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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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Das ist in der Nähe von Oxford.
    STAATSANWALT
: Kennen Sie den Angeklagten dort? (Staatsanwalt zeigt auf die Anklagebank.)
    ZEUGIN
: Ja. Wir waren befreundet.
    STAATSANWALT
: Befreundet?
    ZEUGIN
: Wir waren etwa ein Jahr zusammen, doch ich habe mich von ihm getrennt, nachdem ich Ethan kennengelernt hatte.
    STAATSANWALT
: Ethan Mendel?
    ZEUGIN
: Ja. Er war letztes Jahr zu Besuch bei meinem Onkel. Wir haben uns ineinander verliebt. Und David hasste ihn deswegen. Er hat mir Briefe geschickt, schlimme Drohbriefe. Ich habe sie hier – es sind insgesamt sechs. Den letzten erhielt ich ein paar Tage, bevor Ethan getötet wurde. Hier sind sie – (Zeugin zieht einen Packen handschriftlich abgefasster Briefe hervor.)
    STAATSANWALT
: Euer Ehren: wir haben hier die Beweisstücke 17 bis 22. Den Geschworenen liegen Kopien vor. Mit Ihrer Erlaubnis wird die Zeugin jetzt die Briefe vorlesen.
    RICHTER
: Sehr gern, Mr. Arne.
     
    Trave blätterte ungeduldig weiter und suchte im Prozessprotokoll nach der Fortsetzung von Katyas Aussage. Ihn interessierte nicht Swains kindisches Gekritzel, sondern das, was Katya gesagt hatte.
     
    STAATSANWALT
: Der Angeklagte erwähnt in den Briefen Verabredungen »im Bootshaus«. Sagen Sie uns bitte, wo das ist, Miss Osman.
    ZEUGIN
: Das ist am See. Über den Rasen und dann den Fußweg hinunter durch den Wald. Niemand geht dorthin.
    STAATSANWALT
: Außer Ihnen und Mr. Swain. Können Sie uns sagen, warum?
    ZEUGIN
: Eben weil niemand hingeht. Mein Onkel mochte David nicht, deshalb konnte ich ihn nicht im Haus empfangen.
    STAATSANWALT
: Niemals?
    ZEUGIN
: Einmal habe ich ihn reingelassen, als mein Onkel nicht da war. Ansonsten haben wir uns im Bootshaus getroffen oder in seinem Zimmer in Oxford.
    STAATSANWALT
: Wie oft haben Sie Mr. Swain im Bootshaus getroffen?
    ZEUGIN
: Ziemlich oft.
    STAATSANWALT
: Und wie gelangte Mr. Swain dorthin, ohne dass Ihr Onkel ihn sah?
    ZEUGIN
: Es gibt eine Stelle unweit des Haupttors, wo man über den Zaun klettern kann. Von dort führt ein Weg zum See.
    STAATSANWALT
: Und nutzten Sie das Bootshaus auch noch, nachdem Sie die Beziehung mit Mr. Swain beendet hatten?
    ZEUGIN
: Sie meinen mit Ethan?
    STAATSANWALT
: Ja.
    ZEUGIN
: Ja, das taten wir. Das war unser Ort, unser Geheimnis. Und romantisch, wissen Sie – direkt am See.
    STAATSANWALT
: Ich verstehe. Haben Sie jemals den Angeklagten in der Nähe des Bootshauses gesehen, nachdem Sie die Beziehung mit ihm beendet hatten?
    ZEUGIN
: Ja, einmal. Das war abends. Ethan hat etwas geschrieben, und ich ging nach draußen, um den Sonnenuntergang zu betrachten. David stand ein Stück den Fußweg hinunter zwischen den Bäumen. Das war schlimm, richtig gruselig. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen – bis heute.
    STAATSANWALT
: Wann war das?
    ZEUGIN
: Am 3. April. Drei Tage vor Ostern.
    STAATSANWALT
: Wieso wissen Sie das so genau?
    ZEUGIN
: Ich war so erregt, dass ich das Erlebnis in meinem Tagebuch festgehalten habe. Das hilft mir, mit Dingen fertigzuwerden.
    STAATSANWALT
: Was tat der Angeklagte, als er Ihrer ansichtig wurde?
    ZEUGIN
: Er rannte weg, Richtung Straße. Ich konnte ihn im Gebüsch hören.
    STAATSANWALT
: Haben Sie Mr. Mendel davon erzählt?
    ZEUGIN
: Ja. Zunächst war er sehr wütend und besorgt. Er wollte sich mit David treffen, um das zu klären, aber ich war dagegen. Ich dachte, das würde alles nur noch schlimmer machen. Deshalb ließ er es sein. Ab da gingen wir eine Zeitlang nicht mehr zum Bootshaus, doch irgendwann sind wir wieder hin, weil es so schön war. Es war unser Ort. David hatte einfach kein Recht, ihn uns wegzunehmen. (Zeugin beginnt zu weinen.)
STAATSANWALT
: Ich möchte jetzt auf die Zeit unmittelbar vor dem Mord an Ethan zu sprechen kommen. Wie standen Sie und Mr. Mendel damals zueinander?
    ZEUGIN
: Wir waren verliebt und glücklich, wenngleich Ethan sich wegen irgendetwas Sorgen machte. Was das war, wollte er mir nicht sagen. Er ging für eine Woche nach Europa, ohne mir zu sagen, wohin. Ich dachte einfach, er würde seine Familie in Antwerpen besuchen. An dem Tag, an dem er zurückkam, war ich mit Jana beim Einkaufen in Oxford, deshalb habe ich ihn nicht mehr gesehen. (Zeugin beginnt erneut zu weinen.) Ich habe keine Ahnung, warum er David diese Botschaft hinterließ. Vielleicht wegen der schlimmen Briefe. Ethan wusste, dass ich mich darüber aufregte; er wusste, dass sie mir Angst machten. Ich wollte, dass er mich in Ruhe ließ.
    STAATSANWALT
: Ich möchte

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