Der König Der Komödianten: Historischer Roman
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»Großvater, ich warte hier vorn auf dich!«, rief Elena von der Tür her.
»Ich fürchte, nun muss ich aufbrechen«, sagte Baldassarre. Sein magerer Altmännerkörper erhob sich platschend aus denFluten, und die Badewirtin reichte ein Leinentuch zum Abreiben.
»Wir reden beim nächsten Mal weiter über unsere Geschäfte«, sagte er.
»Das tun wir ganz bestimmt«, antwortete der Mann im Zuber.
Beim Klang seiner Stimme stutzte ich, denn ich war sicher, dass ich ihn schon sprechen gehört hatte. Und gleich darauf wusste ich auch, wann – in der vergangenen Nacht, als ich mich in dem Gassengewirr verlaufen und dank der Wegbeschreibung des maskierten Mannes zurückgefunden hatte. Der Mann im Zuber war der Maskierte!
Und Baldassarre machte Geschäfte mit ihm!
Augenblicklich überkamen mich Schreckensvisionen von heiligen Zehen, Kämmen und anderen zweifelhaften Handelsobjekten.
»Was habt Ihr mit dem Mann im Zuber besprochen?«, fragte ich flüsternd, während ich Baldassarre hinter einem Wandschirm beim Ankleiden half. »Seid Ihr Euch schon handelseinig geworden mit ihm?«
»Handelseinig? Worüber denn?«
»Zum Beispiel, dass Ihr ihm irgendwelche Dinge herausgeben oder bezahlen müsst?«
»Aber nein. Wie kommst du darauf ?«
»Na ja, Ihr spracht von Geschäften …«
»Und was ist jetzt mit mir ?«, quengelte Adelina von der anderen Seite des Wandschirms.
»Ich bin nicht der, für den Ihr mich haltet«, antwortete ich.
Es kam mir zupass, dass die Badewirtin Adelina an die Arbeit zurückscheuchte. So konnte ich in Ruhe nachdenken, während Baldassarre sich fertig anzog.
Allmählich sah ich klarer. Schon bei meinem ersten Besuch hier hatte ich richtig vermutet, wenn auch ganz anders, als ich zunächst ahnte: Adelina hatte nicht Baldassarre für jemandanderen gehalten, sondern mich. Und zwar für einen Kerl namens Contarini. So wie der Angreifer in der vergangenen Nacht.
Dieser Contarini musste mir wirklich ziemlich ähnlich sehen!
Grübelnd folgte ich Baldassarre und Elena durch die Gassen beim Rialto und dann weiter über die Brücke nach San Marco. Konnte es sein, dass auch der zornige Bettler mich mit besagtem Contarini verwechselt hatte? Das würde passen, denn allem Anschein nach war dieser Contarini ein Schwerenöter, sonst hätte er dem Burschen, der mit dem Degen auf mich losgegangen war, nicht das Liebchen ausgespannt.
Die Vorstellung, dass in Venedig jemand herumlief, der aussah wie ich und seine Hände unter den Röcken willfähriger Weiber hatte, war verstörend. Und auf merkwürdige Weise faszinierend!
Elena fiel hinter Baldassarre zurück und ging neben mir. »Was war da zwischen dir und dieser … Bademamsell?«
»Nichts!«, beteuerte ich. »Sie hat mich verwechselt!«
Elena musterte mich unter hochgezogenen Brauen. »Was du nicht sagst.«
»Es stimmt, ich schwöre es. Genau wie der Kerl, der mich letzte Nacht umbringen wollte, weil ich ihm angeblich die Geliebte ausgespannt habe.«
»Es scheint dir zu gefallen, mich für dumm zu verkaufen, Marco Ziani.«
»Glaub mir oder lass es.«
Sie runzelte die Stirn. »Was war denn los letzte Nacht?«
Ich erzählte es ihr, was sie für eine Weile in nachdenkliches Schweigen versinken ließ. »Contarini, sagst du?«, meinte sie schließlich. »Genau wie der Palazzo, in dem wir logieren?«
»Das war mir auch schon aufgefallen, aber Rodolfo meinte, es sei in Venedig ein gebräuchlicher Name.«
»Dieser Contarini muss ein windiger Bursche sein. Und dir bis aufs Haar gleichen.« Sie hielt kurz inne. »Hoffentlich nur äußerlich.«
Ich war zu erleichtert darüber, dass sie mir glaubte, um über die Spitze beleidigt zu sein.
»Er könnte noch mehr Feinde haben, die aus Versehen dir das Fell gerben wollen«, gab Elena zu bedenken.
Ich klopfte auf den Griff meines Schwerts. »Gegen weitere Angriffe bin ich ja nun gewappnet.«
»Bei Angriffen wie von dieser Bademamsell wird dir das Schwert nicht viel helfen«, sagte Elena. »Aber vielleicht willst du dich gegen solche Attacken ja auch gar nicht wehren.«
Auf diese lächerliche Bemerkung ging ich nicht ein, sondern dachte weiter angestrengt nach. »Weißt du, was ich komisch finde?«, meinte ich schließlich.
»Bestimmt dasselbe, was auch mir komisch vorkommt«, sagte Elena.
»Was denn?«
»Sag du es zuerst.«
»Wieso ich?«
»Weil du davon angefangen hast.«
Ich unterdrückte ein Stöhnen, denn ihre sprunghafte Art war manchmal kaum auszuhalten. Dennoch gab ich meine Meinung als
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