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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Ehen und fremde Romanzen, besonders solche, an denen Schwertträger beteiligt waren.
    Auch Razzi trug ein Schwert. Und seine Calze 25 waren im Schritt so eng, dass man nicht umhinkonnte, den knappen Sitz seiner Schamkapsel zu bemerken. Bei Rizzo hatte selbige ganz ähnlich ausgesehen, nur, dass er künftig mit einer halb so großen auskommen würde.
    Ich blickte über die Köpfe der Zuschauer hinweg zur Bühne, wo soeben der Dottore, seine Tochter Rosalinda und deren Dienerin Colombina durch den imaginären Wald irrten. Baldassarre überzeugte mit wendigen Lazzi und Caterina durch ihre berückende Schönheit, während Franceschina mitihrem großzügigen Blusenausschnitt den einen oder anderen anerkennenden Pfiff einheimste.
    Es folgte der Auftritt des Geistes – Rodolfo schob die Stange mit dem Hemd aus dem Nebenraum in den Saal, ohne selbst in Erscheinung zu treten – und das mir schon bekannte Versteckspiel der verängstigten Reisenden. Gleich darauf ernteten Pantalone, Pedrolino und Capitano alias Cipriano, Elena und Bernardo mit ihrem Kampf gegen den Geist brüllendes Gelächter. Bernardo musste seine verletzte Schulter noch schonen, doch er tat es auf eine Weise, dass nur Eingeweihte es bemerkten. Er hätte die Rolle des Capitano an diesem Abend auch Rodolfo überlassen können, der nach der Lektüre des Scenario beteuert hatte, den Part zu beherrschen, doch Bernardo hatte darauf bestanden, trotz seiner Wunde selbst aufzutreten. Ob ich es nun gern zugab oder nicht – er war wahrlich ein Vollblutschauspieler!
    Für alle anderen galt dasselbe, nicht zuletzt für Cipriano. Mit seinem Auftritt als halb nackter, singender Lelio entlockte er der anwesenden Damenwelt und nicht wenigen Männern sehnsüchtige Seufzer.
    Das Stück schritt voran, wie ich es aus dem Canovaccio kannte, und diesmal verfolgte ich es in all seinen Wendungen und Verstrickungen aufmerksam bis zum glücklichen Ende des letzten Aktes, bei welchem sich Caterina und Cipriano als Rosalinda und Lelio in die Arme sanken und Elena als Pedrolino der geneigten Colombina die Ehe antrug, wogegen die Vecchi Dottore und Pantalone zusammen mit dem Capitano ein freundschaftliches Trinkgelage veranstalteten.
    Der Applaus schien nicht enden zu wollen, und während ich heftig mitklatschte, stellte ich mir vor, wie wohl der Beifall nach der Uraufführung meines neuen Stücks ausfallen würde. Bei dem Gedanken keimte jedoch nicht Freude, sondern Furcht in mir auf. Jäh durchdrangen mich Zweifel, ob ich als Autor den Anforderungen eines anspruchsvollen undgebildeten Publikums gerecht werden konnte. Die Venezianer waren von hochstehender Kultur, wofür allein schon die prunkvolle Detailversessenheit der hiesigen Architektur ein einziger schlagender Beweis war.
    Als Theaterdichter ein neues Stück nach Venedig zu bringen hieß, Eulen nach Athen zu tragen. Eine Stadt von so verfeinerter Lebensart war keine Herausforderung für einen subalternen Poeten wie mich, sondern die reine Katastrophe! Wie sollte mein Stück neben den unsterblichen Komödien eines Plautus bestehen, wie an die Genialität eines Dante oder Petrarca heranreichen? Gewiss, keiner von denen stammte aus Venedig, und es war mir auch sonst kein wirklich großartiger Dichter venezianischer Konvenienz bekannt. Gleichwohl gab es keine Lücke, in die ich mit meinem neuen Stück stoßen würde, dazu hätte man schon in die tiefste Provinz gehen müssen, wo es nur Bauern gab, die von jeglicher Kultur unbeleckt waren und kein Theater kannten.
    Aber Venedig! Hier wurden die Stücke der Besten aufgeführt! Nie und nimmer konnte ich dagegen bestehen! Wie kamen Baldassarre und die anderen überhaupt darauf, ich könne es? Sie wussten gar nicht, worauf sie sich mit mir eingelassen hatten! Ich war viel zu … uninspiriert, unbegabt, unerfahren! Mit einem Wort: unfähig.
    »Du siehst unzufrieden aus«, sagte Henry. »Hat dir die Aufführung nicht gefallen? Ich fand das Stück schlicht, aber in der Darbietung ausgezeichnet. Allein Cipriano ist jeden Soldo Eintritt wert! War er nicht großartig? Die Zuschauer waren jedenfalls angetan, sie wirkten allesamt sehr gut aufgelegt, als sie gingen.«
    Aus meinen trüben Gedanken gerissen, gewahrte ich, dass der Portego sich geleert hatte. Alle Besucher waren fort. Die Mitglieder der Truppe hatten sich zum Umkleiden in die Nebenräume zurückgezogen. Außer Henry und mir war nur noch Rodolfo zugegen. Er rollte das Seil zusammen, verstaute dieRequisiten in Kisten und löschte bis

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