Der König der Diamanten
sagen, warum sie gekommen war, musste es aussprechen, solange sie das noch konnte.
»Ich möchte, dass wir uns scheiden lassen«, sagte sie. Sie sprach leise und wusste erst nicht, ob er sie überhaupt gehört hatte. Er sah aus dem Fenster, wandte das Gesicht ab, schaute durch die Leute durch, die in ihren Wintermänteln vorbeihasteten. Doch als er sich schließlich zu ihr drehte, sah er unglaublich verloren aus. Sie fühlte sich mit einem Schlag hundeelend, als sei sie ein Henker, der Ekel vor dem Werk seiner Hände empfindet.
»Du willst Osman heiraten«, sagte er. Das war eine Aussage, keine Frage.
»Ja«, sagte sie. »Er ist nicht so, wie du denkst, er ist …« Vanessa brach mitten im Satz ab, denn sie konnte in den Augen ihres Mannessehen, dass er ihr nicht glaubte. »Es ist eine zweite Chance«, sagte sie. »Jeder verdient eine zweite Chance.«
»Ja«, sagte Trave leise. »Das verdienst du. Du verdienst die Sonne und den Mond und die Sterne, Vanessa. Und ich werde mir nie verzeihen, dass ich versäumt habe, dir auch nur eines davon zu geben.«
Vanessa fing beinahe an zu weinen. Etwas derart Liebevolles hatte ihr Mann in all den Ehejahren nicht zu ihr gesagt. Er hatte es sich bis jetzt aufgespart, jetzt, da es zu spät war. Das war einfach zu viel für sie. Sie musste versuchen, es zu ignorieren. Sie hatte keine andere Wahl, wenn sie das hier durchstehen wollte.
»Also hilfst du mir«, sagte sie. »Du musst die Scheidung einreichen und und Titus als Mitschuldigen angeben. Anders geht es nicht.«
Trave nickte, beugte sich dann vor und ergriff ihre Hand – die Hand, an der sein Ring fehlte. »Werde glücklich«, sagte er. »Ich hoffe, du wirst glücklich, Vanessa.«
Sie nickte, drückte seine Hand, als bekräftige sie eine Vereinbarung, und ging. An der Tür drehte sie sich um, denn sie brachte es nicht übers Herz, ihn einfach so zurückzulassen. Dazu fühlte sie sich zu sehr im Unrecht. Er sah überrascht auf, als sie an den Tisch zurückkehrte.
»Titus hat Katya nicht getötet«, sagte sie, indem sie die Worte fast ausspuckte. »Das glaubst du nur, weil er mit mir zusammen ist. Gib es zu, Bill. Deshalb hast du das alles getan.«
»Was getan?«
»Deine Karriere ruiniert, dich so stur verhalten.« Was sie sagte, klang vorwurfsvoll, ja, streng, aber er hörte auch die Verzweiflung in ihrer Stimme, als würde sie um Vergebung betteln. Das war nun allerdings etwas, womit er nicht dienen konnte.
»Nein«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Du bist der Grund dafür, dass ich Osman hasse. Das ist wahr. Aber dass ich ihn für Katyas Mörder halte, liegt nicht daran.«
»An was denn?«, fragte sie angriffslustig.
»Weil ich nicht glaube, dass David Swain sie getötet hat. Ethan Mendel übrigens auch nicht«, sagte Trave, der jetzt seine Worte sorgfältig wählte. »Swain ist ein Dummkopf, ein zorniger Dummkopf, aber er ist kein Mörder. Claes hingegen ist einer. Er ist sogar ein vielfacher Mörder, auch wenn ich keinen einzigen dieser Morde nachweisen kann«, fügte er traurig hinzu. »Und wenn Claes Katya umgebracht hat, dann konnte er das schlicht und einfach nicht ohne Osman tun.«
»Nein. Genau darin liegst du falsch«, sagte Vanessa energisch. Seit Jahren hatte Trave sie nicht mehr derart leidenschaftlich erlebt. »Vielleicht hast du recht in Bezug auf Claes. Ich kann ihn auch nicht ausstehen. Er scheint irgendetwas gegen Titus in der Hand zu haben, von dem ich nichts weiß. Titus ist anders als Claes. Ich kenne ihn, und du nicht. Das ist der Unterschied. Er hat sich um Katya gekümmert, nachdem sie auf die schiefe Bahn geraten war. Sie hatte keinen Grund, ihm vorzuwerfen, dass er sie einsperrt. Er hat es gemacht, um ihr zu helfen. Er wollte nur ihr Bestes.«
»Woher willst du wissen, dass sie ihm das vorgeworfen hat?«, fragte Trave und beugte sich vor.
»Weil sie es mir gesagt hat«, erwiderte Vanessa leise und senkte den Blick.
»Was hat sie dir gesagt?«
»Sie sagte: ›Sie wollen mich umbringen.‹ Das war zehn Tage, bevor sie starb. Ich war zum Abendessen draußen, und sie kam in den Salon. Ich war alleine, und mehr als das sagte sie nicht. Sie war in schlechter Verfassung und fiel unmittelbar darauf in Ohnmacht. Titus sagte, seine Schwägerin hätte versucht, ihr ein Beruhigungsmittel zu geben, und er klärte mich über ihren Zustand auf, sagte mir, warum er sich Sorgen machte und warum er sie zu ihrem eigenen Besten daheimbehalten musste.«
»Da bin ich mir hundertprozentig sicher«,
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