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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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Kurzbesuch erfordert. Er blieb, weil er so gut wie unmittelbar nach seiner Ankunft eine leidenschaftliche Affäre mit Osmans Nichte begann.«
    »Die davor mit David Swain zusammen war.«
    »Genau: Und hier in diesem Bootshaus das eine oder andere Schäferstündchen mit ihm verbracht hatte, wann immer ihr Onkel in die andere Richtung sah«, sagte Trave, während er den Blick durch den spartanisch eingerichteten Raum gleiten ließ. »Und um es kurz zu machen: Swain war sauer, dass er den Laufpass bekommen hatte, und schrieb Katya eine Menge sehr unangenehmer Briefe, die sie dann vor Gericht vorlas.«
    »Enthielten sie Drohungen?«, fragte Clayton.
    »Aber ja, und wie. Motiv ohne Ende, wenn Sie das meinen«, sagte Trave und lächelte. »David Swain war der Inbegriff des zornigen jungen Mannes.«
    »Und was geschah dann?«
    »Ethan reiste ab. Ich weiß nicht warum, und ich weiß auch nicht genau wohin, aber den Stempeln in seinem Pass nach hielt er sich drei Tage in Frankreich und danach mehr als eine Woche in Westdeutschland auf, bevor er dann mit einem frühen Flug von München nach London zurückkehrte. Laut Osman traf er hier in Blackwater ungefähr um zwölf Uhr ein. Und fünf Stunden später war er tot.«
    »Wusste Osman, dass er kam?«
    »Ja. Ethan hat offenbar von Heathrow aus angerufen. Die Registratur hat das später bestätigt. Katya war nicht da, als er eintraf. Sie war den ganzen Tag mit Jana zum Einkaufen unterwegs. Doch als ich Osmans Aussage aufnahm, sagte er mir, dass Ethan sehr aufgeregt war und sich freute, wieder da zu sein. Sie aßen zusammen zu Mittag, und am Nachmittag fuhr Ethan dann nach Oxford. Das war das Letzte, was Osman von ihm sah. Er bekam nicht mit, wie Ethan zurückkehrte. Er sagte, das lag wohl daran, dass er inseinem Arbeitszimmer hinten im Haus war. Und er konnte auch gar nichts zu dem Zettel sagen, den Swain am späteren Nachmittag erhielt.«
    »Dem Zettel? Welcher Zettel?«, fragte Clayton, der nicht folgen konnte.
    »Dem Zettel, den Ethan allem Anschein nach an der Klingel von Swains Wohnung in Oxford hinterlassen hatte, und auf dem er ihn aufforderte, sich mit ihm um fünf am Bootshaus zu treffen. Swain hatte ihn bei seiner Verhaftung bei sich, und er gab ihn als Grund dafür an, dass er war, wo er war.«
    »Unmittelbar neben der Leiche«, sagte Clayton.
    »Ja.«
    »Und dann wegrannte, bis Claes in die Luft schoss, um ihn zu stoppen«, ergänzte Clayton, der sich an das erinnerte, was Claes ihnen oben im Haus erzählt hatte.
    »Ja. Das hat Swain dann vor Gericht auch gar nicht abgestritten – er sagte, er hätte Panik gekriegt. Das klingt komisch, ich weiß«, sagte Trave widerwillig. »Alles deutete darauf hin, dass Swain der Mörder war – Motiv, Anwesenheit, sogar das Messer, das wir aus dem Wasser gefischt haben, sieht aus wie die anderen Messer in seiner Küche. Das war einer der unkompliziertesten Fälle, mit denen ich je zu tun hatte, und vielleicht war es genau das, was mich gestört hat. Alles schien viel zu gut zusammenzupassen. Die Leute hier, Claes und Osman, hatten eine Antwort auf jede Frage, genau wie jetzt, und so sehr ich mich auch anstrengte, ich bekam nichts aus ihnen heraus. Swain war natürlich auch keine besonders große Hilfe. Einen Monat vor dem Beginn des Verfahrens trennte er sich von seinem Anwalt, deshalb hatte der Nachfolger kaum Zeit, sich einzuarbeiten – wobei bei einem Fall wie diesem selbst der beste Verteidiger nicht viel hätte ausrichten können. Die Jury brauchte für ihr einstimmiges Urteil nicht einmal zwei Stunden. Ohne jeden ernsthaften Zweifel. Nicht dass das Urteil mich überraschte, es sorgte nur dafür, dass ich mich unwohlfühlte. Ich versuchte, den Fall zu vergessen. Das muss man bei diesem Job, sonst ist man unkonzentriert und kriegt nichts auf die Reihe. Aber irgendwie gelang es mir nicht …«
    »Warum?«, fragte Clayton.
    »Aus mehreren Gründen: Weil Claes ganz zufällig mit einer Waffe in der Tasche um die Ecke des Bootshauses kam, und zwar genau zu dem auf dem Zettel angegebenen Zeitpunkt; weil Katya gerade an diesem Tag einkaufen geschickt wurde; insbesondere allerdings, weil die Sache mit diesem Zettel mir nicht einleuchten wollte«, sagte Trave. »Egal, wie man es betrachtet, es ergibt einfach keinen Sinn, dass das Erste, was Ethan macht, nachdem er von seiner Reise durch Europa zurückkehrt, ein Besuch bei einem Menschen ist, der ihn hasst, den er nicht einmal kennt, und dass er außerdem, anstatt ein Treffen in Oxford

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