Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
Vom Netzwerk:
geäußert. Und ich lege größten Wert auf ihr Urteil.«
    Trave zuckte zurück, als hätte man ihn ins Gesicht geschlagen. Seine Wangen liefen rot an, und Clayton sah, wie sich die Hände seines Chefs auf der Tischplatte zu Fäusten ballten. Er erinnerte sich an die Gerüchte, an alles, was auf dem Revier getratscht worden war, im vorigen Jahr, nachdem Traves Frau ihn verlassen hatte. Die hieß auch Vanessa. Daran erinnerte sich Clayton. Und war das womöglich die gleiche Vanessa, von der Osman jetzt sprach? Sah ganz so aus.
    Die Türe ging auf, doch kein menschliches Wesen war es, das eintrat. Es war eine Katze, lang und schlank und schwarz, mit je einem weißen Fleck links und rechts ihrer grünen Augen. Wirklich ein wunderschönes Tier, dachte Clayton, der noch nie sonderlich tierlieb gewesen war. Bei Osmans Stuhl angekommen, machte die Katze einen Buckel, als würde sie ihre eigene Gelenkigkeit genießen, sprang dann mit einem mühelosen Satz auf Osmans Schoß und sah Trave über den Tisch hinweg an.
    »Hallo Cara«, sagte Osman und kraulte die Katze hinter den Ohren. »Ich habe mich schon gefragt, wo du steckst.« Die Katze schnurrte und blinzelte die beiden Polizeibeamten an, und Clayton hatte plötzlich das Gefühl, dass jetzt Trave auf der falschen Seite des Tisches saß, dass mit einem Mal nicht der Eigentümer des Hauses derjenige war, der vernommen werden sollte, sondern der Inspector.
    »Cara ist die meiste Zeit draußen und jagt im Wald. Und mir gefällt, dass sie unabhängig ist. Aber heute macht es ihr keinen Spaß, wo doch das Gelände voll mit Fremden ist«, sagte Osman, indem er durch das zerbrochene Fenster auf den Sonnenaufgang blickte. »Es ist wahrscheinlich besser, wenn sie hier drinbleibt. Kann ichIhnen noch weiterhin nützlich sein, Inspector? Wenn nicht, würde ich mich jetzt um Caras Frühstück kümmern.«
    Trave schüttelte den Kopf, deshalb stand Osman auf und ging zur Tür. Doch bevor er sie erreichte, rief Trave ihn zurück.
    »Nur eines noch, Mr. Osman. Haben Sie eine Alarmanlage?«
    »Ja, aber ich stelle sie nur an, wenn ich weg bin.«
    »Und warum das? Sie haben doch sehr viele wertvolle Sachen im Haus, oder nicht?«
    »Ja. Vielleicht bin ich da zu leichtsinnig. Aber wie sagt man doch so schön hier in England: Hinterher ist man immer schlauer. Ich bin hier, wenn Sie mich brauchen, Inspector.« Osman lächelte und ging durch die Türe, hinter seiner Katze her.
    »Noch bequemer geht’s ja wohl nicht«, brach es aus Trave heraus, als die Türe sich schloss. »Der Idiot hätte das Fenster genauso gut offen lassen können.«
    »Ich weiß nicht, Sir – übertreiben Sie da nicht ein bisschen? Eine Menge Leute schalten die Alarmanlage nicht ein, wenn sie zu Hause sind«, sagte Clayton beschwichtigend.
    Trave schnaubte und stierte weiterhin wütend vor sich hin. Erneut konnte Clayton nicht verstehen, warum sein Chef den Bewohnern des Hauses gegenüber einen derartigen Argwohn hegte. Fragen mussten gestellt werden, das war klar, aber die Vernehmung von Titus Osman und seiner Familie hatte stellenweise den Charakter eines Verhörs gehabt. Dass Trave Osmans Motive für die Hilfe hinterfragt hatte, die er während des Krieges Juden geleistet hatte, kam ihm wie eine persönliche Attacke vor, für die es keinerlei Anlass gab. Wie Trave diesen Fall anpackte, ergab keinen Sinn, insbesondere deshalb, weil man einen klaren Verdächtigen mit starkem Motiv hatte, der sich derzeit auf der Flucht vor der Polizei befand. Dafür musste es Gründe geben. Hatte es vielleicht etwas mit Vanessa zu tun, die ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hatte? Clayton musste daran denken, wie wütend Trave geworden war, als Osman ihren Namen genannt hatte.
Welche
Verbindung bestand zwischen Osman und Vanessa?
, fragte sich Clayton. Er war sich bewusst, dass er seinen Chef früher oder später darauf würde ansprechen müssen. Er konnte schlicht und einfach seine Arbeit nicht machen, solange er nicht vollständig im Bilde war. Doch gleichzeitig schreckte er davor zurück. Trave war ein verschlossener Mann, der verschlossenste, den Clayton je kennengelernt hatte, und die Aussicht, in die Privatsphäre seines Chefs einzudringen, und dann auch noch hinsichtlich einer so delikaten Angelegenheit wie einer kaputten Ehe, bereitete ihm ziemliches Unbehagen. Dazu musste er den richtigen Moment abwarten – und der war mit Sicherheit nicht jetzt, wo Trave an Osmans Tisch saß und aussah, als würde er gleich

Weitere Kostenlose Bücher