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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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hören, was er in der Mordnacht in Blackwater Hall vorgefunden und welche Ermittlungen er gemacht oder angeordnet hatte, solange er für den Fall noch zuständig gewesen war. Vorige Woche hatte er beantragt, auch noch ein Statement zu John Birchers Verbindung mit Claes und Eddie Earle abgeben zu dürfen. So hätte nämlich die Verteidigung die Möglichkeit, dahingehende Details im Kreuzverhör von ihm zu erfragen. Aber Trave glaubte nicht, dass das den Verlauf des Prozesses wirklich beeinflussen würde. Die Beweise sprachen viel zu klar gegen den Angeklagten. Das Gericht würde Birchers Beteiligung als Nebensächlichkeit abtun, genau wie die Naziverbindungen von Claes, die die Verteidigung unter Verwendung von Jacobs Material herzustellen versucht hatte, nur für Verwirrung sorgten.
    Als Trave am Vorabend vom Gericht zurückgekehrt war, hatte Clayton ihm von Jacobs vermurkstem Einbruch in Blackwater Hall erzählt. Aber er bezweifelte stark, dass der junge Mann irgendetwas Bedeutendes gefunden hatte, denn der Safe war ja allem Anschein nach heil geblieben. Der Prozess würde mit Sicherheit eine entscheidende Wendung erst dann nehmen, wenn Jacob dort auftreten und den Geschworenen erzählen würde, dass er Katya einen Monat vor ihrem Tod getroffen und sie aufgefordert hatte, im Haus nach belastenden Dingen zu suchen. Aber Travemachte sich dahingehend keine Hoffnungen. Laut Clayton hatte sich Jacob nach dem Einbruch in Luft aufgelöst. Und es sah nicht so aus, als könnte man herausfinden, wo er sich versteckte.
    Immerhin würde Vanessa eine Aussage machen – Trave kannte seine Frau gut genug, um zu wissen, dass das schlechte Gewissen ihr keine andere Wahl lassen würde. Doch das, was sie zu sagen hatte, würde nicht ausreichen, um Swain zu retten. Der Staatsanwalt würde Osman ein zweites Mal in den Zeugenstand rufen, um Katyas Worte zu erläutern, und Vanessas Wunsch nach einer Ehe mit Osman würde diesem einen makellosen Leumund verschaffen. Und das wäre es dann auch schon. Eines schönen Morgens würde man David Swain dann im Pentonville-Gefängnis das Genick brechen, und Traves Frau würde den Mann heiraten, der nach seiner Überzeugung eigentlich hängen sollte. Trave spürte die Frustration wie eine schwere Last auf seiner Brust, aber er hatte keinerlei Möglichkeit, diese Schmerzen zu lindern. Und er wusste, dass ihm die Zeit davonlief.
    Es war der gleiche Gerichtssaal wie bei dem Prozess vor zweieinhalb Jahren, als Swain wegen Mordes an Ethan Mendel angeklagt war. Trave hatte ein derartig starkes Déjà-vu-Gefühl, dass es ihm fast den Atem verschlug. Richter und Verteidiger waren andere als damals, doch als Staatsanwalt fungierte erneut der hakennasige Laurence Arne. Als er hinter den Akten auftauchte, die sich auf seinem Tisch stapelten, wirkte er so eindrucksvoll und dominant wie eh und je. Mehr noch als beim letzten Mal schien er jetzt, da dem Angeklagten die Höchststrafe drohte, ohne jede Rücksicht dazu entschlossen, auf eine Schuldigsprechung hinzuwirken. Der Galgen war die gesetzlich festgelegte Strafe für Mord durch Erschießen, und Swain hatte keine Gnade zu erwarten, schließlich war es das zweite Mal, dass er vorsätzlich getötet hatte.
    Trave schaute hinüber zu Swain, der zwischen zwei Polizisten auf der Anklagebank saß. Es war das erste Mal, dass er ihn seit ihrem Treffen im Cricket-Pavillon zu Gesicht bekam. Seltsamerweisesah er trotz seiner prekären Situation besser aus als damals im Oktober. Das Wilde und Getriebene in seinem Blick war verschwunden, stattdessen strahlte er Ruhe und Klarheit aus. Er trug einen dunklen Anzug und beugte sich auf der Anklagebank weit nach vorne, um besser sehen zu können, als Trave die Fragen des Staatsanwalts beantwortete. Trave konnte sich nur schwer konzentrieren. Er fühlte sich schuldig, weil er nicht in der Lage gewesen war, einem unschuldigen Mann zu helfen, und außerdem auch noch zu dessen Festnahme beigetragen hatte.
    Während einer Pause bei der Befragung schaute Trave im Saal umher und merkte, dass Macrae zu ihm hersah. Er saß genau an dem Tisch, an dem beim ersten Prozess Trave als der zuständige Beamte gesessen hatte. Die unverhohlen zur Schau getragene Schadenfreude seines Nachfolgers war fast nicht zu ertragen. Plötzlich wurde es ihm zu eng in dem fensterlosen Raum mit seinen holzgetäfelten Wänden und grellen Deckenlampen, und er wünschte sich sehnlich, er wäre draußen an der frischen Winterluft.
    Und dennoch blieb er im

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