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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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sich beständig in meiner Nähe, denn er war nach der Entdeckung des Toten im Andron mehr denn je davon überzeugt, dass meine Feinde nicht weit seien.
    Wie immer waren unter den Besuchern etliche Maskenträger, und jedes Mal, wenn einer von ihnen an der Pforte Einlass begehrte, wollte Iseppo vor Furcht schier vergehen und wies mich wispernd auf mögliche Gefahren hin, obwohl Rodolfo und Cipriano auf alles ein wachsames Auge hatten. Schließlich reichte es Rodolfo, und er befahl Iseppo barsch, ins Haus zu gehen, worauf dieser sich widerwillig ins Mezzà zurückzog.
    Schließlich hatte jedoch auch ich Grund zur Unruhe: Einer der letzten Besucher war Morosini. Auch er war maskiert, doch ich erkannte ihn sofort. Er trug ein Bündel Kleidung unterm Arm, das er mir gab.
    »Das habe ich dir mitgebracht, mein Junge.«
    »Messèr Morosini! Mit Eurem Besuch haben wir nicht gerechnet!« Hilfesuchend blickte ich mich zu Cipriano und Rodolfo um, doch die zuckten nur die Achseln. Was hätten sie auch tun sollen – unserem Vermieter und Gönner die Türweisen? Bislang war er nur als Wohltäter in Erscheinung getreten.
    Franceschina gab Rodolfo oben von der Treppe aus das Zeichen, dass der Saal voll genug sei, weshalb wir die noch Wartenden zurückdrängten und die Pforte schlossen.
    Während die Zuschauer die Treppe zum Piano Nobile hinaufströmten, blieb Morosini bei uns im Innenhof stehen. Ich betrachtete das Bündel, das er mir überreicht hatte, einschließlich eines Paares blank geputzter Stiefel. »Wozu gebt Ihr mir diese Sachen?«
    »Ich hörte von Caterina, dass du ein weiteres Missgeschick mit deiner Bekleidung erlitten hast.«
    Ich erschrak. Konnte Caterina vom blutigen Hinscheiden Rizzos erfahren und es Morosini verraten haben? Verstohlen suchte ich Ciprianos Blick, doch der hob nur irritiert die Brauen.
    Gleich darauf war ich beruhigt, denn Morosini fuhr fort: »Wer in den Kanal fällt, erntet meist nicht nur den Spott, sondern auch den Schaden.« Er deutete auf meine Mönchskutte. »Dieses fromme Gewand mögen andere tragen, denen es besser steht. Bis alle deine Sachen wieder sauber und trocken sind, sollten es diese hier tun. Du kannst sie gern behalten, genau wie die davor.«
    »Warum tut Ihr das für mich?« Ich überwand meine Scheu und blickte ihm direkt in die Augen, obwohl es wegen der Maske ein merkwürdiges Gefühl war, beinahe, als würde man in dunkle Löcher schauen.
    Halb und halb rechnete ich damit, er würde seine Großzügigkeit damit begründen, dass Caterina ihn darum gebeten hätte, oder damit, dass er einen solchen Narren an den Incomparabili gefressen hätte – beides hätte ich keinen Moment lang geglaubt –, doch zu meiner Überraschung sagte er unumwunden: »Ich tue es eigentlich nur für Giovanni, so wie ich immer alles für ihn getan habe. Mein Neffe ist mir lieb und teuer, kein Mensch steht mir näher, und immer, wenn ich dich sehe, blickeich in sein Gesicht. Es wäre fast, als würde ich ihn in Lumpen herumlaufen oder im Gefängnis verrotten lassen, wenn ich dir nicht helfe – und wie könnte ich das!« Er schüttelte den Kopf. »Diese Ähnlichkeit ist für mich ein Rätsel, ein Phänomen! Eine unfassbare, unerklärliche Laune der Natur!«
    Mir drängten sich all die Fragen auf, die ich ihm schon beim letzten Mal hatte stellen wollen. Doch ich blieb stumm, denn unvermittelt erkannte ich, dass ich nicht mit Antworten rechnen konnte. Morosini hätte nicht so vehement von einem Rätsel gesprochen, falls er bereit gewesen wäre, mir eine andere Wahrheit zu offenbaren, etwa jene Zwillingstragödie, von der mir Rodolfo erzählt hatte und an der gewiss nichts rätselhaft war – vorausgesetzt, sie hatte sich wirklich so zugetragen, was ich mit einem Mal anzweifelte.
    Nach Lage der Dinge gab es mehrere Möglichkeiten:
    Entweder existierten überhaupt kein Geheimnis und keine Zwillingstragödie, und ich hatte einfach nur zufällig einen Doppelgänger.
    Oder aber es gab doch einen Zwillingsbruder, ob mit oder ohne Tragödie, und Morosini wusste nichts davon.
    Daneben kam nach wie vor in Betracht, dass er bloß ein guter Schauspieler war und mir nach Kräften etwas vormachte. Außerdem verbarg die Maske seinen Gesichtsausdruck. Was immer wahr oder unwahr war – an diesem Abend würde ich es sicher nicht mehr herausfinden.
    »Ich danke Euch für die Sachen«, sagte ich.
    Morosini nickte und ging an Cipriano und Rodolfo vorbei zur Treppe.
    Cipriano sagte höflich: »Es wäre vielleicht besser, wenn

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