
    »Was sollen wir sagen?«
    »Weiß nicht.«
    »Soll ich das Vaterunser hersagen? Es ist
das einzige, was ich noch im Kopf habe.«
    »Dann tut’s.«
    »Sollen wir’s gemeinsam hersagen?«
    »Wenn Ihr wollt.«
    »Gawaine, ich glaube, ich muß
niederknien.«
    »Ich bleib’ stehn«, sagte der Herr von
Orkney.
    »Lasset uns beten – «
    Sie begannen ihr laienhaftes
Bittgestammel, als aus der Ferne ein Hornsignal zu hören war.
    »Hört, Onkel!«
    Das Gebet brach mitten im Wort ab.
    »Soldaten kommen. Pferde, glaub’ ich!«
    Arthur stand auf, war am Fenster.
    »Wo?«
    »Eine Trompete!«
    Und nun, klar, schrill, jubilierend zerspliß
der Messingklang den Raum. Der König schüttelte Gawaine am Ellbogen und rief
mit bebender Stimme: »Mein Lanzelot! Ich hab’s ja gewußt!«
    Gawaine zwängte seine breiten Schultern
durch den Fensterrahmen. Sie machten sich die Aussicht streitig.
    »Aye. Es ist Lanzelot!«
    »Schaut ihn an. In Silber.«
    »Silbergrund und roter Schrägbalken!«
    »Der kraftvolle Reitersmann.«
    »Seht doch!«
    Es war in der Tat ein bemerkenswerter
Anblick. Der Marktplatz glich einer Schlucht, einer Wild-West-Szenerie. Die
Kokosnüsse rollten auseinander. Die Ritter der Wache versuchten aufzusitzen und
hüpften, einen Fuß im Steigbügel, neben ihren Streitrossen her, während die
Pferde sich um jeden Reiter drehten. Die Chorknaben warfen ihre Weihrauchfässer
weg. Die Priester bahnten sich eine Gasse durch die Menge. Der Bischof, der
dableiben wollte, wurde zur Kirche gedrängt, wobei irgendein treuer Diakon den
Krummstab wie ein Banner hoch über dem Tumult hinter ihm hertrug. Ein
Baldachin, der an vier Stangen über jemandem oder etwas gehalten worden war,
ging mit gespreizten Stäben unter wie ein torkelnder Liniendampfer im Atlantik.
Die heranbrausende Flutwelle aus blinkender Kavallerie mit rasselnden Waffen
und Messing-Musik überströmte den Platz mit flatternden Federbüschen, als
galoppierte ein Heer von Indianerhäuptlingen daher, während die Schwerter auf
und nieder gingen wie eine merkwürdige Maschinerie. Verlassen von den
Ministranten, die sie bei den letzten Riten verdeckt hatten, stand Ginevra da
wie ein Fanal. Sie blieb reglos in der allgemeinen Bewegung, in ihrem weißen
Gewände, an den hohen Pfahl gebunden. Sie stand hoch über allen. Der Kampf
wogte zu ihren Füßen.
    »Was für ein Getümmel!«
    »Kein andrer hat je so attackiert wie er.«
    »Ach, die arme Wache.«
    Arthur rang die Hände.
    »Einer ist gestürzt.«
    »Das ist Segwarides.«
    »Was für ein Handgemenge!«
    »Seine Attacken«, behauptete der König
hingerissen, »waren immer unwiderstehlich. Immer. Ah, welche Wucht!«
    »Da hat’s Sir Pertilope erwischt.«
    »Nein, es ist Perimones, sein Bruder.«
    »Seht die Schwerter in der Sonne funkeln.
Seht die Farben. Gut gemacht, Sir Gillimer. Sehr gut gemacht!«
    »Nein, nein! Seht Euch Lanzelot an. Seht,
wie waghalsig, wie tollkühn er ist. Aglovale stürzt vom Pferd. Seht, er kämpft
sich an die Königin heran.«
    »Priamus wird ihn aufhalten.«
    »Priamus? Unsinn! Wir werden siegen,
Gawaine – wir werden siegen!«
    Der kräftige Mann drehte sich um, vor
Begeisterung grinsend.
    »Wer ist ›wir‹?«
    »Na schön, dann eben ›er‹, Ihr
Schlaumeier. Sir Lanzelot, natürlich. Er wird siegen. Da geht Sir Priamus hin.«
    »Sir Bors ist zu Boden gegangen.«
    »Macht nichts. Bors werden sie gleich
wieder auf dem Gaul haben. Hier ist er, kommt zur Königin. Oh, seht nur! Er hat
ihr Kleidung mitgebracht.«
    »Aye, tatsächlich!«
    »Mein Lanzelot wird natürlich nicht
zulassen, daß man meine Ginevra im Unterkleid sieht.«
    »Der nich’.«
    »Er legt sie ihr an.«
    »Sie lächelt.«
    »Gott segne sie beide. – Aber das
Fußvolk!«
    »Es ist getan, könnt’ man sagen.«
    »Er wird doch nicht mehr umbringen, als
unbedingt nötig?«
    »Bestimmt nich’.«
    »Ist das Damas unter dem Pferd?«
    »Aye. Damas hat immer eine rote Schabracke. Ich glaub’, sie
ziehen sich zurück. Wie rasch das ging!«
    »Ginevra sitzt auf.«
    Wieder durchstießen Signalhorntöne den
Raum – diesmal mit einer anderen Melodie.
    »Sie sind fort. Das ist der Zapfenstreich.
Meine Güte – seht Euch die Verwirrung an!«
    »Hoffentlich sind nicht allzu viele
blessiert. Könnt Ihr’s erkennen? Hätten wir ihnen zu Hilfe kommen müssen?«
    »Das haben viele nicht überlebt«, sagte
Gawaine.
    »Die getreue Garde.«
    »Über ein Dutzend.«
    »Meine tapferen Männer! Und ich trage

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