Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
wollte alles über das Theater erfahren, besonders über Kostüme, genauer, über die Möglichkeiten, wie er selbst an solche käme, um sich geistig und körperlich auf seine künftige Laufbahn als Schauspieler vorzubereiten. Auch für die verschiedenen Methoden des Schminkens und Frisierens interessierte er sich brennend, und es erfüllte ihn nachgerade mit Ehrfurcht, dass Cipriano sich der Herausforderung einer Frauenrolle stellen wollte.
    »Bei Lichte betrachtet, seid Ihr geradezu prädestiniert für solche Rollen«, erklärte Iseppo enthusiastisch. »Euer herrlich wallendes Goldhaar und das fein gemeißelte Ebenmaß EuresAntlitzes stellen sogar Bildnisse von Botticelli in den Schatten. Falls Euch der Name dieses Malers etwas sagt«, fügte er rasch hinzu. »Er malte vorzugsweise Göttinnen und wunderschöne, blumenbekränzte Nymphen. Einst nahm mein Bruder mich mit auf eine Reise nach Florenz. Es ist lange her, doch nie werde ich vergessen …«
    »Ich auch nicht!«, fiel Cipriano ihm begeistert ins Wort. »Wie könnte man je die Gemälde von Botticelli vergessen!«
    Von Rodolfo kam ein unterdrücktes Grunzen, doch außer mir hörte es niemand. Iseppo und Cipriano tauschten sich angeregt über die Schönheit florentinischer Gemälde und Statuen aus – unter anderem bezeichnete Cipriano den marmornen David von Michelangelo als göttlich, worauf Iseppo von der überirdischen Grazie einer gleichnamigen Donatello-Bronze schwärmte –, bis Cipriano schließlich darauf bestand, dass man einander vertraulich beim Vornamen nenne, immerhin sei Iseppo nun ein geschätztes Mitglied der Incomparabili.
    Sogar im dürftigen Licht der Bootslaterne war zu erkennen, dass Iseppo den Tränen nahe war. Er rang nach Worten und brachte schließlich ein schüchternes »Danke, Cipriano!« hervor.
    Rodolfo grunzte abermals, diesmal lauter. »Pass auf«, sagte er zu mir. »Da vorn ist irgendwas.«
    Wir hatten fast das Ufer erreicht; die Kanalmündung war zu beiden Seiten von Fackeln erhellt und lag nur noch einen halben Steinwurf von uns entfernt.
    »Was meinst du?«, fragte ich, den Kai entlangspähend.
    »Im Wasser. Da schwimmt etwas.«
    Nun sah ich es auch, eine Bootslänge voraus.
    »Ein Fass?«, meinte ich.
    Neben mir reckte Cipriano den Kopf. »Sieht eher aus wie ein Lumpenbündel.«
    Gleich darauf stieß der Bug gegen den treibenden Gegenstand und drückte ihn zur Seite, sodass er an der Bootswandvorbeischabte – und hängen blieb. Der Kahn wurde langsamer und driftete seitlich ab.
    »Das Ding hat sich am Kiel verhakt«, sagte Rodolfo.
    Iseppo beugte sich über den Dollbord und beäugte das Treibgut aus der Nähe. »Da ist ein Seil dran«, erklärte er. »Damit muss es am Boot hängen geblieben sein.«
    »Dann mach es ab«, sagte Rodolfo.
    Am Kai tauchten Menschen auf, die Fackeln vor sich hertrugen.
    »Da sind Wachen«, sagte Cipriano besorgt. »Sie schauen her.«
    »Wo sollen sie sonst hinsehen? Sie sind auf Patrouille, und außer unserem Boot fährt gerade keines vorbei.«
    »Jetzt bleiben sie stehen. Und sie schauen immer noch her.«
    »Wir haben nichts zu verbergen«, sagte Rodolfo. Er lachte kurz. »Jedenfalls jetzt nicht mehr.« Ungeduldig wandte er sich an Iseppo. »Hast du’s bald?«
    »Ja, ich … jetzt hab ich’s.« Iseppo beugte sich noch weiter aus dem Boot und zerrte an dem Treibgut, ächzend vor Anstrengung. »Hier ist das Seil. Und es hängt an einem … O Gott, ist das … Ist das etwa …« Sein letzter Satz mündete in einen schrillen Schrei, und dann fiel er über Bord.
    Um sich schlagend, verhedderte er sich mit dem Treibgut und ging immer wieder unter. Zwischendurch kam er japsend an die Oberfläche, und kaum hatte er es geschafft, nach Luft zu schnappen, kreischte er jedes Mal los, als würde Neptun persönlich ihn mit dem Dreizack malträtieren. Als wir ihn endlich zu dritt wieder an Bord hieven konnten, hatten die Wachen bereits einen Sàndolo bestiegen und näherten sich, drei Mann an der Zahl. Im Licht ihrer Bootslampe kamen sie mir auf unangenehme Weise bekannt vor, und richtig, als ihr Boot unsanft gegen das unsere stieß, gab es keinen Zweifel mehr: Es waren dieselben Burschen, die mich in Matildas Schenke verhaftet hatten.
    »Schon wieder du«, sagte einer von ihnen zu mir.
    »Ich habe ihn angefasst, und dann bin ich auf ihn draufgefallen«, schluchzte Iseppo, nachdem er ein paar Mundvoll Lagunenwasser ausgespien hatte. Seine Schuhe waren verschwunden. Die Kutte war ihm mitsamt Untergewand bis

Weitere Kostenlose Bücher