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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Erster preis, weil alles andere kindisch gewesen wäre. »Ich schreibe eine Verwechslungskomödie, und plötzlich verwandelt sich das Stück in wirkliches Leben! Das ist komisch!«
    »Genau das dachte ich auch. Es ist wie Hexerei!«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht an Hexerei.«
    Dasselbe hatte Onkel Vittore oft gesagt. Behauptete jemand aus unserem Dorf nach einer Missernte, nach der Geburt eines zweiköpfigen Kalbes oder nach anderen merkwürdigen Begebenheiten, es müsse Hexenwerk im Spiel sein, so erwiderte Onkel Vittore stets, er glaube nicht an Hexerei.
    »Hexerei ist eine Erfindung von Männern, die Problememit Frauen haben«, hatte er einmal erklärt. Pater Anselmo, der kurz zuvor einen durchreisenden Inquisitor beherbergen und stundenlang dessen Erkenntnissen über die besten hochnotpeinlichen Verhörmethoden hatte lauschen müssen, hatte sich brummelnd bekreuzigt und nicht widersprochen.
    »Es gibt für alles eine vernünftige Erklärung, man muss sie nur finden.« Auch das waren Onkel Vittores Worte, und mit einem Mal war ich froh über die Rationalität, mit der er mich erzogen hatte. Er war ein gottesfürchtiger Mann gewesen, aber darüber hatte er nie das kritische Denken vergessen. Nicht alles klerikale Wirken war in seinen Augen sakrosankt, der Papst kein untadeliger Heiliger und der Prediger auf der Kanzel kein Evangelist.
    »Du hast recht«, sagte Elena. »Es mit Hexerei zu erklären wäre zu einfach, und einfach machen es sich meist die Dummen, weil sie sich gern das Nachdenken sparen. Lass uns also nachdenken. Du schreibst ein Stück über Doppelgänger in Venedig, und plötzlich stellst du fest, dass du wirklich einen Doppelgänger in Venedig hast. Könnte das ein Zufall sein?«
    »So ein Zufall wäre gar zu haarsträubend.«
    »Aber wenn es kein Zufall ist und keine Hexerei – was ist es dann?« Elena gab sich selbst die Antwort. Entschlossen hob sie das Kinn. »Was immer es ist – wir werden es herausfinden!«

    Wir kamen überein, Rodolfo zu befragen, denn er hatte mir die Geschichte erzählt, welche die Grundlage meines Stücks bildete. Vielleicht erinnerte er sich, wer davon berichtet hatte. Irgendjemand musste mehr darüber wissen.
    Der Gedanke, ich selbst könne womöglich ein Teil jener tragischen Ereignisse sein, die sich zu den Zeiten der letzten großen Pest in Venedig zugetragen hatten, war beklemmend, doch in mein Erschaudern über etwaige furchtbare Familiengeheimnisse mischte sich auch brennende Neugierde.
    Konnte ich das zweite Zwillingskind sein? Und Onkel Vittore der fürsorgliche Verwandte, der mich vor der wahnsinnigen Räuberin des Erstgeborenen in Sicherheit gebracht hatte?
    Elena riss mich aus meinen galoppierenden Mutmaßungen. Sie zupfte mich am Ärmel und deutete auf Baldassarre, der unbemerkt ein Stück hinter uns stehen geblieben war und mit einem Juden sprach.
    Wir eilten zu ihm und hörten schon beim Näherkommen, dass es auch bei dieser Unterhaltung um Geschäfte ging.
    »… würde ich Euch gern mehr über diese neuartige Art von Alchimisten-Öfen erzählen«, sagte Baldassarre gerade. »In Deutschland bauen sie Athanore nach einem gänzlich neuen Prinzip. Unlängst hörte ich von einem Meister, der damit in Würzburg geringe Mengen von Gold herstellte. Es war nicht viel, aber nach Meinung führender Apotheker in Padua lässt sich bei längerer Brenndauer die Transmutation deutlich steigern.«
    »Bis wann könnt Ihr mir einen dieser Öfen besorgen?«, wollte der Jude wissen. »Ich nehme auch mehrere. Und ich zahle gut, wie Ihr wisst.«
    Baldassarre sah uns und fuhr leicht zusammen. »Das besprechen wir bei unserem nächsten Treffen«, sagte er verbindlich. »Ich lasse von mir hören.«
    Der Jude berührte höflich die Krempe seines gelben Huts, während wir Baldassarre in die Mitte nahmen und weitergingen.
    »Großvater, kanntest du den Mann schon vorher?«, fragte Elena.
    »Nun ja, ich traf ihn auf dem Weg zum Badehaus. Er sagte, wir hätten in früheren Jahren schon einmal Geschäfte gemacht, doch daran erinnere ich mich nicht.«
    »Was ist das für eine Sache mit den Öfen?«, wollte ich wissen.
    »Ach, davon erfuhr ich vor nicht allzu langer Zeit in einemBadehaus. Es ging um das Thema Langlebigkeit.« Er musterte mich fragend. »Warst du nicht selbst ebenfalls dabei?«
    »Falls ja, habe ich geschlafen«, sagte ich säuerlich.
    »Ach? Nun ja, wie dem auch sei. Irgendein Apotheker gab mit seinem neuen Athanor an. So nennt man eine spezielle Art

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